Lied der Wale
verändern, Leah. Dafür musste gespart werden. Hätte David vom diesem Konto gewusst, hätte er es gleich dafür benutzt, um ...«
» Du hast das zweite Konto angelegt?«, fiel ihm Leah entgeistert ins Wort.
»Ich dachte, er hätte es dir erzählt. Ja, wer sonst?«
»Du meinst, er hatte keine Ahnung von dem Geld?«
»Hätte ich es verraten, wäre längst nichts mehr übrig. Er hätte es sinnlos verplempert, hier und da wieder ein Boot gerammt – wir erscheinen doch nur noch als Buhmänner. Was glaubst du, weshalb die vorhin beigedreht haben? Um zurück zu den Buckelwalen zu schippern. Und warum? Weil irgendein Walfänger in die Richtung fährt. Ich weiß, wie David tickt, er wird versuchen, sie zu rammen. Nach der Sache mit Ketan würde er die ›Hikari‹ doch am liebsten versenken, und wer muss dann wieder zu den Sponsoren kriechen, sie weichklopfen, damit ... Was ist mit dir?«
Leah stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. »Ein Walfänger steuert auf die Buckelwale zu? Um sie zu schießen?«
»Ich verstehe, was du denkst, aber wir können nicht überall sein, so werden wir die nie stoppen, was meinst du, wie die Presse darüber berichten wird? Aus unserem Haufen muss eine professionelle Organisation werden, ich denke sogar darüber nach, mich mit FishGoods vor laufenden Kameras an einen Tisch zu setzen. Das wird sicher mehr Walen und Delfinen das Leben retten als Davids idiotischer Aktionismus.«
Noah , schoss es Leah durch den Kopf. Das Waljunge war in Gefahr. Und David machte sich auf den Weg, um es zu retten. Und sie flog in die andere Richtung. Leah verfluchte sich selbst, so Hals über Kopf geflüchtet zu sein. Deshalb war er so abweisend gewesen. Er wusste, es würde gefährlich werden, und wollte sie so schnell wie möglich von Bord haben. Mit einem Mal verspürte sie Ekel vor dem Mann neben ihr.
»Steve, ich glaube, du kapierst gar nichts«, flüsterte sie.
Der zuckte nur mit den Schultern und lachte, als hätte sie einen guten Witz gemacht: »Das sagt David auch immer.«
Leah erkundigte sich sofort bei dem Piloten, ob eine Umkehr möglich wäre, doch der wies nur auf die Treibstoffanzeige und gab ihr zu verstehen, dass der Sprit dafür nicht reichen würde. Außerdem war er für den Rest des Tages schon ausgebucht.
W ir werden’s nicht schaffen.«
David warf einen Blick auf die Karte und konnte Joe nur recht geben. Neben dem Plan lagen ein paar lose Blätter, Ausdrucke ihrer eigenen Position, der Position der »Hikari« und jener der Buckelwale innerhalb der letzten drei Stunden. Man musste kein großer Navigator sein, um zu erkennen, dass die »SeaSpirit« keine Chance hatte, das Gebiet der Wale vor der »Hikari« zu erreichen.
»Was schlägst du vor?«
Joe schien in seinem Kopf bereits alles überschlagen zu haben. »Nicht mit der ›SeaSpirit‹, aber ...«
David fiel es wie Schuppen von den Augen. »Natürlich, mit den Schlauchbooten.«
»Wär zumindest ’ne Möglichkeit.« Joe grinste.
»Seh ich auch so.«
»Dann sollten wir keine Zeit verlieren.«
»Nicht du, Joe. Du setzt mit der ›SeaSpirit‹ nach. Wir brauchen den Kahn so schnell wie möglich zur Unterstützung.«
Joe hatte ohnehin gewusst, dass es darauf hinauslaufen würde. In seinem Alter gehörte man nicht mehr zur Kavallerie. Das hatte ohne Zweifel auch seine Vorteile, wenngleich es ihn doch immer wieder in den Fingern juckte.
»Nur Vorsicht. Die Jungs auf der ›Hikari‹ sind nicht gerade gut auf uns zu sprechen.«
Zehn Minuten später hatten Masao und Sam die beiden Zodiacs zu Wasser gelassen. Masao steuerte das eine, Sam teilte sich mit David den Platz im zweiten Boot. Allen war klar, dass es für sie nicht besonders vielversprechend aussah. Zwei mickrige Schlauchboote gegen ein Walfangschiff. Was konnten sie schon ausrichten? Doch David ließ keinen Zweifel daran, dass den Walen diesmal kein Leid zugefügt werden würde.
So rasten sie mit Höchstgeschwindigkeit davon. Masao preschte vor ihnen her, über das Funkgerät ständig mit Govind verbunden, der ihnen den richtigen Kurs durchgab. Sie hatten ausgerechnet, dass sie in zwei bis drei Stunden die »Hikari« erreichen würden. Die »SeaSpirit« dagegen würde mindestens eine Stunde länger brauchen, selbst wenn Joe die Kolben durch die Zylinderköpfe prügelte.
Während Sam das Boot steuerte, studierte David den Schiffsplan der »Hikari«, den sich Govind von einem japanischen Server runtergeladen hatte. Er war sich keinesfalls sicher, wie er
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