Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
Vom Netzwerk:
beiden, die sich in ihrem Inneren gerade ein erbittertes Gefecht lieferten, befahl ihr, den Computer nicht mehr anzurühren und den Raum auf der Stelle zu verlassen. Solange noch Zeit dazu war. Ihr Blick fiel abermals auf den Webbrowser. Vielleicht käme sie auf die Schnelle noch ein Stück weiter, wenn sie sah, auf welchen Seiten sich Steve bewegt hatte. Zumindest eine kleine Chance, flüsterte die weniger vernünftige Stimme.
    Leah entschied sich für die letztere und ließ den Mauszeiger auf den Zurück-Button wandern. Es erschien die Website von Fowlers. Die Seite davor gehörte zur Master-Bank of Santa Ana,auf der man sich mit seinen Kontodaten einloggen konnte. Das Feld, in dem die Kontonummer eingetragen wurde, war mit Sternchen ausgefüllt. Leider strahlten auch in dem Feld für das Passwort neun Sterne. Auf gut Glück klickte Leah auf den Button »Login«, um Zugang zu den Bankdaten zu erhalten. Wieder erschien ein Fensterchen, das sie aufforderte, Kontonummer und Passwort einzugeben.
    Leah lauschte, doch sie hörte keine Geräusche außer dem Summen des Lüfters. Sie würde es wagen.
    Die Kontonummer war ihr bekannt, sie tippte die Zahlenfolge ein: 181 818 181. Ein neunstelliges Passwort. Sie folgte ihrem ersten Gedanken: »SeaSpirit«.
    Das Fenster materialisierte sich erneut und verkündete: Zugriff verweigert. Bitte überprüfen Sie Kontonummer und Passwort.
    Leah löschte die Sternchen im Passwortfeld und überlegte kurz. Dann tippte sie eine neue Buchstabenfolge ein: T-R-E-I-B-N-E-T-Z.
    Fehlanzeige.
    Es handelte sich um ein Kreuzworträtsel für gehobene Ansprüche: ein Wort mit neun Buchstaben. Waagerecht. Kein einziger Buchstabe bekannt. L-A-N-G-L-E-I-N-E.
    Fehlanzeige.
    W-A-L-S-C-H-U-L-E.
    Leah sah ein, dass es nicht viel Sinn machte. Schließlich konnte Steve auch die auf der Hand liegende Kombination 1–2-X-F-Q-5-P-P-Z gewählt haben. Oder den Namen seiner liebsten Salamisorte. Sie dachte dennoch weiter angestrengt über sinnvolle Kombinationen nach, als sie Schritte auf dem Flur vernahm. Vergessen war die Suche nach dem Passwort. Mit zwei Klicks hatte sie wieder die Öl-Multi-Seite auf den Monitor gezaubert. Leider fehlte ihr zum Codeknackerdiplom noch ein wesentlicher Kurs in vorausschauender Sicherung des Fluchtwegs. Leah sahsich verzweifelt um: keines der Regale bot völligen Sichtschutz. Die Schritte verstummten. Dafür schwang die Tür auf. Leah griff nach dem letzten Strohhalm – der in diesem Fall eine Türklinke war, die zur Verbindungstür zum Funkraum gehörte. Sie hoffte inständig, dass sie nicht abgesperrt war. Dass auf der anderen Seite nicht dieselben Fragen warteten, die sie diesseits sicherlich beantworten musste, wenn sie sich nicht augenblicklich in Luft auflöste. Die Tür gab den Weg in den angrenzenden Raum frei. Halleluja. Leah schloss sie leise, als Steve den Computerraum betrat.
    Im Funkraum war es stockdunkel, nur durch die Fenster fiel ein wenig Mondlicht herein. Da sie gerade aus einem hell erleuchteten Raum geflüchtet war, konnte sie so gut wie nichts erkennen, ihre Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Sie wich zurück, stieß gegen den Tisch, und etwas ging zu Boden. Sie wusste nicht, was es war – sie wusste nur, dass Steve das Geräusch gehört haben musste.
    »Govind?«, hörte sie ihn fragen.
    Sie blinzelte rasch in der Hoffnung, ihre Augen zu ein wenig mehr Nachtsicht bewegen zu können. Zwar nahm sie eine Tür zum Gang wahr, musste jedoch verzweifelt feststellen, dass sie verschlossen war. Gebannt lauschte sie auf die Schritte im Computerraum. Leider sah sie immer noch nicht viel mehr, den Tisch, die Schränke – alles nur schwarze Quader. Verflucht, wohin mit ihr? Sie schnellte unter den Tisch.
    Mit einem Ruck wurde die Tür aufgerissen, und grelles Licht flutete in den Funkraum, den Steve augenblicklich betrat. Direkt vor ihm lag sie, die Taschenlampe, die Leah gerade zu Boden gestoßen hatte und die nun dem Wellengang folgend von einer Seite zur anderen rollte.
    Steve bückte sich nach ihr, hob sie auf – und verließ den Raum wieder. Offenbar war ihm die Lampe Erklärung genug, um das Zimmer nicht genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Doppeltes Uff – wenn das so weiterging, würde Leah mit einem Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde rechnen können, zumindest was die Höhe ihres Pulses anging, der gerade dabei war, die Rekordmarke von vorhin zu toppen. In ihrem Kopf hatte sie schon das Geräusch der Hubschrauberrotoren vernommen, die

Weitere Kostenlose Bücher