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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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ein Drittel aller Fehlgeburten im zweiten oder dritten Trimenon sind dieser Schwäche geschuldet.«
    »Und was ist die Ursache?«
    »Schwer zu sagen. Eine eindeutige Ursache gibt es nicht. Aber in Ihrem Fall scheint es sich um eine angeborene Fehlbildung zu handeln. In ihrer Krankheitsgeschichte steht, dass ihre Mutter an Gebärmutterhalskrebs gestorben ist.«
    »Das ist richtig.«
    »Da könnte es einen Zusammenhang geben. Möglicherweise liegt da ein Defekt vor, den Sie geerbt haben … und der sich nun auf diese Weise auswirkt. Wir sollten das im Auge behalten … vor allem, wenn Sie älter werden.«
    Im Behandlungszimmer wurde es sehr still. Anna starrte mich an. Die schlechte Nachricht war für uns beide niederschmetternd. Schließlich stellte sie die Frage, die ich erwartete. »Dann kann ich also keine Kinder bekommen?«
    »Also …«, antwortete die Ärztin. »Sicher wird es Komplikationen geben. Das Risiko ist größer. Aber die moderne Medizin erhöht Ihre Chance, die neun Monate durchzustehen. Garantieren kann ich es natürlich nicht. Aber inzwischen sind die Erfolgsquoten in diesen Fällen gut. Wir werden in der vierzehnten Woche eine sogenannte Cerclage anlegen, eine Umschlingung des Gebärmutterhalses. Auf diese Weise wird der Muttermund dauerhaft geschlossen. Sobald der Fötus voll entwickelt ist, wird die Naht wieder gelöst. Damit sollte die Schwangerschaft bis zur sechsunddreißigsten oder siebenunddreißigsten Woche ausreichend gesichert sein.«
    Annas Lächeln drückte Hoffnung und Optimismus aus. »Das ist die beste Nachricht seit Langem.«
    Mit frischem Mut entwarf Anna mit speziellen Tabellen, Grafiken, Broschüren und einem Stapel Ratgeber, die die Ärztin empfohlen hatte, den optimalen Plan für eine neue Schwangerschaft.
    Sechs Wochen später machte sie einen Schwangerschaftstest. Das Ergebnis war positiv.
    Vierzehn Wochen später legte die Ärztin die Cerclage an, was besorgniserregende Blutungen nach sich zog.
    Zwei Wochen später hörten die Blutungen auf.
    Eine Woche später setzten die Blutungen erneut ein.
    Drei Tage danach erlitt Anna die dritte Fehlgeburt.
    Drei Wochen später versiegten Annas Tränen.
    Unsere folgenden zwei Jahre in Kalifornien verliefen erschreckend nach dem Muster der ersten beiden Jahre. Ich arbeitete hart, machte mir in der Werbebranche einen Namen, während Anna alles daransetzte, schwanger zu werden. Zweimal.
    Beide Schwangerschaften endeten vorzeitig.
    Letztendlich, so glaube ich, stumpften wir ab, nahmen alles, wie es kam.
    Ungefähr in der Mitte unseres sechsten Jahres in Kalifornien weckte mich Anna mitten in der Nacht. Sie hatte offensichtlich geweint. »Noch ein einziges Mal«, sagte sie.
    Ich drehte mich zu ihr um und rieb mir die Augen. »Was noch ein einziges Mal?«
    »Ich möchte noch einmal schwanger werden.«
    »Was soll das? Wir wissen doch jetzt, wie es endet.«
    »Aller guten Dinge sind vielleicht sechs?«
    »Unwahrscheinlich.«
    Anna knipste das Licht an. Vermutlich, damit ich sehen konnte, wie ernst es ihr war. Dann deutete sie auf das Ölbild über unserem Bett mit dem Globus in unserer Mitte. »Du hast gesagt, du würdest die ganze Welt nach mir absuchen, um mich zu finden. Wo ich auf dieser Welt sein möchte, ist ein Ort mit Kindern. Es ist der einzige Traum, den ich nicht aufgeben will.«
    Mittlerweile hellwach stützte ich mich auf die Ellbogen auf, um Anna genauer betrachten zu können. Sie war schöner denn je. Ihr Herz allerdings war in den letzten Jahren zerbrechlicher geworden. Eine Tatsache, die dem großen Verlustgefühl nach fünf Fehlgeburten geschuldet war. Niemand überstand so etwas unbeschadet. Wobei ich an alledem nicht ganz unschuldig war. Ich und meine zahlreichen Gedankenlosigkeiten und Versäumnisse, wenn ich in Eile fortging, ohne Anna einen Abschiedskuss zu geben, bis spätabends arbeitete, obwohl ich wusste, dass sie mich zu Hause brauchte, oder lieber eine Show im Fernsehen ansah, um nach einem harten Arbeitstag zu entspannen, obwohl sie sich ein Ständchen auf der Gitarre gewünscht hätte. Kleinigkeiten, die ich für selbstverständlich nahm, ignorierte oder einfach nur vergaß.
    Manchmal sind die kleinen Dinge zusammengenommen gar nicht mehr so klein.
    »Ist das dein Ernst?«
    Sie nickte. Dann stellte sie eine Frage, die ihr eigentlich nie in den Sinn hätte kommen dürfen. »Gibst du mir die Schuld, Ethan?«
    »Wofür?«
    »Dass ich all die Babys verloren habe. Bist du mir böse?«
    »Großer Gott, nein!«
    »Hast

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