Lieblingslied: Roman (German Edition)
verständlichen Erwartungen unserer Aktionäre ist eine lokale Umstrukturierung unausweichlich. Wir müssen unsere Ausgaben in eine bessere Relation zu unseren Einkünften bringen.« Danach erklärte sie uns, dass diejenigen, die nicht mehr gebraucht würden, in ihr Büro gerufen, die Modalitäten der Kündigung erfahren und anschließend von Sicherheitsbeamten aus dem Gebäude begleitet werden würden.
Danach erschien es mir beinahe so, als würde sie lächeln, die Macht genießen, die sie über uns hatte. Dann marschierte sie mit energischen Schritten in das Büro des Geschäftsführers und machte die Tür hinter sich zu. Wenige Minuten später wurde der Name des ersten Opfers aufgerufen.
»Dana«, sagte Miriam und ging auf die Menge zu, die noch in der offenen Halle versammelt war. »Kommen Sie bitte.«
Dana Abbot war ein junges Mädchen aus der Buchhaltung, die erst seit ungefähr einem Jahr bei der Firma arbeitete. Sie stand nervös auf und folgte Miriam ins Direktionsbüro. Fünf Minuten später trat Dana wieder heraus. Sie hatte hektische Flecken auf den Wangen. Der Sicherheitsmann begleitete sie zu ihrem Schreibtisch, wo sie ihre persönlichen Dinge einsammelte, und anschließend zur Tür. Sie hielt den Kopf hoch und versuchte krampfhaft, unter Tränen zu lächeln, als sie an uns vorbeiging. Ich hatte kaum Kontakt zu Dana gehabt, wusste jedoch, dass sie zwei kleine Kinder hatte, und bezweifelte, dass ihre Entlassung für die Familie leicht zu verkraften sein würde.
Während Dana auf dem Weg zum Ausgang war, rief Miriam den Namen der zweiten Person auf ihrer Liste auf, auf die die Guillotine wartete. Zu unserer Überraschung traf es Frank Dane, unseren Geschäftsführer. Er hatte die Filiale in San Francisco seit fünfzehn Jahren geleitet und war Jessica direkt unterstellt. Nach seiner Miene zu schließen war er ebenso schockiert wie alle anderen. Kurz darauf verließ Frank wütend sein ehemaliges Büro und marschierte wortlos aus der Tür.
Damit war klar, dass Jessicas Liste alphabetisch geordnet war. Für jemanden wie mich, dessen Name mit dem Buchstaben B begann, war das eine große Erleichterung. Mein unmittelbarer Vorgesetzter, Mark Lloyd, musste noch Stunden der Angst ausharren, bis die Namen mit M an die Reihe kamen. Mittlerweile hatte ich es bereits aufgegeben, den Auszug der Entlassenen zu verfolgen. Es war kaum zu ertragen, so viele meiner Kollegen gehen zu sehen. Ich setzte mich daher hinter meinen Schreibtisch und versuchte zu arbeiten, die Zeit bis zum Ende des Massakers zu überbrücken. Um zwei Uhr wurde Brock White, der Letzte auf der Liste der leitenden Angestellten, zum Ausgang geführt. Der Ärmste hatte die ganze Zeit wie auf Kohlen gesessen. Als sein Name schließlich aufgerufen wurde, ließ er eine Reihe von Obszönitäten vom Stapel, die ich ihm nicht zugetraut hätte. Aufgeschreckt durch die unerwartete Schimpfkanonade trat ich aus meinem Büro und sah gerade noch, wie Brock eine eindeutige Handbewegung machte, bevor der Sicherheitsbeamte ihn beim Arm packte und energisch zum Ausgang dirigierte.
Nachdem der letzte Buchstabe im Alphabet aufgerufen worden war, atmete der verbleibende Rest der Belegschaft hörbar auf. Unsere Erleichterung hatte allerdings einen bitteren Beigeschmack. Meine Gefühle jedenfalls waren zwiespältig. Ich fühlte mich denjenigen gegenüber irgendwie schuldig, die weniger Glück gehabt hatten. Etliche der Kollegen, die ihren Job behalten hatten, waren verstört. Ich empfand es als leitender Angestellter als meine Pflicht, ihnen beizustehen. Also ging ich von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz und redete aufmunternd auf sie ein.
Während ich noch mit den Kollegen sprach, trat Miriam Scott aus Jessicas Büro und rief Mark Lloyd auf. Als ich seinen Namen hörte, verstummte ich abrupt und beobachtete entsetzt, wie Mark stoisch in Jessicas Büro stapfte. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, doch ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass nur zwanzig Minuten vergangen waren, bis Mark wieder auf den Korridor hinaustrat.
Er lächelte, was ich vorerst als gutes Zeichen nahm. Allerdings erklärte es nicht, weshalb an seiner Seite ein Sicherheitsbeamter auftauchte. Gemeinsam marschierten sie zu Marks Büro. Wenige Minuten später tauchten sie wieder auf. Mark trug eine kleine Schachtel mit seinen Habseligkeiten unter dem Arm.
Um mich herum ertönte hektisches Raunen. »Sie sind mit den Kündigungen doch noch nicht durch!«, bemerkte eine Frau hinter mir atemlos.
»Doch nicht
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