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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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Hochgefühl, das ich auf der Rolltreppe des Kaufhauses empfunden hatte, stabilisierte sich. Die deutliche Vorahnung, dass Maledict etwas von mir brauchte, drängte sich auf. Ich spürte geradezu das Kribbeln des Hebels der Macht in meinen Händen.
    »Ich hab das nie anders gesehen.«
    »Tja, dazu hattest du auch wenig Anlass.«
    »Na na, komm, jetzt stellst du mich aber hin wie den letzten Sauhund.«
    »Ich dich? Du hast dich doch selbst für diese Rolle entschieden.«
    »Eliza! Eine Frau wie du – die steht doch über den Dingen.«
    Mit dem Trick wirst du mich nicht manipulieren! »Da muss ich dich enttäuschen, mein Lieber. Keineswegs. Nein, wirklich    – leider absolut nicht!«
    Nun schenkte er mir einen Blick, mit dem er jeder Reklamationsabteilung zu höchster Ehre gereicht hätte. »Falls ich dich verletzt habe, tut es mir wirklich leid. Aber, wie schon gesagt, ich war nicht ich, als wir uns begegneten.«
    Aha, du plädierst auf mildernde Umstände wegen Unzurechnungsfähigkeit. Das kann mich nicht rühren! Meine Zurechnungsfähigkeit ist auch deutlich vermindert, seit du mir dieses faule Ei gelegt hast.
    »Du hast mir Träume geschenkt und sie mir dann wieder gestohlen«, sagte ich.
    »Ich hab dir Träume geschenkt? Zum Beispiel?«
    »New York. Du wolltest mich nach New York einladen. Der Traum New York, das war für mich das Nachtgebet nach den langen Stunden intensiver Arbeit an deinem Roman. Ich habe mich unsäglich darauf gefreut und mir so vieles im Detail ausgemalt! Und dann bist du mit der Servitzky hingeflogen.«
    Ich merkte, wie sehr ich immer noch verletzt war. Das Selbstmitleid wuchs für einen Moment über meine Wut hinaus, bahnte sich seinen Weg in Richtung der Tränenkanäle.
    »Ach Gott, das war Zufall. Das hat sich halt so ergeben. Eine günstige Gelegenheit, Geschäftsreise.«
    Hat sich halt so ergeben, dass mir diese günstige Gelegenheit das Herz gebrochen hat! Shit happens!
    »Mghmpf!«
    »Lag dir denn wirklich so viel dran?«
    Ich erwiderte nichts und blickte auf meine gefalteten Hände, auf die jetzt passenderweise auch noch ein paar Tränen tropften. Dann sah ich ihm in die Augen. Und ich spürte, dass in meinen neuerdings sorgfältig wasserfest getuschten Wimpern noch eine Träne hing. Und das war gut so, denn diese Unglücksperle unterstrich meine Darbietung. Er sah es auch, und ich glaube, er war beeindruckt. Jedenfalls räusperte er sich vernehmlich und durchsuchte seine Taschen nach einem Taschentuch. Wie üblich ohne Erfolg. Ich zog welche aus meiner Tasche und bot ihm auch eins an. Nun hatte ich ihn aus dem Konzept gebracht. Er war sicher davon ausgegangen, sein Anliegen rascher vom Stapel lassen zu können.
    Er holte Luft. »Siggie hat letzte Woche die Filmoption verkauft.«
    »Na, gratuliere, da kommt ja endlich mal richtig Geld rüber.«

    »Ja, stimmt. – Wir haben übrigens jetzt doch den anderen Titel genommen: Blutsbande.«
    »Wie schön! – War meine Idee.«
    »Ach ja, stimmt, das war ja von dir. Deine Tipps haben dem Buch überhaupt sehr gut getan.«
    Meine Tipps! Was bildest du dir eigentlich ein? Ich hab das Buch total umgeschrieben! Aber ich sagte nichts, lächelte nur. Das Selbstmitleid hatte sich verflüchtigt. Der Zorn dominierte wieder. Wart’s nur ab, Maledictus, wart’s nur ab!
    Er legte eine Hand auf meine gefalteten, leicht eingesalzenen.
    »Die Produktionsfirma will, dass ich das Drehbuch schreibe.«
    »Na, das ist doch eine echte Herausforderung!«
    »Ja, schon … – Eliza, ich weiß ja, dass du ’ne Menge zu tun hast … Aber trotzdem … Wir … äh, ich finde, du solltest wieder mitmachen.«
    Aha, nun war die Hyäne aus dem Sack! Ich hörte geradezu ihr Heulen: »Mein Gott, du musst ihr halt ein bisschen schön tun. Du wirst wohl noch in der Lage sein, dieses unscheinbare Wesen um den Finger zu wickeln.« Oder so ähnlich.
    Ich schaute ihm in die Augen. »Das halte ich für keine gute Idee.«
    Sein Blick flackerte – von Angst erfüllt. Und ich erhielt die Bestätigung für meine Intuition. Im Moment hatte ich eindeutig die besseren Karten.
    »Aber warum denn nicht? Wir waren doch so ein hervorragendes Team.«
    »Ja, klar, weil alles stimmte. Aber professionell war die Geschichte natürlich nicht. Vierundzwanzig Stunden Präsenz am Tag. Ich habe mich mit dem Projekt identifiziert und jegliches Leben außerhalb weit weggeschoben. Ich habe auf interessante und lukrative Aufträge verzichtet, meine Arbeitskraft und mein Privatleben

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