Lieblingslied: Roman (German Edition)
du nie daran gedacht, dass du längst Vater sein könntest, wenn du eine andere Frau geheiratet hättest?«
»Selbstverständlich nicht! Ich möchte mit niemand anderem verheiratet sein.«
Anna hielt meinen Blick fest, so als versuche sie, die Aufrichtigkeit meiner Antwort zu testen. »Also gut …«, bemerkte sie gedehnt. »Wenn du schon mit keiner anderen verheiratet sein willst, bist du dann sicher, dass du mit mir verheiratet bleiben möchtest?«
»Was soll das, Anna? Ich liebe dich. So einfach ist das. Ich habe dich immer geliebt und werde dich immer lieben.«
Anna verzog zuerst keine Miene. Dann, allmählich, entspannten sich ihre Züge. Ich glaubte, die Andeutung meines geliebten Lächelns zu erkennen. »Du hast versprochen, Gitarre für mich zu spielen. Mehr musst du nicht tun, um mir zu sagen, dass du mich liebst. Aber da du kaum noch Gitarre spielst, habe ich das Bedürfnis, es gesagt zu bekommen. In Worten.«
»Anna … Es tut mir leid. Ich liebe dich, bin verrückt nach dir, auch wenn ich das nicht so oft zeige oder sage, wie ich sollte. Ich bessere mich. Aber wie gesagt, ich will, was du willst. Hundert Prozent. Und wenn du noch einmal versuchen möchtest, ein Kind zu bekommen, dann will ich das ebenfalls.«
Sie zog mich an sich und umarmte mich. »Ich habe gehofft, dass du das sagst.«
Einen Monat später steckte eine Nachricht von Anna an meiner Gitarre. Sie war zum sechsten Mal schwanger.
Wir versagten uns bewusst jede übertriebene Euphorie. Die Erfahrung hatte uns gelehrt, dass je größer die Hoffnung, desto maßloser die Enttäuschung. Anna wartete bis zum zweiten Monat, bevor sie die Ärztin konsultierte. Dabei erfuhren wir, dass die Schwangerschaft anders sein würde als die vorausgegangenen fünf Versuche – wenn auch nicht qualitativ so doch quantitativ.
»Zwillinge!«, rief Anna mir entgegen, als ich am Abend nach der Ultraschalluntersuchung vom Büro nach Hause kam. »Du hättest deine Meetings absagen und mit mir kommen sollen, Ethan! Zwei kleine Herzen haben nebeneinander auf dem Bildschirm geschlagen.«
»Machst du Witze?«
Davon konnte keine Rede sein. Anna reichte mir ein Schwarz-Weiß-Foto, das bewies, dass zwei kleine Wesen in ihr heranwuchsen.
Angesichts ihrer Fehlgeburten und dem zusätzlichen Risiko einer Zwillingsschwangerschaft, traf die Ärztin besondere Vorkehrungen, damit Anna die Kinder austragen konnte. Unter anderem verordnete sie ab dem dritten Monat Bettruhe. Den ganzen Tag im Bett zu liegen kostet Überwindung, doch Anna ließ sich dadurch nicht beirren. Für sie war auch das im Endeffekt aller Mühen wert.
Zu Beginn des siebten Monats verwandelte sich ihr gemäßigter Optimismus in hoffnungsvolle Euphorie. »Diesmal schaffen wir es, was?«, bemerkte sie eines Morgens, als ich mich anzog, um ins Büro zu gehen. »Wir werden wirklich Eltern!«
»Mit zwei Babys werden wir alle Hände voll zu tun haben.«
»Ist mir egal. Ich kann’s kaum erwarten«, fügte sie träumerisch hinzu. »Und nicht nur, weil ich es satthabe, wie eine brütende Henne im Nest zu sitzen. Ich möchte sie endlich sehen, sie in meinen Armen halten, sie schreien hören.«
»Möchte ich auch … Auf das Geschrei kann ich allerdings verzichten.«
»Ach, komm schon! Nach allem, das wir durchgemacht haben! Was könnte es da Schöneres geben, als die herzhaften Schreie von zwei Babys?«
Das war ein Argument. Nachdem meine Frau all die Babys beweint hatte, die nie geboren worden waren, waren die kräftigen Schreie gesunder Kinder nach Aufmerksamkeit eine willkommene Abwechslung.
Als die Geburt der Zwillinge immer näher rückte, konnten wir unser Lampenfieber kaum noch bezähmen. Großvater Bright rief häufig an. Er ahnte, dass sich Anna wie eine eingesperrte brütende Henne fühlen musste und war bereit, wenn nötig, beratend zu helfen. Doch Anna hielt sich großartig. Auch Octavius erkundigte sich vermehrt nach dem Befinden seiner Tochter.
In der Mitte des siebten Monats kamen Annas Bruder Stuart und seine Frau Heather überraschend zu Besuch.
»Hat euch Dad geschickt?«, erkundigte sich Anna prompt. »Damit ihr nachseht, ob es mir wirklich gut geht?«
»Nö. Wir haben gute Nachrichten. Und die wollten wir euch persönlich überbringen«, erwiderte Stuart.
Annas Lächeln erstarb. »Dann seid ihr nicht wegen mir gekommen?«
»Also … natürlich auch wegen dir. Interessiert uns selbstverständlich, wie es dir geht. Na, und wie geht es dir, Schwesterherz?«
Heather gab ihm einen
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