Liebling, Ich Kann Auch Anders
Charme: Wieder einmal betrog Maledict Krieglinde. Diesmal zwar nicht mit mir, aber dafür in meinem Bett.– Das Leben hält doch stets aufs Neue Überraschungen für uns bereit.
Wir plauderten ein wenig. Selbstverständlich bat er mich um Diskretion gegenüber Tanja, die ich ihm gern zusagte. In meinem eigenen Interesse. Allerdings nahm ich ihm auch das Versprechen ab, alles zu ersetzen, was er an Geschirr zerschlug und sonst kaputt machte.
Sie hatten sich in einer Disco kennengelernt. »Na ja, sie ist Regieassistentin und ich versuche mich derzeit als Drehbuchautor … Also, wir haben eine Menge gemeinsamer Interessen … Äh … wir probieren das mit dem Drehbuch jetzt mal miteinander aus.«
»Gute Idee! Das Haus bietet ja ein vorzügliches Arbeitsklima.«
Er grinste. »Ja, das mit dem Haus ist irgendwie schon der Hammer. Mich hat’s ja umgehauen, als mich Tanja mit heimgenommen hat und wir hier gelandet sind. Aber ich bin sicher, das ist ein gutes Omen … Hat ja …«
Die Haustür ging auf, Eva trat ein und ersparte mir die weiteren Bekenntnisse des Allgäu-Don-Juans, der ohnehin kein Wort mehr herausgebracht hätte, da ihm bei Evas Anblick der Mund offen stehen blieb.
Mir war allerdings schon wieder einmal nicht danach, an diesem Ort einem Mann den deutlich sichtbaren Wunsch zu erfüllen, ihn mit einer meiner Freundinnen bekannt zu machen.
»Da haben wir aber einen hübschen Nachbarn gekriegt!«, bemerkte Eva, als wir ihre Wohnungstür hinter uns geschlossen hatten.
»Weißt du, wer das war?«
»Nein, wie sollte ich? Aber du wirst es mir hoffentlich gleich verraten.«
»Das war Maledict …«
»Oh … – Na dann kann ich dich jetzt ein klein bisschen besser verstehen. Der ist ja wirklich sehr appetitlich.«
»Ja, das ist wohl die allgemeine Überzeugung!«
»Und was wollte er von dir?«
»Dass ich die Klappe halte und dem Mädel, das momentan in meiner Wohnung lebt, nichts von seiner Vielseitigkeit mitteile.«
»Pikant, pikant!«
»Allerdings. Mein Ex treibt’s in meinem Bett …« Ich hielt inne, denn nach allem, was wir zusammen praktiziert hatten, beschränkten sich seine aktuellen Aktivitäten vermutlich nicht allein aufs Bett. »… beziehungsweise in meiner Wohnung mit einer anderen. Und damit hintergeht er die Frau, zu der er aus meinen Armen desertiert ist.«
»Das ist aber auch das Einzige, was die Sache ein bisschen komisch macht … mein Gott, wie musst du dich fühlen!«
Eva nahm mich in die Arme, drückte mich an sich und strich mit der Hand über meinen Rücken. Und aus mir bracht es plötzlich hervor. Ich schluchzte, heulte Rotz und Wasser, wurde von richtigen Krämpfen geschüttelt. All die Schmerzen über Kränkungen, Demütigungen, Vertrauensbruch und Verlust meines Geliebten, die ich mit Sarkasmus, Tricksereien und Rachescharmützeln verdrängt hatte, flammten wieder auf und suchten sich in Weinkrämpfen und Tränen einen Weg aus meinem Leib, meiner Seele zu bahnen.
Sibylle hätte jetzt mit mir geschimpft (von meiner Mutter ganz zu schweigen!). »Jede Träne, die du um einen Kerl weinst, ist eine zu viel. Ein Mann, der dir weh tut, ist weniger wert als ein Rossapfel. Mit Letzterem könntest du wenigstens noch Rosen düngen. Also, jetzt reiß dich zusammen!«
Zugegeben, für kleine Katastrophen ist die Sibylle-Rhetorik nicht schlecht, aber wenn ’ s geballt kommt, hilft sie nicht weiter. Dann vertieft sie eher das Elend.
Evas Arme, Evas Wärme und zärtliche Zuwendung hingegen spendeten mir Trost. Ich durfte mich ausweinen ohne Angst, mich zu blamieren oder ihr auf die Nerven zu fallen. Ich konnte mir, während ich in ihren Armen schluchzte und rotzte, vorstellen, meine Tränen, die wirklich in Sturzbächen aus meinen Augen schossen, würden alle Traurigkeit aus mir hinausschwemmen. Und mit dem Wasser, das meinen Leib durch die Nase verließ, wichen Hass, Zorn und Eifersucht und Rachegelüste von mir.
»Wenn du magst, schlafe ich heute Nacht bei dir«, bot Eva an. Einfach so. Ich nickte und fühlte mich plötzlich glücklich. Glücklich für den Augenblick und glücklich darüber, so eine traumhaft empathische Freundin zu besitzen. Wahrscheinlich hat uns Frauen die Natur deshalb mit mehr Mitgefühl und Herzenswärme ausgestattet, damit wir einander darüber hinweg trösten können, dass sich Männer bisweilen so idiotisch destruktiv aufführen, zuckte mir durch den Sinn.
»Du musst jetzt aber ordentlich trinken!«, ermahnte mich Eva. »Und ein Mineraldrink wäre
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