Liebling, vergiss die Socken nicht
glaube, du bist da auf einer guten Spur. Vergiss den ganzen Scheiß mit Friede, Freude, Eierkuchen. Weihnachten: die Zeit der Liebe und der familiären Spannungen. Wir könnten ja einen Wettbewerb veranstalten, bei welcher Familie die Feiertage am grässlichsten waren.«
Ally grinste. Auf seine lakonische Art hatte Bernie die Idee umgekrempelt und etwas weitaus Besseres daraus gemacht.
Die nächsten zehn Tage vergingen wie im Flug. Ally und Matt hatten so viel zu tun, dass sie sich fast nur noch im Bett sahen. Doch das machte ihr nichts aus. Sein federnder Gang und seine gelöste Herzlichkeit ihr gegenüber sagten ihr, dass alles in Ordnung war. Wenn er auch mehr Zeit mit Belinda verbringen mochte als mit ihr, wusste sie doch ganz instinktiv, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte.
Auf einmal kletterte Nikki auf ihren Schreibtisch und hängte eine grellgoldene Troddel und ein Spruchband mit der Aufschrift ›Fröhliche Weihnachten‹ auf.
»Warum sagt denn niemand die Wahrheit«, fragte Maggy Mann, die auf der anderen Seite des betriebsamen Büros saß und in der Daily Mail las, »und macht ein Spruchband, auf dem ›Absolut schauderhafte Weihnachten‹ steht?«
Ally lachte. Erstaunlicherweise schien Maggy, anstatt Ally den Erfolg zu missgönnen, um eine winzige Nuance freundlicher geworden zu sein. Vielleicht kam das daher, dass die Show als Ganzes langsam auf die Beine kam, und Maggy war nicht so dumm, das Boot zum Kentern zu bringen, in dem sie selbst saß.
»Was machen Sie denn an Weihnachten, Maggy?« fragte Ally.
»Ich fahre mit meinen drei kleinen Scheißern zu meiner Mutter.« Maggy befühlte die Brosche, die ihr Sohn gemacht hatte, und lächelte. Ally wusste, dass Maggy, auch wenn noch so vieles an ihr unausstehlich war, ihre Kinder liebte. »Und Sie?«
»Matt hat in einem Hotel namens Murdo Castle auf einer schottischen Insel Zimmer für uns gebucht.«
»Aha.« Maggy konnte sich eine kleine Stichelei nicht verkneifen. »Dann haben Sie also keine grässlichen Tage vor sich, in denen Sie sich bei der Zubereitung des Weihnachtsessens für eine undankbare Familie zu Tode schuften wie die meisten Ihrer Zuschauerinnen.«
Ally durchzuckte ein Anflug von Schuldbewusstsein. Es war typisch Maggy, so kräftig auszuteilen. »Dieses Jahr nicht.« Ihr war klar, dass ihr Tonfall rechtfertigend klang. »Aber das ist auch das erste Mal.«
Maggy stand auf. Es wurde Zeit, für ihre letzte Sendung vor Weihnachten ins Studio zu gehen. »Tja dann, viel Spaß. Und verspeisen Sie nicht allzu viele sechsgängige Menüs. Sie könnten Verstopfung bekommen.«
Die letzte Sendung war ein grandioser Erfolg. Bernie Long saß im Regieraum und strahlte vor Entzücken. Sie hätten keinen größeren Knüller landen können, vor allem was Allys Anrufschiene betraf. Die Telefonzentrale wurde überschwemmt von Zuschauern, die katastrophale Weihnachten aus ihrer Vergangenheit schilderten, und die Katerrezepte waren zum Brüllen komisch.
Doch was Bernie am allermeisten beeindruckt hatte, war die herzliche und humorvolle Art, mit der Ally alles steuerte. Sogar er war ein wenig betrübt gewesen, als es vorbei war. Nach Ende der Titelmusik fielen sich im Regieraum alle gegenseitig um den Hals und beglückwünschten sich lautstark. Doch Bernie blieb ruhig sitzen. Ihm war etwas eingefallen. Zwar wollte er Ally nicht zum Spurten zwingen, bevor sie gehen konnte, aber heute hatte er echtes Potential in ihr entdeckt, das über die Grenzen einer kleinen Nische in Hello hinausging. Sämtliche Fernsehsender waren auf der Suche nach einer britischen Version der großen amerikanischen Talkmoderatorin Oprah Winfrey. Und als er Ally heute zusah, hatte Bernie sich mit spontaner Begeisterung gefragt, ob er sie womöglich gerade gefunden hatte.
Auch bei der Matt-Boyd-Show lag an diesem Abend Enthusiasmus in der Luft. Mit atemberaubendem Geschick hatte Matt die schier unlösbare Aufgabe gemeistert, zuerst mit einem Komiker ein Gespräch über Weihnachten in der Normalfamilie zu führen und darauf die vernichtende Bloßstellung des betrügerischen Geschäftsführers einer Wohltätigkeitsorganisation für Kinder folgen zu lassen.
Stephen Cartwright sah in seinem Büro im sechzehnten Stock zu und staunte über Matts Wendigkeit.
Dann kam auch schon der Abspann. Künstlicher Schnee rieselte sachte auf Matts Schultern herab, und ein riesiger Chor erschien und sang »O du fröhliche«. Aus dem Nichts tauchte der Weihnachtsmann auf und entpuppte sich
Weitere Kostenlose Bücher