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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Winter
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einfach genommen hatte, was ich wollte: Ebendieses Zimmer. Wie kam Felix dazu, so mit mir zu sprechen? Was hatte ich ihm jemals getan? Ich zwang mich zur Diplomatie. „Okay, du kannst mich nicht leiden. Ich finde dich gerade auch nicht besonders sympathisch. Aber wir beide befinden uns in einer ähnlichen Situation: Wir brauchen eine Unterkunft, also könnten wir uns doch genauso gut arrangieren.“
    „Nein.“
    „Wieso denn nicht , verdammt noch mal?“
    „Weil ich zuerst hier war. Es ist mein Zimmer, ich zahle Miete dafür. Du hast kein Recht, dich hier einzunisten!“
    „Okay.“ Ich atmete tief ein und zwang die folgenden Worte aus mir heraus: „Wahrscheinlich stimmt das.“
    Felix sah mich abwartend an.
    „Ich hatte das so auch nicht vor. Ich wollte mit dir reden und dir meine Situation erklären, aber du warst ja nicht mal dazu bereit.“ Ich merkte selbst, wie ich wieder in Richtung Vorwürfe abdriftete und erinnerte mich an einen Artikel, den ich während meines zweisemestrigen Psychologiestudiums gelesen hatte: Konstruktives Streiten. Da hatte drin gestanden, dass man immer von sich selbst ausgehen, dem anderen die eigene Sicht näher bringen und Vorwürfe vermeiden sollte. „Ich weiß, du hast Daniel und mich vorhin auf dem Flur gehört und weißt, was passiert ist. Mein Freund hat sich von mir getrennt und deshalb bin ich aus seiner Wohnung ausgezogen. Natürlich könnte ich mir ein Hotelzimmer nehmen, aber ich will ganz einfach nicht allein sein.“
    Felix’ Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. „Siehst du, hier ist der Unterschied zwischen uns beiden: Ich wäre gern allein, aber da ich momentan arbeitslos bin, kann ich mir kein Hotelzimmer leisten.“
    „Warum suchst du dir nicht einfach einen Job?“, rutschte es mir heraus.
    Felix’ Miene sagte mir, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte. Sein Blick wurde eiskalt. „Ich kann dich nicht loswerden, soviel ist mir klar. Wahrscheinlich würdest du mich noch anzeigen, wenn ich dich mit Gewalt vor die Tür setzen würde.“
    Das hätte ich nicht. Trotzdem wäre es eine hässliche Angelegenheit geworden, da ich mich mit aller Kraft gewehrt hätte. Also begrüßte ich seine Einstellung. Egal, ob sie durch falsche Schlussfolgerungen zustande gekommen war.
    „ Ich muss dich also dulden“, fuhr er fort. „Aber dann halt wenigstens die Klappe und texte mich nicht mit deinen Pseudo-Problemchen zu. Die sind nicht so interessant wie du denkst.“ Er drehte mir demonstrativ den Rücken zu.
    Ich ballte die Hände, lockerte sie und ballte sie abermals. Eine weitere Erinnerung drängte sich in mein Bewusstsein. Nämlich daran, wie Daniel mich schon in der Schule gewarnt hatte, dass Felix extrem launisch sein konnte. Aber von einem derartigen Verhalten war ich nie Zeuge geworden. Schade eigentlich. Hätte ich schon damals die Seite, die er mir heute präsentierte, an ihm kennengelernt, hätte ich zumindest nicht so lange für ihn geschwärmt. Was für eine Zeitverschwendung.
    Ich warf seinem Rücken einen letzten Blick zu, dann wandte ich mich ab. Wenn Felix glaubte, mich mit solchem Verhalten aus seinem Zimmer ekeln zu können, hatte er sich so was von getäuscht.
     
     
    Kapitel 2
     
    Bis zum Nachmittag schlug ich die Zeit mit Lesen tot. Schon nach einer Stunde waren meine Augen müde und es fiel mir schwer, mich zu konzentrieren. Es handelte es sich bei dem von mir ausgewählten Buch auch noch um einen trockenen Schinken über Designgeschichte. Der leider im Internet hoch gelobt und als „Pflichtlektüre“ für jeden Design-Studenten gehandelt wurde. Also hatte ich mir das Buch vor einigen Tagen gekauft, um mich selbst zu testen. Wenn ich es über mich brachte, es zu lesen, würde ich mir selbst erlauben, mein neues Studium zu beginnen. Und ich hatte gestern Abend erfolgreich die erste Hälfte des 800-Seiten-Wälzers geschafft. Für mich der Beweis, dass ich dieses Studium wirklich wollte. Und der ausschlaggebende Punkt für die Entscheidung, die mich meine Beziehung gekostet hatte.
    Also zwang ich mich, weiter zu lesen. Ich schaffte noch zwei Stunden, dann kramte ich mein Notebook hervor und testete das WLAN von Daniels Wohnung. Es war passwortgeschützt. Ich verkniff mir einen Fluch und einen Seufzer, als ich wieder das Buch zur Hand nahm. Ich schaffte weitere zwei Stunden. Danach ging gar nichts mehr, denn plötzlich meldete mir mein Körper durch eine fiese Hungerattacke, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen

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