Lieblingslied: Roman (German Edition)
großartig. Ehrlich, ich freu mich so für dich … für uns . Und du hast den Schwangerschaftstest gemacht, ohne die Wohnung ganz nebenbei noch abzufackeln?«
»Erstaunlich, was? Muss die Routine sein, die ich inzwischen habe.«
Anna hätte dabei auf Holz klopfen sollen.
In der sechzehnten Woche hatte sie erneut eine Fehlgeburt.
Diese Situation zum zweiten Mal zu erleben, war für uns beide ein schwerer Schlag. Allerdings bewältigten wir es auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Während Anna zwei Wochen lang weinte und Trübsal blies, vergrub ich mich einfach in meine Arbeit. Ironie des Schicksals: Meine offensichtlichen Bemühungen, zum Erfolg der Firma beizutragen, verschafften mir letztendlich einen kräftigen Karriereschub. Als das Management erkannte, wie hart ich arbeitete, wurde ich zur Belohnung befördert. Ich ersetzte Mark, der wiederum eine Stufe höher auf der Karriereleiter kletterte. Bedauerlicherweise bedeutete das, dass meine zahlreichen Überstunden von jetzt an nicht nur als Mittel zur Bewältigung von Annas gescheiterten Schwangerschaften dienten, sondern, angesichts meiner gestiegenen Verantwortung, von der Agentur schlicht als selbstverständlich erachtet wurden.
Als Anna keine Tränen mehr hatte, kehrte ihr sonniges Wesen zurück. Und da sie nicht den ganzen Tag untätig allein zu Hause sitzen wollte, nahm sie eine Halbtagsstelle in einem Geschäft für Künstlerbedarf an. In ihrer Freizeit frönte sie weiter ihrem Traum, ihre Bücher zu publizieren, indem sie eifrig ihre Manuskripte an Verlage schickte. Drei Monate, nachdem sie fast hundert Kinderbuchverlage angeschrieben hatte, hatte sie auch fast ebenso viele Absagen erhalten. Danach dauerte es nicht lange, bis ihre Pinsel und Zeichenfedern ebenso unberührt in der Ecke standen wie meine Gitarre.
Eines Abends nach dem Essen verkündete sie, dass sie endgültig das Handtuch werfen wolle. »Schätze, ich habe einfach nicht das Zeug zu einer guten Autorin und Illustratorin von Kinderbüchern.«
Ihre Miene sprach Bände. Sie war frustriert und sprach es aus, vielleicht um ein wenig Bestätigung ihres Talents von der Person in ihrem Leben zu erhalten, auf deren Meinung sie sich verlassen konnte. Und tief in meinem Inneren wusste ich, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, sie zu ermutigen, niemals aufzugeben. Aber dann dachte ich an meinen Lebenstraum, der ebenso schnell zu verblassen drohte. Würde er je Wirklichkeit werden? Würde je jemand einen meiner Songs kaufen und produzieren?
Wahrscheinlich nicht.
Anstatt ihr also die Wahrheit zu sagen, ihr Talent zu loben und sie zu ermutigen, weiter ihre Manuskripte zu verschicken, nickte ich nur.
Ich nickte !
Von allen Dingen, die ich als Ehemann falsch gemacht habe, war dies mein schlimmstes Vergehen: Das dumme, herzlose Nicken, das sagte: »Stimmt, Liebling. Du hast einfach nicht das Zeug dazu.« Und das, obwohl ich vom Gegenteil überzeugt war. Ich hatte die zahllosen Enttäuschungen einfach satt, war zu erschöpft, um Anna Mut zu machen.
Ihre Augen füllten sich umgehend mit Tränen. Ein deutliches Zeichen, wie sehr ich sie verletzt hatte.
Sie versuchte es klaglos hinzunehmen, keine Träne zu vergießen. »Und da ich in Zukunft weder malen noch schreiben werde, möchte ich wieder schwanger werden«, erklärte sie ruhig.
Wieder? Sind zwei Fehlgeburten nicht genug? Aber ihr zu sagen, sie solle ihren Traum aufgeben, sie ein zweites Mal zu verletzen, brachte ich nicht übers Herz. Also zuckte ich die Achseln und sagte: »Okay … Aller guten Dinge sind drei.«
Frauenärzte hatten wir bisher nur während oder nach den Schwangerschaften konsultiert. Dieses Mal jedoch war Anna entschlossen, alles zu tun, um die neun Monate zu überstehen. Das bedeutete, den Rat eines Frauenarztes einzuholen, bevor sie überhaupt schwanger wurde.
Wir machten also einige Tests und eine Ultraschalluntersuchung, bis die betreffende Frauenärztin eine Diagnose stellen konnte. »Sie haben eine Zervixinsuffizienz«, klärte sie uns in einem Ton auf, als bedürfe es keiner weiteren Erklärung.
»Insuffizienzen gibt’s auch bei Ärzten«, murmelte ich kaum hörbar.
Anna warf mir einen ärgerlichen Blick zu. »Achten Sie nicht auf meinen Mann. Er weiß manchmal nicht, wovon er redet.«
Die Ärztin machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich fühle mich nicht angesprochen. Mr. Bright, eine Zervixinsuffizienz bedeutet, dass der Muttermund angesichts des Gewichts des Fötus nicht geschlossen bleiben kann. Fast
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