Liebling, vergiss die Socken nicht
als der Boxer Frank Bruno. Weihnachten im Fernsehland. Doch Matt war es gelungen, der Show ein Flair zu verleihen, das sie originell und spritzig machte.
Aber nicht einmal seine Freude über Matts gelungenen Auftritt konnte Stephen von dem Anruf ablenken, den er kurz zuvor von einem befreundeten Londoner Börsenmakler bekommen hatte. War Stephen die Identität der Person bekannt, hatte dieser gefragt, die ein Paket nach dem anderen von Centurys Aktien aufkaufte?
Stephen starrte weiter auf den Bildschirm, ohne irgend etwas wahrzunehmen. In seinem Hinterkopf regte sich eine Vermutung, der er sich nicht zu stellen wagte. Vielleicht irrte er sich ja. Er musste sich einfach irren. Aber eines wusste er mit Sicherheit: Ihm standen grauenvolle Weihnachten bevor.
Ally war erleichtert, als Matt das Angebot ablehnte, mit dem Hubschrauber anzureisen, und sie den umständlicheren, aber unendlich schöneren Weg wählten, nach Glasgow zu fliegen und dann den Zug zu nehmen, der sich durch eine der faszinierendsten Landschaften der Welt bis nach Mallaig in den westlichen Highlands schlängelte. Von dort würden sie mit der Inselfähre nach Rhum übersetzen.
Die Reise zog sich dermaßen in die Länge, dass es bei ihrer Ankunft dunkel und kalt war, und Janey und Jess jammerten wie ein paar Dreijährige, die mit ihrer Kraft am Ende sind. Sie fielen sofort in die Betten und brachten nicht einmal mehr die Energie auf, etwas zu essen. Ally fragte sich schon, ob es wirklich eine so gute Idee gewesen war, hierherzukommen.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, staunte sie, dass es schon so spät war. Sie schlüpfte aus dem Bett und ging rasch auf die hohen Fenster zu. Die Vorhänge waren aus so schwerem blauem Brokat, dass es sie Mühe kostete, sie aufzuziehen. Sie schüttelte den Kopf über ihre Begriffsstutzigkeit und zog daran. Die Geste war so theatralisch und die Aussicht so umwerfend, dass sie unwillkürlich die Luft anhielt. Vor ihr lagen unberührte, schneebedeckte Berge, hinter denen sich majestätisch das Meer abzeichnete.
Voller Begeisterung wandte sie sich zu Matt um. Jetzt erfasste sie erstmals die volle Schönheit ihres Zimmers. Es war riesig, hatte vier Rundbogenfenster, eine kunstvolle Stuckdecke und ein gigantisches Himmelbett mit blauen Brokatvorhängen. Auf dem Fußboden lag ein dicker pflaumenblauer Teppich, dessen weite Fläche von scheinbar zufällig verteilten Tierfellen aufgelockert wurde. An das Zimmer grenzte ein marmorverkleidetes Bad, in dem eine Badewanne mit Klauenfüßen aus Messing stand.
Aber es war nicht die Einrichtung, die den Raum so ungewöhnlich machte, sondern die Tatsache, dass überall Krimskrams herumlag: Familienfotos, aufgeschlagene alte Bücher, Schalen mit duftendem Blütenpotpourri oder silberne Haarbürsten. Man hatte das Gefühl, als hätte eine Lady aus der edwardianischen Ära erst eine halbe Stunde, bevor sie eingezogen waren, ihr Schlafzimmer verlassen.
»Matt.« Sie setzte sich neben ihn aufs Bett und gab ihm einen Kuss. »Es ist unglaublich hier.«
Matt erwiderte ihr Lächeln mit einem unwiderstehlichen, selbstgefälligen Grinsen. »Ich weiß. Komm schon, lass uns aufstehen. Ich rieche Würstchen.«
Ally lachte. Sie wusste, wieviel Wert Matt auf ein ordentliches Frühstück legte. Als sie ihren Kimono von der Schulter gleiten ließ, wurde ein verführerischer Spaghettiträger sichtbar. »Möchtest du nicht vielleicht... äh...« Sie zeigte auf das Bett.
»Alles der Reihe nach, altes Mädchen.« Liebevoll schob er ihren Kimono wieder hoch. »Sonst entgehen mir die Bücklinge.«
Ally verzog den Mund zu einem gespielten Schmollen und öffnete eine der vielen Türen des kolossalen Kleiderschranks, um etwas Passendes zum Anziehen herauszusuchen. »Da bin ich ja froh, dass du deine Prioritäten richtig setzt.«
»Das tue ich immer. Frühstück. Eine erfrischende Bergwanderung. Ein herzhaftes Mittagessen. Vor dem Tee ein Nickerchen, und dann kannst du mich zu Tode verführen.« Er lächelte. »Vielleicht lassen wir den Tee sogar aus. Gleich Drinks und dann Abendessen.«
Ally riss die Augen auf. »Wenn man bedenkt, dass heute erst Heiligabend ist.«
»Schieb‘s nicht zu lang auf. Wahrscheinlich kann ich mich morgen nicht mehr rühren.« Er sah ihr dabei zu, wie sie ein paar schmale Reithosen und einen Kaschmir-Pullover anzog und sich ein mit Sätteln gemustertes Seidentuch um den Hals schlang. Er stieg aus dem Bett, stellte sich hinter sie und ließ die Hand in ihre Hosen
Weitere Kostenlose Bücher