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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Winter
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deine Sachen morgen gegen Nachmittag. Ok?
    Oh oh, wenn da nicht mal wieder der Haussegen schiefhing.
    Kein Problem. Meld dich vorher einfach kurz, ich bin da.
    Ich legte das Handy beiseite und versuchte, eine bequemere Sitzposition auf dem Küchenstuhl zu finden.
    „Leon?“ Daniel schenkte mir Kaffee nach.
    „Nein, Elena. Hast du Milch?“
    „Hat er sich immer noch nicht gemeldet? Ich dachte, du trinkst deinen Kaffee schwarz.“
    „Nein, und ich habe nicht das Gefühl, dass er das noch tun wird. Ich trinke meinen Kaffee schwarz, wenn er schwarz genießbar ist.“
    Daniel holte eine volle Milchpackung aus dem Kühlschrank und stellte sie mir hin.
    „Elena und ihr Freund holen morgen meine restlichen Sachen aus Leons Wohnung. Kannst du das mit der Milch nicht machen? Ich hasse volle Packungen, da blubbt es immer so und danach hab ich den halben Kaffee auf dem Tisch.“
    „Kleinkind.“ Er nahm meine Tasse in die eine, die Milchpackung in die andere Hand und goss ganz langsam etwas M ilch in den Kaffee. Ganz ohne Blubb.
    „Wie hast du das gemacht?“
    „Das ist nicht schwer. Man braucht nur etwas Geduld. Die du nicht hast.“
    „Bist du immer noch sauer wegen Felix?“
    „Ich bin nicht sauer, nur besorgt.“
    Ich öffnete den Mund, doch Daniel kam mir zuvor: „Ich weiß, dass er erwachsen ist. Aber er ist auch stur. Und er kann nirgendwo hin.“
    „Dann muss er wohl zurückkommen und sich mit der Situation hier auseinandersetzen.“
    „Wie gesagt: Er ist stur.“
     
    Als ich gegen zwölf in mein Zimmer zurückkehrte um schlafen zu gehen, konnte ich d er Versuchung nicht widerstehen: Zuerst ging ich zu dem dunkelbraunen Holzkleiderschrank, an dem bereits der Lack abbröckelte. Ich zog die Türen auf und blickte auf leeren Stauraum. Eine Kleiderstange zog sich durch den Schrankkörper. Doch die mindestens zwanzig Bügel, die daran hingen, waren leer. Ich zog die dritte Tür des Kleiderschranks auf. Dieser Teil bestand aus Ablagefächern. Doch auch hier herrschte Leere, bis auf ein einziges Fach. Darin lagen zusammengeknüllte Kleidungsstücke, wahrscheinlich benutzte Wäsche.
    Unglaublich. Felix hätte ja auch erwähnen können, dass neunzig Prozent des Kleiderschrankes leer standen.
    Ich warf einen prüfenden Blick durchs Zimmer. Ein blauer Zipfel, der unter dem Bett hervorlugte, sprang mir ins Auge. Er gehörte zu einer großen, blauen Reisetasche.
    Ich warf einen prüfenden Blick zur geschlossenen Zimmertür. Von Felix dabei erwischt zu werden, wie ich in seinen Sachen schnüffelte, war das absolut letzte, worauf ich heute Abend Lust hatte. Doch bis auf die gedämpfte Musik, die aus Daniels Zimmer drang, war es in der Wohnung still.
    Ich zog die Reisetasche unter dem Bett hervor. Der Reißverschluss war offen. Ganz oben lagen unordentlich gefaltete T-Shirts, Pullover, Jeans und andere Kleidungsstücke. Ich hob sie vorsichtig an, um zu sehen, ob sich am Boden der Tasche noch etwas anderes befand. Fehlanzeige. Auch in den beiden Seitentaschen fand ich nur Socken und Unterwäsche. Die ganze Tasche war voller Kleidung. Keine Bücher, keine persönlichen Wertsachen. Gut, sein Handy und sein Portemonnaie trug er sicher in seiner Jacken- oder Hosentasche mit sich herum. Und ich meinte, gestern Abend auch einen i-Pod bei ihm gesehen zu haben. Der lag nicht auf dem Nachtisch, also hatte er ihn wahrscheinlich auch bei sich. Mein Blick fiel auf eine zerknitterte Zeitschrift, die hinter die Matratze gerutscht war. Ich schob die Reisetasche wieder unters Bett und angelte mir das Magazin. Schon einen Moment später warf ich es enttäuscht zurück aufs Bett. Men’s Health . Ging es noch trivialer? Warum nicht gleich die BILD?
    Ich trottete zu meinem Sofa zurück, packte die Kleidungsstapel, die ich ringsherum gebaut hatte und räumte einen nach dem anderen in den Kleiderschrank. Zuletzt hing ich meine Hosen und Röcke auf die Bügel. Zufrieden betrachtete ich mein Werk. Ich hörte Felix‘ Stimme schon in meinem Ohr, wenn er sah, dass ich den Kleiderschrank in Beschlag genommen hatte: „Ich nutze ihn zwar nicht, trotzdem ist es meiner. Schließlich war ich zuerst hier und sowieso zahle ich hier Miete.“ Oder so ähnlich.
    Ich sah auf die Uhr. Viertel vor eins. Ob Felix heute Nacht überhaupt heimkommen würde? Hatte Daniel mit seiner So rge vielleicht doch nicht ganz Unrecht? Ach was. Wahrscheinlich schlief er bei irgendeinem anderen Freund. Am besten blieb er gleich dort, dann wären alle Probleme gelöst.

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