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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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Treffen doch tatsächlich die Frage in den Raum gestellt, ob ich nicht vielleicht zu kritisch sei …«
    »Meine Mutter hat bei meinen beiden Hochzeiten ganze Ströme von Tränen vergossen. Meine Schwiegermütter jedoch weinten vor Schmerz, Wut und Eifersucht. So ist die eine Familie froh, wenn sie dich los wird, und in der anderen bist du nicht willkommen. Dann kannst du erst mal sehen, wie du dich zurechtfindest. Kein Wunder, dass romantische Filme und Kitschromane immer vor dem Traualtar enden. Oder mit dem davonbrausenden Auto des Paares, hinter dem die Büchsen klappern. Erst danach wird’s nämlich wirklich kompliziert. Da folgt dem Büchsenklappern oft das Zähneklappern. Deswegen tut eine gescheite Frau gut daran, Single zu bleiben. Glaubt mir, meine liebsten Freundinnen, für diese Erkenntnis habe ich teures Lehrgeld bezahlt!«
    Eva hat eine neue Flasche Champagner geöffnet. Wir stoßen an. Auf uns, die fantastischen Singlefrauen. Jaja, wir sind wir überzeugte Singles. Heute Abend zumindest. Morgen, wenn mein Kopf wieder klar ist und ich unsere Gespräche Revue passieren lasse, werde ich mich vermutlich fragen, warum wir dann so eine Riesenwut gegenüber all denen verspüren, die uns eine glückliche Paarbeziehung vorenthalten oder vermasseln …

4

    Am ersten März brach Eva nach Konstanz auf. Zwei Tage später trat Magnus in ihr Leben. Nicht etwa leibhaftig – nein, virtuell. Damit wurde ein verblüffender Prozess eingeläutet. Bis vor Kurzem hatte ich mir eingebildet, meine Freundin fast so gut zu kennen wie mich selbst. Dann erlebte ich jedoch innerhalb weniger Monate die Verwandlung der vertrautesten Person meines Lebens in ein unbekanntes und unberechenbares fremdes Wesen. Zugegeben, ich nahm die Veränderung mit Schrecken wahr, kann jedoch nicht leugnen, dass mich diese Metamorphose auch faszinierte.
    Als Eva München verließ, packte sie nicht viel ein, denn sie plante, in spätestens drei, vier Wochen zurück zu sein.
    »Bist du sicher, dass du es erträgst, Leonardo die ganze Zeit auf der Pelle zu haben?«, hatte ich mich ein paar Tage zuvor erkundigt, als ich noch hoffte, sie könnte es sich anders überlegen. Leonardo ist zwar wirklich sehr liebenswürdig – für einen Mann –, aber ich hatte ernsthafte Bedenken, denn für meinen Geschmack quatscht er eindeutig zu viel.
    »Lustig, dass du mich das fragst, Eliza. Ich wäre überhaupt nicht auf die Idee gekommen, darüber nachzudenken, ob mich an dem Arrangement was stören könnte. Ich habe mir nur überlegt, ob ich Leo nicht in der einen oder anderen Weise lästig fallen oder ihn behindern könnte.«
    »Ts ts! Typisch. Wenn deine Alten dir doch bloß ein bisschen mehr Selbstbewusstsein mit auf den Weg gegeben hätten!«
    »Jaja – und wenn Othello nicht so eifersüchtig wäre … – Dann blieben uns doch die schönsten Dramen vorenthalten!«
    Eva lachte, und mir wurde klar, dass meine massiven Vorbehalte ganz anderer Natur waren. Ich hatte keine Lust, Eva Leo zu überlassen und auf sie zu verzichten. Sie war meine Freundin, gehörte in mein Haus, mein Leben! Ich weiß, was Sie jetzt denken. Und ich gebe zu, Sie haben recht. Ja, bei mir sitzt eine Schraube locker. Ich bin als einziges Kind einer allein erziehenden äußerst kühlen und stolzen Mutter aufgewachsen. Deswegen schätze ich die Nestwärme, die ich in Evas Gesellschaft verspüre, und empfinde es als grausamen Entzug, wenn sie mich verlässt, um ihre Zeit und Zuwendung anderweitig zu verschenken.
    »Und wer achtet auf meine Gesundheit? Und wer hält mich zum Sport an?«, quengelte ich also voller Selbstmitleid.
    Ohne Eva, die Gesundheits- und Sportfanatikerin, besäße ich nicht einen halben Schrank voller Sportklamotten, Laufschuhe, Inlineskates, Schlittschuhe, wäre sicher um einiges dicker, kurzatmiger und hätte womöglich Pickel.
    »Ich werde dich telefonisch motivieren.«
    »Und ich werde fett wie ein Wal werden!«
    »Hey, ich bleibe nicht jahrelang weg – nur für ein Weilchen.«
    »Ich werde nachher einen Sack voller Schokoriegel kaufen und einen nach dem anderen auffressen.«
    Sie lachte und schwang sich in ihr Cabrio. Ich winkte ihr nach. Wehmütig, voll düsterer Vorahnungen und grimmiger Gefühle gegen Leonardo, der sie mir schon wieder entzog. Sie würde ihm mit größter Zuvorkommenheit begegnen. Soviel war klar. Schon wegen ihres schlechten Gewissens. Es hatte sich einfach noch nicht ergeben, dass sie ihm die Wolli-Geschichte beichten konnte.
    »Besser, ich

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