Lieblingsmomente: Roman
sind ein unglaublich süßes Paar. Wenn sie berühmt wären, dann würde niemand mehr über David und Victoria Beckham sprechen, die könnten dann getrost einpacken. Da lande ich mit einem Mal hart auf dem Boden der Tatsachen. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde glauben, dass Tristan Helen betrogen oder vielleicht sogar verlassen hätte, wenn ich mich am Palast anders entschieden hätte? Wenn ich die beiden sehe, sehe ich Liebe. Für Layla ist da kein Platz.
Ich schließe die Seite wieder und versuche, meine Konzentration erneut auf das Wesentliche zu richten: die Fotografie. Zwischen mir und Tristan wird niemals die Grenze von der Freundschaft zur Liaison überschritten werden. Trotzdem ist es mit Tristan mehr als eine normale Freundschaft. Auch wenn wir uns gerade nicht sehen, habe ich ihm die Bilder vor mir zu verdanken. Deswegen werde ich ihm einfach eine neue Rolle zuteilen. Eine sehr egoistische Rolle: Er ist von nun an meine Muse. Ich kann ihn anhimmeln und mich von ihm zu neuen Höchstleistungen anspornen lassen, ohne ihm und Helen gefährlich zu werden. Wieso sollte nur Lagerfeld das Recht haben, sich mit schönen Menschen zu umgeben, um von ihnen die Inspiration für neue Werke zu erhalten? Mir steht dieses Recht als Künstlerin ebenso zu. Und deswegen wird Tristan jetzt meine Muse. Seine Worte, seine Anregungen werden mich führen, sie werden mich wieder in die Nähe meines Traumes bringen. Mit seiner Hilfe habe ich wieder die Kraft, meiner Leidenschaft nachzugehen.
Solange sich meine Muse allerdings in Frankreich vor mir versteckt, brauche ich jemanden anderen, der mir ordentliches Feedback zu meiner Arbeit gibt: Marco.
Ich schnappe mir das Telefon und rufe meinen alten Freund an. Ebenfalls ein Fotograf. Ich kenne ihn schon seit einer halben Ewigkeit und auch gut genug, um zu wissen, dass er sein morgendliches Yoga bereits hinter sich gebracht hat. Bestimmt ist er um diese Uhrzeit auch ansprechbar.
Seine Nummer ist noch immer in meinem Gedächtnis gespeichert. Ich tippe sie, ohne nachdenken zu müssen, und warte dann. Früher sind wir fast jedes Wochenende gemeinsam um die Häuser gezogen und haben nicht nur ein spontanes Shooting veranstaltet, dann habe ich Oliver kennengelernt, und mein lieber Freund Marco ist der anfänglichen Verliebtheit zum Opfer gefallen.
»Marco Zorelli, hallo?«
»Hallo, Marco! Ich bin es, Layla.«
Inständig hoffe ich, dass er noch weiß, wer ich bin. Die Erinnerungen an unsere gemeinsamen Fotosessions sind noch lebhaft in meinem Bewusstsein vorhanden. Vor allem das, bei dem wir um fünf Uhr morgens nach einer durchtanzten Nacht auf dem Dach eines Parkhauses die ersten Sonnenstrahlen einfangen wollten. Was, wenn er mich aber vergessen hat?
»Layla Desio?«
»Genau die.«
»Layla Desio, die mir vor über vier Jahren versprochen hat, mir ihre neuen Fotos zu schicken, sobald sie endlich wieder die Muse geküsst hat?«
Tatsächlich habe ich das. Aber dass es schon so lange zurückliegt, war mir nicht mehr bewusst.
»Ja, gut Ding will Weile haben, oder etwa nicht? Die Muse hat sich ein bisschen Zeit gelassen, aber das Warten hat sich gelohnt.«
»Dann müssen die Bilder aber verdammt gut geworden sein.«
Und sofort fühlt es sich mit ihm wieder so an, als hätten wir uns gestern erst gesehen und bei einem Kaffee über Gott und die Welt unterhalten.
Ich höre, wie er sich eine Zigarette anzündet.
»Marco, wolltest du nicht schon vor Jahren mit dem Rauchen aufhören?«
»Sicher, aber dann hat mich die verzweifelte Warterei auf deine Bilder erneut in die Nikotinsucht getrieben.«
Und wie damals bringt er mich auch heute innerhalb von weniger als einer Minute zum Lachen.
»Schuldig im Sinne der Anklage. Aber du kannst jetzt wieder aufhören, weil ich wieder ein paar Fotos habe, die ich dir gerne zeigen würde. Das Warten hat ein Ende.«
»Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mir nicht immer mal wieder deine Fotos angesehen habe, die du in der Zwischenzeit so gemacht hast, oder? Interessanter Genrewechsel übrigens.«
Es klingt nicht wie ein Vorwurf. Es ist nur eine Feststellung. Marco kannte mich und meine Arbeiten nun mal einfach, bevor ich mich auf das Fotografieren von Events beschränkt habe. Er war eine Person, die immer große Pläne hatte und noch immer hat. Er war es, der mich damals für den Fotopreis angemeldet hat. Seine Bilder wurden damals schon in ganz Deutschland ausgestellt, und er hat mich oft spüren lassen, dass auch ich diesen Weg gehen
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