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Lieblingsmomente: Roman

Lieblingsmomente: Roman

Titel: Lieblingsmomente: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Popescu
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könnte. Ich weiß nicht, wieso ich ihm nicht glauben wollte oder konnte.
    »Ja, du weißt ja, das liebe Geld.«
    Ich lache nervös, aber wenn ich jemanden mit diesen Floskeln nicht beeindrucken kann, dann ist es Marco. Er scheint zu merken, wie unangenehm mir das alles ist, und wechselt freundlicherweise das Thema.
    »Nun, was hältst du davon, wenn du mir deine Fotos dann mal zeigst?«
    »Es wäre mir eine Ehre. Wann hast du Zeit?«
    Er blättert in einem Kalender, wie ich zu hören meine. Ich warte. Marco ist gefragt, beliebt, kaum anzunehmen, dass er einfach so für eine erfolglose Kollegin Zeit haben könnte, um sich deren Bilder anzusehen.
    »Ich bin im Moment tatsächlich gut ausgebucht, aber vielleicht könntest du mir einen kleinen Gefallen tun?«
    »Sicher. Welchen?«
    »Das ist jetzt etwas spontan, aber … Ich bin heute Abend zu einem Konzert von Volkan, einem Freund von mir, eingeladen. Und siehe da – ich habe keine Begleitung. Wie klingt das?«
    »Das klingt gut. Wenn du willst, hast du hiermit eine Begleitung.«
    »Perfekt. Du bringst deine Fotos mit, wir gehen um acht im I love Sushi was essen und dann auf das Konzert.«
    Und somit ist das ausgemacht. Ich vergesse zu fragen, was für ein Konzert das sein wird und ob ich mich in eine schicke Robe werfen soll. Bei Marco kann »ein Konzert« so ziemlich alles von New Age in einem ehemaligen Fabrikgebäude, Rock in einer Arena, bis hin zur Klassik in der Staatsoper bedeuten. Er ist Künstler durch und durch, offen für alles. Bloß was ziehe ich an? Turnschuhe oder Abendkleid? Ich werde im Notfall Beccie um modischen Beistand bitten. Das kann nur gut gehen. Oder unendlich schief.

Beccie sieht sich die Bilder an. Wir sitzen auf den warmen Treppen am Kleinen Schlossplatz und haben ein Sandwich und ein kühles Getränk neben uns stehen. Wir genießen die Sonne und fallen unter all den anderen Leuten, die hier plaudern oder in der Mittagspause ein bisschen Tageslicht tanken, gar nicht auf. Während sich Beccie ein Foto nach dem anderen ansieht, beobachte ich ihren Gesichtsausdruck und muss wieder einmal feststellen, dass sie blendend aussieht. So frisch und erholt, als wäre nicht ich, sondern sie die letzte Woche zum Entspannen an den Bodensee verschwunden.
    »Die sind ja richtig gut.«
    Sie klingt so überrascht, dass ich fast schon ein bisschen gekränkt bin.
    »Ich verliebe mich gerade in meine eigene Heimatstadt. Wahnsinn.«
    »Danke.«
    »Also das hier … ist wunderschön. Ich bin echt stolz auf dich. Wann hast du die gemacht?«
    »Gestern. Ich bin einfach losgezogen und habe sie geschossen. Mir war danach.«
    Das ist keine Lüge. Mir war wirklich danach. Trotzdem bin ich noch nicht bereit zuzugeben, dass bei dieser Entscheidung ein gewisser Herr Wolf nicht gänzlich unbeteiligt war.
    Beccie nimmt die Sonnenbrille ab und betrachtet mich einen Moment eingehend.
    »Habe ich was verpasst?«
    »Wieso?«
    »Du bist eine Woche lang weg, einfach so, mit Oliver. Du kommst zurück, strahlst und bist voller Elan … Das klingt für mich nach jeder Menge Sex. Phänomenalem Sex.«
    Wenn sie wüsste, wo ich die gestrige Nacht verbracht habe, sie wäre überrascht. Ich grinse also nur und werde nicht zugeben, dass die meisten dieser Fotos Trotzreaktionen sind.
    »Süße, die Dinger hier sind Welten besser als diese Partyfotos. Und ich finde die ja schon nicht übel.«
    »Danke.«
    »Was machst du jetzt mit ihnen?«
    Sie reicht mir den Stapel zurück. Auf die Frage habe ich noch keine Antwort. Beccie war mein Testpublikum, aber Marco wird mir schon sagen, ob und wozu sie taugen. Er kann am besten einschätzen, wie gut sie wirklich sind – im Vergleich zu allen guten Fotos dieser Welt. Bevor ich damit die Welt erobern und meinem Traum wieder einen festen Platz in meinem Leben zugestehen kann, muss ich wissen, wie weit ich mit meiner eigenen Einschätzung von der Realität entfernt bin. Vielleicht bin ich ja nicht von meinen Bildern, sondern bloß von der wiederentdeckten Leidenschaft begeistert.
    »Was meinst du? Was soll ich damit machen?«
    Ich muss Zeit schinden.
    »Na, die werden doch wohl einen Platz finden, an dem die Leute sie bestaunen können, oder willst du sie in deiner Schublade einsperren?«
    Oder auf meinem Computer, im dem Ordner direkt neben dem Papierkorb.
    »Ich weiß nicht. Ich dachte, ich mache das, um wieder warm zu werden. Stuttgart ist dafür ein guter Anfang. Und wenn das gut klappt, dann packe ich meine Kamera, meine Stative und

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