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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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sie, leider unverrichteter Dinge, auf schnellstem Wege von hier weggebracht hätten, hätte Steve nur einen weiteren Blick gewagt.
    Es dauerte endlose vierzig Minuten, dann verschwand der Lichtstreifen unter der Verbindungstür zwischen den beiden Räumen. Leah hörte, wie die Tür zum Computerraum ins Schloss fiel. Sie würde noch mindestens zwei Minuten warten, bevor sie ihren sicheren Platz aufgab. Als sie sich schließlich unter dem Tisch hervorquälte, musste sie feststellen, dass ihre Füße eingeschlafen waren.
    Leah bewegte die Zehen, um das Kribbeln loszuwerden. Sie horchte an der Verbindungstür, bevor sie behutsam die Klinke niederdrückte. Der Computerraum lag ebenfalls im Dunkeln. Leah schlich auf den Ausgang zu und presste das Ohr gegen das Holz der Tür.
    Stille auf der anderen Seite. Sie würde es wagen. Ebenso sachte wie zuvor drückte sie auch diese Klinke. Doch die Tür verwehrte ihr den Schritt in die Freiheit. Sie war gefangen.
    Leah widerstand sowohl dem ersten Impuls, an der Tür zu rütteln, als auch dem zweiten, stimmgewaltig auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen. Die Brücke lag auf der anderen Seite des Gangs, sodass auch weniger lautstarke Unmutsäußerungen unter Umständen zu einer Befreiung geführt hätten, ebenfalls von vielen unangenehmen Fragen begleitet. Leah drehte sich um. Wenn sie im Augenblick den Fragen ausweichen wollte, musste sie die Nacht hier verbringen. Keine sonderlich angenehme Vorstellung. Denn damit würde sie das Prozedere nur auf morgenvertagen. Also was tun? In die Außenwand waren zwei Bullaugen eingelassen. Trotz des fahlen Lichts erfasste Leah sofort, dass sie sich nicht öffnen ließen. Sie ging zurück in den Funkraum. Hier konnte sie durch drei Fenster nach draußen blicken. Die beiden, die nach Steuerbord zeigten, waren ebenfalls nicht zu öffnen.
    Allein das Fenster in Richtung Heck ließ sich nach oben schieben. Dazu musste Leah rechts und links zwei Arretierungshebel zur Seite bewegen, woraufhin es sich ohne Widerstand kippen ließ. Leah schob einen Plastikstuhl unter das Fenster, der den Ausstieg erleichtern sollte. Die Öffnung war eindeutig nicht als Notausgang konzipiert. Sie war gerade mal so groß, dass vielleicht ihr Sohn mit Leichtigkeit hindurchgekommen wäre, aber nicht Leah. Zudem hatten die Konstrukteure es völlig ignoriert, an der Außenseite entsprechende Halterungen anzubringen. Natürlich versuchte sie es trotzdem und schob sich ein Stück nach draußen, wobei schon ihre Schultern ein einfaches Hinausgleiten verhinderten. An ihren Hüften scheiterte sie jedoch endgültig. Der Gedanke, dass die Breite ihres Beckens dafür verantwortlich war und nicht irgendwelche Fettschichten, tröstete sie nur kurz. Denn der Weg zurück war ebenfalls versperrt. Keine Ahnung, welcher Witzbold eben ihre Schultern verbreitert hatte. Jedenfalls steckte sie fest.
    Was jetzt? Sie könnte um Hilfe rufen, McGregor würde ihr sicher gern unter die Arme greifen. Und ihr bei der Befreiungsaktion nebenbei gleich das Kreuz brechen. Oder sie in dieser Position verhören – bei wachsendem Auditorium. Es war der Gedanke an den Anblick, den sie aus der Perspektive des Funkraums den anderen am nächsten Morgen bieten würde, der ihr die nötige Kraft gab, sich wieder nach innen zu ziehen. Schönes Ergebnis: Jacke ruiniert, blaue Flecken und die Aussicht auf eine Nacht unter dem Tisch.
    Dort machte sie es sich so bequem, wie es einer – dummen –Gans in einem Hasenkäfig eben möglich war. Irgendwann gelang es ihr sogar, trotz des neuerlichen Kribbelns in ihren Beinen und der stechenden Schmerzen in ihren Schultern einzuschlafen. Als sie erwachte, stellte sie fest, dass sie immerhin für vier Minuten eingeschlummert war. Es würde sicher eine erholsame Nacht werden.
    D avid stand etwas ratlos vor dem Schrank in seiner Kabine, dessen Tür er soeben geöffnet hatte. Darin befand sich sein Schatz. Ungefähr dreihundert CDs.
    Er benötigte nicht viele Utensilien. Die Garderobe an Bord konnte man übersichtlich halten, Smoking und Cashmere-Anzüge waren eingemottet in der kleinen Wohnung in L. A., die er sich kurz nach dem finanziellen Crash geleistet hatte. Von seinen Besitztümern, die er im Laufe seiner Börsenkarriere angehäuft hatte, war nicht mehr übrig als das. Das Penthouse in Manhattan hatte er ebenso zu Geld gemacht wie die Oldtimer. O. k., dem dreißig Jahre alten Bentley trauerte er vielleicht ein wenig nach, aber alles andere fiel in die Kategorie

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