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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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alles in der Welt treiben die sich rum?
    »Und Claudia, ist die da?«, starte ich einen letzten Versuch, jemanden über zehn ans Telefon zu bekommen. Wieder ein: »Nein.«
    »Bist du etwa allein?«, werde ich nun so langsam doch ein wenig nervös.
    »Ja.« Endlich ein Ja, aber ausgerechnet auf die Frage, bei der mir ein Nein bedeutend lieber gewesen wäre.
    »Aber Mark, wo sind die denn alle hin?«, frage ich meinen Sohn.
    »Weiß ich nicht. Mal kurz weg.« Geschwätzig kann man den wirklich nicht nennen.
    »Kommen die denn bald wieder?«, bohre ich nach.
    »Weiß nicht.« Ahnungslosigkeit und Wortkargheit hat einen Namen: Mark.
    »Die haben sich doch wohl nicht in Luft aufgelöst, oder?«, rede ich auf meinen Sohn ein. Wenn er jetzt wieder
»Ich weiß nicht« sagt, weiß ich immerhin Eines, nämlich dass er mir kein bisschen zuhört. Tatsächlich: »Ich weiß nicht.«
    »Kannst du auch noch was anderes sagen?«, beschwöre ich diese menschliche Bandansage.
    »Hey, Sie da in der Eck, mer derf hier net telefonieren«, herrscht mich eine ältere Frau an. »Weiß ich, aber es ist dringend.« Ich versuche, nett zu bleiben.
    »Wesche der Strahlung!«, blafft sie weiter.
    »Ist ja gut«, sage ich, und zu Mark, »sag dem Papa, ich komme ein bisschen später. Ich hoffe, ich schaffe es rechtzeitig. Er soll sich melden. Ich muss Schluss machen.«
    Meine Güte. Die Frau hat sich so aufgeregt, als hätte ich in einem Cockpit während der Landung telefoniert. Hier auf dem Gang sehe ich weit und breit auch keine Herz-Lungen-Maschine. Manchmal wäre es schön, die Leute würden sich einfach nur um ihren eigenen Scheiß kümmern. Obwohl ich auch manchmal solche erzieherischen Anwandlungen habe.
    Ich mag es zum Beispiel nicht, wenn man an der Tankstelle telefoniert. Ich habe mal gehört, dass da die Zapfsäulen in die Luft fliegen können. Das hat weniger mit der Strahlung zu tun, sondern angeblich mit Funken, die entstehen können, wenn das Handy hinfällt. Habe neulich mal meinen netten Tankwart gefragt. Der hat gemeint, dass das mit den modernen Handys nicht mehr passieren kann. Beruhigend. Allerdings, weiß ich genau, ob nicht irgendjemand noch ein altes Modell benutzt?
    »Mache Sie des ma ganz aus, Ihr Handy, wesche der Sicherheit, isch hab en Herzschrittmascher!«
    »Frau Schnidt«, ruft es da aus dem Behandlungsraum. »Können Sie eben mal kommen?«
    Als ich den Raum betrete, zucke ich zusammen. Es gibt Zufälle, die sind unglaublich. Ausgerechnet der Mett-Mischi steht vor mir. Sieht für seine Verhältnisse sogar nicht mal schlecht aus.
    »Na, Andrea, Überraschung! Ich bin’s. Wie geht’s denn so?«, begrüßt er mich.
    »An sich gut. Aber was machst du denn hier?«, antworte ich.
    »Du wirst dich doch erinnern, Andrea. Ich bin Arzt. Das hier ist mein natürlicher Lebensraum«, lacht er doof.
    »Ich erinnere mich, Mischi. Ich leide nämlich noch nicht an Alzheimer«, pariere ich die kleine Spitze und das dämliche Gelache.
    »Ich meine nur, du hast doch in Höchst gearbeitet!«
    Der Mann verfolgt mich. Kaum betrete ich ein Krankenhaus, ist auch schon Mett-Mischi da. Als gäbe es weltweit nur einen Arzt.
    »Ich habe gewechselt. Die Manu auch. Wir sind beide jetzt hier in der Notaufnahme.«
    Manu ist die nahezu minderjährige Krankenschwester, für die er Sabine, meine Freundin, hat sitzen lassen.
    »Prima, freut mich für euch. Ist bestimmt interessant«, versuche ich normale Konversation zu machen. Ich bin wirklich froh, dass ich nicht die Patientin bin. Das hätte mir gerade noch gefehlt. Mit einem Karpfenmäulchen vor Mett-Mischi zu sitzen.
    »Was ist jetzt mit Annabelle?«, lenke ich das Gespräch mal auf das wirklich Wichtige.
    »Ich habe ihr was gespritzt. Valium. Die dämmert da drüben vor sich hin.«
    Tatsächlich. Da liegt sie. Und sieht sehr zufrieden aus. Entspannt und glücklich.
    »Kann ich sie mitnehmen? Ist jetzt alles okay?«, erkundige ich mich. »Mal langsam, Andrea, die ist jetzt ein bisschen lahmgelegt. Bleibt einfach noch ein Stündchen zur Beobachtung hier, danach soll sie sich zu Hause ausruhen«, gibt er mir Anweisungen.
    »Das ist jetzt ungünstig«, wage ich einen kleinen Widerspruch. »Ich habe es total eilig, der Christoph muss zum Flughafen, und ich habe versprochen, ihn zu fahren.«
    »Das hättet ihr euch mal überlegen sollen, bevor ihr diesen Quatsch veranstaltet habt. Jetzt geht es erst mal um die Gesundheit deiner Freundin. Es gibt ja schließlich auch Taxis!«, wird er ein bisschen

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