Lied der Wale
sie ins Telefon. »Du bist das Letzte, weißt du das?! Wie kannst du es wagen ... Du hast mir versprochen, es nicht zu tun! Geoffrey, du hast es mir versprochen!«
»He, sachte, beruhig dich erst mal. Und falls ich dich korrigieren darf: Versprochen hab ich, dein kleines Geheimnis zu bewahren, so lange, bis wir den Beweis haben!«
»Welchen Beweis, wovon quatschst du?«
»Ich rede von deinen Walretter-Heinis und dem Beweis, dass sie Dreck am Stecken ...«
»Genau das haben sie nicht !«
»Haben sie doch! Und wie die’s haben, gepfropft mit acht Millionen Dollar! Nick hat saubere Arbeit geleistet.«
Leah wurde schwindlig, es fühlte sich an, als ob das Blut in ihren Adern durch Blei ersetzt wurde. Nick hatte doch das Konto überprüft und nichts gefunden außer hundert Miesen. »Gib mir Nick!«
»Leah, der ›Chronicle‹ kriegt ein Riesen-Package mit Anzeigen, und diese Rambo-Piraten kriegen endlich eins auf die Rübe. Darf ich fragen, warum du sauer auf mich bist?«
»Gib! Mir! NICK!«, fauchte sie ihn abermals an.
Sie hörte ihn den Hörer ablegen und nach Nick rufen, dessen Schilderung sie wenig später ungläubig verfolgte. Wie er auf das zweite Konto gestoßen war, auf dem acht Millionen gebunkert wurden. Sie hörte zu und wünschte, sie wäre taub.
»Leah, ich hab mich drauf verlassen, dass er dich anruft. Hab’s selbst stundenlang versucht, du bist nicht rangegangen!«
Irgendwann musste sie das Handy selbst abgeschaltet haben. Es lag jedenfalls am Boden und gab keinen Mucks mehr von sich. Sie konnte sich auch nicht erinnern, sich von Nick verabschiedetzu haben. Oder ihm gedankt zu haben. Für die saubere Arbeit, Nick. Auf die ich dich angesetzt hatte. Um den Mann meines Lebens zu vernichten. Den Mann meiner noch ungeträumten Träume.
Acht Millionen Dollar! Auf einem geheimen Konto. Sie verstand gar nichts mehr. Er jagte doch die Waljäger ... Vernichtete die Treibnetze ... Damit Noah, ihr Baby Noah, nicht darin verendete ... Und bunkerte Spendengelder?! Für acht Millionen hätte David wer weiß wie viele Schiffe einsetzen können.
Ihre Gedanken rasten hin und her. Es ist nicht wahr. Es ist wahr. Nick hatte es recherchiert. Sie hatte es ihm selbst beigebracht, das Recherchieren. Ihn nicht gebeten, es weiter zu tun, aber er hatte es getan. Wie es sich für einen guten Journalisten gehört. Immer der Wahrheit nach. Alles aufdecken, wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen.
K azuki hatte es bereits befürchtet. Seine Menschenkenntnis hatte ihn bislang nie im Stich gelassen. Vielleicht war das der Grund, weshalb FishGoods so groß werden konnte. Schon als er diese Cullin das erste Mal gesehen hatte, hatte er Zweifel, ob sie wirklich kooperieren würde. Geoffrey Wilbert war eine andere Kategorie Mensch, den konnte man klar in Dollars berechnen. Es hatte ihn daher nicht wirklich erstaunt, als Wilbert anrief und beichtete, er könne nicht garantieren, dass die »SeaSpirit« Dutch Harbour wirklich anlaufe. Er gehe nach wie vor davon aus, doch seien Komplikationen aufgetreten, über die er derzeit nicht sprechen könne. Kazuki konnte sich seinen Teil denken. Was soll’s. Wenn die Tanks leer waren, würden sie einen der Häfen anlaufen müssen. Wenn nicht Dutch Harbour, dann einen anderen im näheren Umkreis.
L eah holte tief Luft und betrat seine Kajüte.
»David, ich muss mit dir reden.«
Das Handtuch um die Hüften geschlungen, drehte er sich mit einem fragenden Lächeln um, doch die Mundwinkel rückten augenblicklich in die Ausgangsposition zurück, als er ihre geröteten Augen entdeckte. »Was ist passiert?«
»Setz dich, David. Bitte.«
David schlüpfte in die Hosen, zog sich ein T-Shirt über, dann folgte er ihrer Aufforderung. »Schieß los.« Seine Hand griff nach der ihren.
»Ihr werdet in Dutch Harbour erwartet. FishGoods erwartet euch. Ich hab euch verraten.«
Sie redete sich alles von der Seele: Geoffreys Vorschlag, ihre Recherche, wie sie sich nach dem Gespräch mit FishGoods den Zugang zum Boot erschwindelt hatte, einfach alles. Mit jedem Wort wurde David blasser. Wenn sie erwartet hatte, mit Vorwürfen bombardiert zu werden, so hatte sie sich getäuscht. Er sagte nichts. Keinen Ton.
»Ich wusste nicht, worauf ich mich eingelassen hatte, das war, bevor mir klar wurde, wie wichtig eure Arbeit ist. Wie sollte ich ahnen, dass wir beide ... dass zwischen uns jetzt ... Es tut mir so leid, ich wollte nur meinen Job machen.«
»Klar, alle machen nur ihren Job. Und du machst
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