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Lied der Wale

Lied der Wale

Titel: Lied der Wale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Thomas
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Leahs Tür. Es war Steve, der gute Steve, der sich bei ihr für David entschuldigen wollte und hoffte, dass Leah Profi genug war, um über die Geschehnisse und den Kampf für die Wale so objektiv zu berichten, wie es die Sache verdiente. Dabei sei es ihm persönlich völlig egal, ob sie vom ›National Geographic‹ oder einem x-beliebigen anderen Blatt kam. Hauptsache, es werde über dieses wichtige Thema geschrieben, und darum wolle er Leah nochmals nachdrücklich bitten. David sei da leider etwas zu engstirnig, er werfe immer alle Dinge in einen Topf – die schlechten Erfahrungen hätten ihn zu sehr geprägt, das müsse man ihm nachsehen. Leahhatte mit ihrer Vermutung also gar nicht so verkehrt gelegen, was die Diskrepanzen zwischen den beiden anging.
    Plötzlich wusste sie nicht, ob sie nicht doch ein schlechtes Gewissen haben sollte bei so viel Offenheit. Die waren hier alle richtig nett zu ihr, mit einer Ausnahme. Was machst du nur, Leah: Versuchst, ihnen etwas anzuhängen, was keiner hier von dir vermuten würde, abgesehen von Mr Runter-vom-Schiff! Schäm dich. Aber nein, Job ist Job! Oder lag sie bei dem hier etwa falsch? Tat sie das? Mit diesen Grübeleien verbrachte sie den Rest des Nachmittags und den ganzen Abend.
    J oe drehte seine Dogwatch-Runde über das Schiff, während David am Ruder stand und seinen Gedanken nachhing, die immer wieder bei der verdammten Journalistin landeten. Kein Steve in Sicht, der ihm die Leviten las, und auch keine Leah, die ihn mit vorwurfsvollem Blick bedachte. Nur er und seine Gedanken.
    O. k., vielleicht war er zu weit gegangen. Vielleicht hätte er sich zumindest ihre Version anhören sollen. Diese Frau hatte wirklich Talent, die schlechten Seiten aus ihm herauszukitzeln! Er war davon ausgegangen, mit der Vergangenheit abgeschlossen zu haben. Von wegen. Seinen Job, sein Prestige zu verlieren, das war eine Erfahrung. Doch von der Presse zu Unrecht geschlachtet zu werden eine ganz andere. Und nun kam sie an Bord, Circe redux, kein Wunder, dass er annehmen musste, sie wolle ihn erneut den Löwen zum Fraß vorwerfen. Allerdings, wenn er es sich recht überlegte – die Frage nach der Motivation war nicht klar. Nur weil er ihr an dem Abend im Hotel einen Korb gegeben hatte? Das konnte es nicht sein. Andererseits: Warum sonst hatte sie ihn damals so auseinandergenommen? Investigativer Journalismus? Nein, da waren Emotionen im Spiel. Oder sah er jetzt schon Gespenster?
    Vielleicht kam sie tatsächlich hierher, um für seine Sache zu schreiben. Vielleicht tat er Ms Welche-Boulevardpresse-auch-immer einfach nur unrecht. Warum konnte er sich nicht gegen diese Gefühle wehren? Vielleicht hatte Steve recht, und er sollte sich ihr gegenüber nicht so verschließen.
    In diesem Moment kam Joe zurück.
    »Alles o. k.?«, erkundigte sich McGregor.
    »An Deck schon«, meinte Joe lakonisch.
    David drehte sich um und starrte den besten seiner Kumpels an. »Und wo nicht?«
    Joe antwortete nicht, das ganze Thema war ihm unangenehm, und er war sowieso ein Meister darin, immer den falschen Ton zu treffen.
    »Raus mit der Sprache, was ist los? Hat Marek die Tiefkühltruhe sabotiert?«
    Joe schaute ihn ernst an. »David, du kennst mich. Ich mach nicht gern große Worte, und auf Gefühlsduselei steh ich nicht.«
    »Aber?«
    »Nichts aber. Ich denke nur, die Cullin ist ganz in Ordnung. Du musst sie ja nicht küssen, und ... ach, vergiss es, du bist hier der Boss.«
    Jetzt fängt der auch noch an, offenbar hat Steve geplaudert. Petzen tut er also obendrein.
    Joe setzte sich auf einen Hocker und schwieg. David fragte sich, ob er an Bord inzwischen Tratschthema Nummer eins war, wenn sogar Joe sich an der Diskussion beteiligte.
    D en nächsten Tag begann Leah, wie sie den vorherigen beendet hatte: grübelnd. Erst ein ungewohntes Vibrieren des Schiffes riss sie aus ihren Gedanken – offenbar hatte es seine Geschwindigkeit verringert. Irgendetwas ging da draußen vor sich, und siekonnte nur hoffen, dass es nicht schon der Helikopter war, der kam, um sie wieder an Land zu bringen.
    Als sie das Deck erreichte, liefen die Dieselaggregate wieder auf halber Kraft, das Schiff wendete.
    McGregor stand am Ruder und steuerte, Masao und Steve ließen die Zodiacs ins Wasser.
    »Ich geh mit Sam ins zweite Boot«, gab Masao Steve zu verstehen.
    Leahs Blick wanderte zwischen den beiden Männern hin und her, doch die schienen sie überhaupt nicht wahrzunehmen. »Was ist passiert?«, fragte sie schließlich.
    »Govind

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