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Liebling, Ich Kann Auch Anders

Liebling, Ich Kann Auch Anders

Titel: Liebling, Ich Kann Auch Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Kast-Riedlinger
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Herzen schien mein Körper ihn noch nicht verstoßen zu haben.
    Außerdem hatten wir uns ja nicht getrennt, weil ich seiner überdrüssig gewesen wäre, sondern er hatte sich aus Profitstreben davongestohlen! Auf dem Zenit meiner Zuneigung zu ihm!
    Nach der langen Zeit, die wir fast rund um die Uhr zusammengeklebt waren, steckte natürlich auch noch ein Teil von ihm unter meiner Haut. Mit anderen Worten: Ich war mit ihm noch nicht fertig! Eigentlich bin ich nie mit einem Mann fertig, mit dem ich nicht selbst Schluss gemacht habe. Das ist eine Macke, die ich mit Eva teile. Schluss ist erst dann, wenn wir es wollen. Und wir sind auch beide überzeugt, dass irgendwann im Leben der Augenblick kommen wird, da wir das Finale dirigieren, falls der Mann und die Geschichte bis dahin nicht längst in Vergessenheit und Belanglosigkeit versunken sind.
    Eva sagt, um Frieden zu finden, müsse sie sich innerlich von einem Mann verabschieden, während sie in seinen Armen liegt. (Mit Ruben hat sie das bestimmt hundertmal exerziert.) »Erst, wenn ich diesen Akt vollzogen habe, kann ich die Liebesgeschichte als beendet betrachten und konstruktiv mit dem Danach umgehen.«
    Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Aber so betrachtet gab’s bei Maledict ja auch keinerlei Vorwarnung und somit auch keine Chance zum Abschiednehmen. Er kam von seiner Radtour nicht zurück, weil er angeblich am Krankenbett seiner Mutter saß. Und als ich ihn am Telefon nach einer Nummer fragte, wurden wir wegen einer Störung getrennt.
    Zehn Tage später bekam ich dann von einer Dritten die Wahrheit zugetragen. Eine Wahrheit, die geschmackloser kaum hätte sein können. Ich kannte meine Nachfolgerin, konnte sie nicht leiden, hatte oft in Anwesenheit ihres jungen Geliebten über sie gelästert und war dennoch aus beruflichem Interesse gezwungen, mich ihr gegenüber diplomatisch zu verhalten.

     
    Meinem Wunsch entsprechend, hatte Maledict einen Tisch am Fenster gewählt. Obwohl ich schon unzählige Male in diesem Kaffee saß, fasziniert mich immer wieder der Blick vom fünften Stock hinunter auf das Gewusel des meistfrequentierten Platzes der Stadt. Vor allem natürlich zu Zeiten, wenn das Glockenspiel im Erker des Rathauses in Bewegung kommt. Das passiert immer um elf und um zwölf. Und während der wärmeren Monate auch um fünf Uhr nachmittags. Bis dahin waren es gerade noch fünf Minuten. Ich teilte meinem Gastgeber mit, dass ich gern einen Zitronensaft hätte und schaute auf den Marienplatz, wo sich eine rasch anwachsende Menschentraube in Position brachte, um eine der beliebtesten Touristenattraktionen der Stadt erleben zu können. Auf zwei Etagen, die zu monatlich wechselnden Melodien um ihre Achse rotieren, sind Szenen aus der Geschichte der Stadt dargestellt. Ein Reitturnier anlässlich einer Adelshochzeit und ein Tanz, der einst von Küfern gegen die Angst vor der Pest aufgeführt wurde.
    Ich verfolgte das Spektakel einen Moment lang, während Maledict die Bestellung aufgab und schenkte ihm dann ein liebenswürdiges Lächeln.
    »Du siehst wirklich toll aus«, wiederholte er. Ich wusste immer noch nicht, ob ihm tatsächlich etwas aufgefallen war, oder er nur versuchte, mich gewogen zu stimmen. Jedenfalls gibt es einige Sätze, die für mich über sehr viel Charme verfügen und mich auch nach der hundertsten Wiederholung nicht langweilen, selbst wenn sie vielleicht nicht aus ganz reinem Herzen heraus geäußert werden.
    »Demnach brauche ich mir um dich also keine Sorgen zu machen«, fuhr er fort
    Aha, deine Schmeichelei dient vor allem dem Selbstschutz, Herzchen. »Damit wärst du doch auch glatt überfordert«, mutmaßte ich, lachte aber dabei, um den bitteren Unterton zu neutralisieren.
    »Ich weiß, dass du keine allzu hohe Meinung von mir hast.«
    Sollte ich? Hast du mir dazu etwa Anlass gegeben? In meinem Hirn brodelte es, doch meine Lippen blieben versiegelt.
    »Ich hab dir schon mal gesagt, ich bin dir sehr dankbar, und mein größter Wunsch ist, dass wir Freunde bleiben.«
    Wieder dieser ach so oft strapazierte Satz, der deutlicher als jeder andere zum Ausdruck bringt, dass die Liebe den Bach runter ist. Er stieß mir wahrlich nicht zum ersten Mal auf.
    »Bleiben? Du meinst werden! Bleiben würde voraussetzen, dass wir es zum aktuellen Zeitpunkt sind.« Diesmal gelang es mir, meinen Gedanken auszusprechen. Ich gestehe freimütig, ich kann ganz schön penibel sein. Sie werden jedoch zugeben: In diesem Falle ist es berechtigt! Das

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