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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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Magnus hat den Arm gebrochen. Den linken. Glück im Unglück! Trotzdem … ich will dich ja nicht beunruhigen, aber mir kommt das Ganze nicht koscher vor. Und ich finde, wir Frauen müssen zusammenhalten, wenn unsere Männer meinen, sie könnten uns für dumm verkaufen. Und ich sag mir, wenn Magnus mit so einem Problem zu Berthold kommt, dann hat das ja wohl seine Gründe. Ich sage bloß Amigos …«
    Francis bedankte sich höflich und versprach, Petra in keiner Weise gegenüber Magnus ins Gespräch zu bringen.
    Dann legte sie auf und wandte sich lachend uns zu. »Die liebe besorgte Petra und ihre weibliche Solidarität! Wenn
Marcel P. nicht Giulia am Telefon erzählt hätte, dass die Frau seines Freundes Berthold ihm immer wieder aufs Neue Angebote unterbreitet habe, hätte ich ihr Engagement ja tatsächlich für selbstlos und empathisch eingeschätzt! Außerdem hätte ich sie darauf hingewiesen, dass Magnus ihren Mann wohl deshalb eingeweiht hat, weil er einer der wenigen sein dürfte, dessen Kleidung ihm passt …«

     
    Am späten Nachmittag meldete sich Magnus dann selbst, erklärte aber lediglich, es sei in Wiesbaden aufgehalten worden und würde sich wieder melden, sobald er Genaueres wisse.
    »Am liebsten hätte ich gesagt, er soll fortbleiben«, gestand Francis. »Ich frage mich ja, welche Räuberpistole er mir als Nächstes auftischen will. Außerdem wird mir nun klar, warum er so beharrlich darauf bestand, dass wir die alten analogen Telefone behielten. Sie zeigen keine Nummern an. Vermutlich hat er mich in der Vergangenheit bezüglich seiner Aufenthaltsorte schon öfter angelogen.«
    Zum Glück tauchte kurze Zeit später Sibylle auf, was für einen amüsanten Themenwechsel sorgte. Sie hatte im Riva eine Frau ausgemacht, die sie für eine potenzielle Klientin hielt und folgendermaßen einschätzte: »Mitte dreißig, attraktiv, mittlerer Bildungsabschluss, prollig-neureich, und offensichtlich ziemlich betucht. Wenn sie sich von mir beraten ließe, könnte sie künftig mit deutlich mehr Klasse aufwarten. Ein Experiment, das mich reizen würde.«
    Francis, die weder mit Sibylles missionarischem Drang in Stilfragen noch mit ihren klar definierten Spontantypisierungen vertraut war, erkundigte sich interessiert, ob Sibylle sich mit der Frau länger unterhalten habe.
    »Noch nicht, ich hab sie nur flüchtig gesehen, als ich an der Rezeption vorbeikam. Falls sie länger im Hotel bleibt, wird das sicher demnächst passieren.«
    »Aha, und woher nimmst du diese Überzeugung?«
    »Menschenkenntnis. Sie hat mich extrem neugierig gemustert. Na ja, wir trugen beide Louboutins. Das ist für Frauen wie sie, die ihr Selbstwertgefühl von Prestigemarken herleiten, schon mal ein Argument, Verbundenheit zu empfinden.« Sie streckte eines ihrer wohlgeformten Beine in die Höhe. »Während ich – dem Anlass entsprechend – diese schlichten Pumps hier mit Siebzig-Millimeter-Absatz anhatte, trug sie allerdings offene Plateauschuhe voller Nieten und zwölf Zentimeter hoch. – Für rund zwölf Hunnis by the way …« Sie zog bedeutungsvoll die Brauen hoch. »Und zu allem Überfluss schlang sich auch noch ein vulgäres Goldkettchen um die linke Fessel!«
    Es fehlte nur noch dass sie igitt gerufen hätte. Aber sie schloss verträumt die Augen und ich vermute, sie blickte mit Entzücken der Herausforderung entgegen, die dieses Vorher-Nachher-Experiment für sie darstellte,

     
    Ich bin noch nie einer Person begegnet, die aus der Kritik anderer so viel Gewinn gezogen hätte wie Sibylle. Als ich sie zum ersten Mal meiner Mutter vorstellte, hatte sie sich nach ihren damaligen Vorstellungen so richtig hübsch zurecht gemacht. Am kritischen Blick meiner Mutter merkte sie jedoch, dass ihre Aufmachung wenig Anklang fand. Als sie mit ihr allein war, sprach sie meine Mutter ganz offen darauf an. Doch die wand sich natürlich, weil ihr unverblümte Meinungsäußerung gegenüber Menschen, die sie nicht als ihre Schüler oder Anverwandte – ihre Tochter – betrachtet, etwa so fremd ist wie Tabledance. Doch Sibylle gab ihr klar zu verstehen, dass sie zu wissen wünschte, was sie besser machen könnte.
    Und damit hatte sie dann die pädagogische Ader meiner Mutter zum Pulsieren gebracht. Die erklärte ihr nämlich, dass weniger in dieser Beziehung meist mehr bedeute, und dass die Klasse eines Mädchens oder einer Frau vorrangig an drei Kriterien auszumachen sei: An den Fingernägeln, den Schuhen und am Schmuck. »Keine Frau mit Stil

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