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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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behandelt worden. McGregors offensichtliche Gleichgültigkeit streute nur noch Salz in die immer noch klaffende Wunde, die er ihr an dem unsäglichen Abend damals zugefügt hatte. Sie war zu aufgewühlt, um zu schlafen, also zog sie sich an und beschloss, draußen so lange den Mond anzustarren, bis sie vor Müdigkeit umkippte.
    A uf dem Weg zu ihrem vom Wind geschützten Lieblingsplatz schlenderte Leah eher zufällig am Computerraum vorbei. Die Stimmen, die sie dort vernahm, schienen zu Govind und Steve zu gehören, die in eine Auseinandersetzung verstrickt waren. Angeblich hatte Steve erst jetzt begriffen, dass McGregor schon seit einer geraumen Weile auch Walfänger markierte, sofern er dazu in der Lage war. Govind fand es klasse und wollte schlafen gehen, Steve war strikt dagegen und wollte es auf der Stelle mit David ausdiskutieren. Als sie den Computerraum verließen und ihrer Wege gingen, bemerkte keiner von beiden Leah. Und ihr war sofort aufgefallen, dass Steve die Tür nicht verschlossen hatte. Das war ihre Chance, jetzt könnte es klappen. So wütend wie Steve war, würde der Streit mit McGregor sicherlich ein paar Minuten dauern. Durch den schmalen Spalt zwischen Tür und Rahmen schimmerte Licht.
    Entweder sie unterdrückte ihre Neugier und stieg die Treppehinauf oder ... Noch während sie diese Überlegung anstellte, öffnete Leah leise die Tür und kam sich im gleichen Moment reichlich leichtsinnig vor. Sie sah sich flüchtig im Raum um, alle Geräte waren ausgeschaltet – außer dem Internetrechner, und der hatte die gleiche Wirkung auf Leah wie Licht auf eine Motte. Mit einem letzten Blick vergewisserte sie sich, dass die Luft rein war, dann betrat sie den Raum, tunlichst darauf bedacht, kein Geräusch zu machen. Schwer abzuschätzen, wie viel Zeit sie haben würde, bevor Steve wieder auftauchte: viel bestimmt nicht.
    Der Bildschirm zeigte momentan die Seite eines bedeutenden internationalen Ölkonzerns. Wahrscheinlich das nächste Opfer einer Protestkampagne. Sie stellte sich an die Tastatur des Rechners – sich auf den Stuhl zu setzen erschien ihr zu riskant. Das Knie platzierte sie so, dass sie im Notfall den Netzschalter betätigen konnte. Ein erneuter provozierter Absturz des Rechners würde zwar auffällig wirken, doch weniger als geöffnete Programme, die vorhin noch geschlossen gewesen waren.
    Viel mehr als der Webbrowser interessierte Leah jedoch das Mail-Programm. Wenige Mausklicks später hatte sie den richtigen Button erwischt. Die gefürchtete Sanduhr flackerte über den Bildschirm, und Leah war kurz davor, einen Fluch auszustoßen, als die Uhr verschwand und sich das Fenster des Programms öffnete.
    Dem Frohlocken folgte die Enttäuschung. Der Ordner mit der Beschriftung »Posteingang« enthielt nur zwei Mails, der Ordner »Postausgang« keine einzige.
    Die erste Mail stammte von Sonya, acht Jahre, die der SeaSpirit-Bewegung mitteilen wollte, dass sie es ganz toll finde, dass sie die Wale schützten. Sie selbst habe auch ein Aquarium mit 34 Guppys und 3 Welsen.
    Die zweite war von dem elfjährigen Richard, der sich entschieden hatte, die Schule endgültig zu verlassen und sein Lebenlieber für den Kampf um das Leben der Wale einzusetzen. Wann er sich der Crew anschließen könnte, wollte er wissen, und ob er unbedingt die Einwilligung der Eltern vorzeigen musste oder ob es auch so gehen würde.
    Leah schmunzelte. Das war’s. Sie wollte schon das Programm schließen, als ihr Augenmerk auf »Gelöschte Objekte« fiel. Sie öffnete die Seite und entdeckte eine einzige Mitteilung. Deren Absender war offenbar die Marketing-Abteilung des Turnschuhkonzerns Fowlers. Leah blickte auf ihre Füße. Die Marke war nicht unbekannt. Der Abteilungsleiter, ein Mann namens Hendricks, schrieb, man bedanke sich für das informative Gespräch und habe sich für eine weitere Spende entschieden, Höhe wie im vergangenen Jahr, gleiche Bankverbindung.
    Leah schloss das Mailprogramm und gab das Kommando über den Bildschirm an den Webbrowser zurück. Ein Geräusch auf dem Gang ließ sie zusammenzucken. Kam da jemand den Flur entlang, oder war bloß irgendwo eine Tür zugefallen? Leah erstarrte zur Salzsäule, lauschte, doch sie konnte nichts weiter hören. Sie atmete tief durch. Noch hatte sie die Chance, ein wenig zu schnüffeln, und die sollte sie unbedingt wahrnehmen. Doch das Geräusch hatte ihren Puls auf Rekordjagd geschickt, und er war davon immer noch nicht zurückgekehrt. Die vernünftigere Stimme der

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