Lieblingsstücke
Anweisungen gewöhnt.
Bevor er sich auf den Weg macht, nimmt er Iris in seine Arme und sagt bedeutungsvoll: »Wir sprechen uns noch. Wir zwei. Bis bald, Iris.«
Iris will gar nicht mehr raus aus den Armen meines Vaters. Die tut ja gerade so, als müsste sie sich jetzt und
hier von ihrer großen Liebe für immer verabschieden. Die Szene hat was von Casablanca. Ich würde zu gerne wissen, wie mein Vater das in der Kürze der Zeit angestellt hat und vor allem, warum diese Methode bei meiner Mutter offensichtlich keine Wirkung mehr zeigt. Mein Vater ist augenscheinlich ein wahrer Womanizer. Das hätte ich nie für möglich gehalten.
»Iris, jetzt komm halt«, werde ich ein bisschen ungeduldig. Widerwillig löst sie sich aus der Umarmung, ich drücke meinem Vater die Päckchen in die Hand, und er trollt sich.
»Was war denn das jetzt?«, will ich, kaum hat mein Vater die Tür zugeschlagen, von Iris wissen.
»Er ist wunderbar. So verständnisvoll. Ich habe mit ihm über Fritz gesprochen und meine Probleme, und endlich hat mir mal einer zugehört.«
Ich will den Mythos meines Vaters nicht abrupt zerstören, aber ich bin sicher, er hätte Iris auch zugehört, wenn sie über Windeln oder Badezimmerkacheln referiert hätte. Bei ihrem Aussehen lag die Faszination sicherlich weniger in der Thematik. Iris ist der Typ Frau, bei dem Männer kaum fassen können, dass diese Frau sich überhaupt mit ihnen abgibt. Eine Egobalsamfrau.
»Andrea«, bricht es aus ihr heraus, »ich habe ein Problem. Du erinnerst dich vielleicht, ganz zu Anfang habe ich dir mal so ein Wickelkleid gebracht. Dieses komische Grüne mit dem Türkis.«
In mir steigt leise Panik auf. Das grüne Wickelkleid, wenn sie wüsste, wie gut ich mich daran erinnern kann und vor allem, wie nah uns dieses Kleid im Moment ist. Es hängt in meinem Kleiderschrank genau zwei Stockwerke über uns.
»Ja, dunkel erinnere ich mich, war das nicht so ein, ein Fürstenberg-Teil?«, mime ich die Ahnungslose.
»Genau«, seufzt sie, »und dummerweise erinnert sich auch der Fritz an das Kleid, und er will, dass ich es am Wochenende zu einer großen Party trage.«
Noch ist mir das Problem nicht ganz klar. »Ja, aber du hast es doch verkauft«, entgegne ich.
»Eben, das ist ja das Problem. Der Fritz weiß doch nicht, dass ich viele von den Sachen verkaufe. Da wäre der voll sauer. Das mache ich doch nur, weil, bitte sag das keinem weiter, weil der mich ansonsten ganz schön knapp hält.«
Da tun sich ja Abgründe auf. Ich dachte immer, Iris hätte so viel Geld, dass sie gar nicht wüsste, wohin damit.
»Ich verstehe nicht ganz. Ich dachte, der Fritz hat viel Geld?«, versuche ich die Angelegenheit zu klären.
»Ja, doch schon, wenn Publikum dabei ist«, antwortet sie verlegen, »aber eigentlich ist der Fritz total geizig. Nur beim Einkaufen kehrt der den großen Max raus. Ansonsten muss ich mit zweihundert Euro in der Woche auskommen. Und so einer wie der Fritz hat ja keine Ahnung, was eine ordentliche Maniküre und der ganze Kram kosten. Und das Essen muss ich davon auch bezahlen. Deshalb verkaufe ich immer ein bisschen was. Dann komme ich super zurecht.«
Was für ein Arschloch, einen auf dicke Hose machen, wenn andere hingucken, und ansonsten ein Geizhals sein. Ich fand Fritz in Iris’ Schilderungen nie besonders sympathisch, aber erst jetzt erkenne ich die volle Tragweite. Fritz ist ein richtiger Kotzbrocken.
»Dann sag ihm doch die Wahrheit, dass du das Kleid nicht mehr hast. Du kannst ja behaupten, du hättest es verloren«, mache ich ihr einen ersten Lösungsvorschlag.
»Wo soll ich denn ein Kleid verloren haben? Dafür
müsste ich es ja ausgezogen haben, und was er dazu sagen würde, will ich mir gar nicht vorstellen«, jammert sie.
Stimmt, Kleider verliert man eher selten.
»Du hast doch genug von den Wickeldingern, zieh doch ein anderes an. Das merkt der sicher gar nicht«, suche ich weiter nach einer eleganten Lösung.
Christoph jedenfalls würde keinen Unterschied merken. Vielleicht mal kurz stutzen und fragen, ob das nicht eine andere Farbe hatte, aber wenn ich sagen würde, dass das schon immer so war, würde er es schlucken.
»Da kennst du meinen Fritz aber schlecht«, sagt Iris, »was mein Aussehen angeht und meine Klamotten, da ist der so was von aufmerksam. Kann man leider ansonsten nicht behaupten.«
So langsam keimt in mir die Frage auf, warum man bei einem Mann wie Fritz bleibt. Das klingt ja alles ziemlich gruselig. Aber eine Scheidung wegen
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