Liebling, vergiss die Socken nicht
Dingsbums bietet dir eine Chance, für die die meisten Leute über Leichen gehen würden, und du bist drauf und dran zu sagen, nein, vielen Dank, heute lieber nicht, als wollte er dir eine Versicherung andrehen.« Jess legte das Telefon zur Seite und nahm ihre Mutter bei der Hand. »Denk doch bloß mal einen Moment lang nach, Mum. Seit du diesen Museumsjob nicht gekriegt hast, bläst du Trübsal. Das hier macht womöglich hundertmal mehr Spaß!«
Jessies Logik leuchtete Ally ein. Sie wollte einen Job. Aber vom Bildschirm Ratschläge erteilen? Sie würde vermutlich schauderhaft wirken. Und doch. Die Eheberatung hatte ihr großen Spaß gemacht. Es gab ihr richtig Auftrieb, wenn sie einem Paar auf die Sprünge geholfen hatte. Einen Moment lang spürte sie den Impuls, es einfach zu versuchen, doch dann meldeten sich wieder ihre alten Selbstzweifel.
»Was meinst du, Matt?« Sie sah ihren Mann an, und ihr fiel auf, dass er noch gar nichts gesagt hatte. Doch noch bevor er antworten konnte, hörte sie das schrille Lachen ihrer Mutter.
»Das meinen die doch wohl nicht im Ernst?« fragte Elizabeth und nippte an ihrem Wein. »Also, ich habe noch nie eine so blödsinnige Idee gehört! Du bist ja noch nicht einmal fähig, mit deinen eigenen Problemen fertigzuwerden, geschweige denn mit denen anderer.«
»Du stehst immer voll hinter mir, wenn ich dich brauche, nicht wahr, Mutter?« Die Erinnerung daran, wie sehr ihre Mutter sie stets unterschätzt hatte, ließ Ally jetzt wütend aufbrausen. »Du hattest immer eine solch niedrige Meinung von mir, dass ich jedesmal, wenn mir etwas gelungen war, das Gefühl hatte, dich enttäuscht zu haben.«
Elizabeth starrte Ally ungläubig an und besann sich dann wieder auf die Würde ihres Alters. »Mich geht das sowieso nichts an. Was meint denn Matt? Er ist schließlich derjenige, den es am meisten trifft.«
Auf der Stelle sahen alle drei Frauen Matt an.
Tja, was meinte er denn? Ally war tatsächlich warmherzig und einfühlsam, und es stimmte, dass sich alle an ihrer Schulter ausheulten. Ständig war die Küche voller Scheidungsopfer und Teenager, die nicht mit ihren eigenen Eltern reden konnten, aber bis zum Morgengrauen blieben und Ally über ihren Rieseneintöpfen das Herz ausschütteten.
Aber würde sie im Fernsehen gut ankommen? Und - Matt wusste, dass er sich der unbequemen Frage stellen musste - wollte er das überhaupt? Das Fernsehen war seine Welt, und die Familie war sein Hafen, sein Überdruckventil für die Belastungen seines Lebens, in dem er ständig der Öffentlichkeit ausgesetzt war.
»Möchtest du denn gern Kummertante sein?« wich er gekonnt aus.
»Warum nicht? Ich fand es schon immer faszinierend, Menschen zuzuhören. Vielleicht würde es mir Spaß machen.«
»Und was ist mit der fernsehtechnischen Seite?« Matt wusste, dass er das nicht sagen sollte, aber er konnte es nicht lassen. »Weißt du, Menschen zum Sprechen zu bringen ist schwieriger, als es aussieht. Es ist etwas anderes, als für MidWest TV die Nachrichten zu verlesen.«
Ally spürte, wie sich erneut der Ärger in ihr regte. Weder ihre Mutter noch ihr Mann glaubten an sie. Beide dachten, sie wäre diesem Job nicht gewachsen.
»So ein Quatsch, du wärst bestimmt hervorragend! Es schleppen doch sowieso immer alle ihre Probleme zu dir. Und so wirst du wenigstens dafür bezahlt.« Jess legte den Arm um ihre Mutter.
»Komm schon, Mum, probier‘s doch wenigstens erst mal. Du hast nichts zu verlieren. Wenn du grässlich bist, nehmen sie dich sowieso nicht. Du musst es wenigstens versuchen. Stell dir bloß vor«, fügte sie hinzu, wie ein Kindermädchen, das einen ganz besonderen Leckerbissen bereithält, »dann könntest du mit Dad über die Arbeit reden.«
Ally lachte. Wie gut Jess sie kannte! Na schön, warum nicht? Wahrscheinlich würde sie den Job sowieso nicht bekommen, aber wenn sie es nicht versuchte, würde sie sich bis zum Ende ihrer Tage vorwerfen, was sie versäumt hätte.
»Also los.« Sie grinste Jess an und würdigte weder Matt noch ihre Mutter eines Blickes. »Gib mir das Telefon.«
»Hör mal, Mum. Noch einen kleinen Ratschlag, bevor du ihn zurückrufst.«
»Jess, ich bin diejenige, die Ratschläge verteilen soll.«
»Ich weiß, aber du bringst es einfach nicht fertig, hart zu sein. Was auch immer du sagst - es muss sich cool anhören. Er darf nicht auf die Idee kommen, dass du dein Leben lang auf diesen Anruf gewartet hast. Tu so, als wärst du schwer zu kriegen.«
»Jessy, er bittet
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