Lied des Schicksals
erleichtert, eine Reisebegleiterin zu haben, auch wenn sie zu stur war zuzugeben, dass sie sich Sorgen gemacht hatte. Schwester McIver nahm Madames offenkundige Verschrobenheiten ganz gelassen hin. Und so konnten Etty und Alistair sich sehr viel beruhigter verabschieden.
15
O bwohl Darcy ganz zufrieden war mit dem Lauf, den sein Leben nahm, gab es zwei Dinge, die ihn beunruhigten. Das erste war der Brief von Etty, der ihn bei seiner Rückkehr nach Riverview erwartet hatte. Was sie schrieb, versetzte ihm einen Stich ins Herz. War er ihr wirklich noch wichtig? Jedenfalls war ihr das Singen offenbar sehr viel wichtiger. Sie hatte nämlich nur über ihr Leben geschrieben, über ihre Träume und Wünsche und hatte ihn überhaupt nicht nach seinen Träumen und Wünschen gefragt. Und dass sie den Brief mit Liebe GrüÃe, deine Freundin Etty unterschrieben hatte, schien doch nur zu beweisen, dass er für sie nicht mehr als nur noch ein Freund war. Er wünschte, er könnte sie vergessen. Doch das gelang ihm nicht.
Sein anderes Problem war Dalkira. Sie beobachtete ihn ständig und schaffte es irgendwie immer wieder, genau da zu sein, wo er gerade war. Er glaubte zwar nicht, dass sie ihm nachspionierte, wenn er schwimmen ging, jedenfalls nicht mehr, nachdem er sie dringend davor gewarnt hatte. Doch ihr unverhohlenes Interesse an ihm machte ihn extrem nervös. Durch Ignorieren lieà sie sich nicht abschrecken. Nach ein paar Wochen war der Punkt erreicht, an dem er seiner Verärgerung Luft machen musste.
Er kam gerade vom Abtritt und stellte fest, dass sie in der Nähe herumlungerte. Herrgott noch mal, konnte er denn nicht mal ungestört seine Notdurft verrichten? Mit raschen Schritten ging er auf sie zu und packte sie grob am Arm.
»Warum verfolgst du mich ständig? Ich bin es satt, dich jedes Mal zu sehen, wenn ich mich nur umdrehe.«
Er spürte, wie sie zitterte, und hoffte, dass es aus Angst vor einer Bestrafung war, merkte jedoch sehr schnell, dass ein ganz anderes Gefühl sie zum Beben brachte. Als sie ihn ansah, leuchteten ihre Augen listig.
»Du Dalkira mögen?« Sie versuchte, sich an ihn zu schmiegen. Mit einem empörten Schrei stieà er sie von sich.
»Ich mag dich nicht. Du benimmst dich, oder die Missus schickt dich zurück. Dann musst du den alten Mann heiraten.«
Das Mädchen schmollte. »Dalkira nicht gehen zurück. Dalkira dein Frau sein.«
»Ich habe eine Frau. Ich will dich nicht.«
Doch auch damit konnte er sie nicht abschrecken, wie er gehofft hatte. Sie lächelte ihn erneut listig an. »Dein Frau nicht hier. Dalkira hier.«
Darcy wurde immer wütender. Am liebsten hätte er das Mädchen geschlagen, damit es endlich Vernunft annahm. Stattdessen lieà er es einfach stehen. Er wusste nicht, wie er das Problem lösen sollte. Er wollte die Angelegenheit weder seiner Mutter noch Nelson gegenüber erwähnen. Dass er so wütend geworden war, hing teilweise damit zusammen, dass er eine ungewollte Regung gespürt hatte, als sie versucht hatte, sich an ihn zu schmiegen. Obwohl er fast neunzehn war, hatte er noch nie mit einer Frau geschlafen.
Zu seinem Leidwesen stellte er fest, dass er viel zu oft darüber nachdachte, wie es wohl sein mochte, eine Frau zu haben, und dass das seinen Seelenfrieden störte. Er hatte immer geglaubt, dass Etty seine erste und einzige Frau sein würde. Obwohl er sich dafür hasste, begann er sich nun zu fragen, ob sie noch immer unschuldig war. Wie er gehört hatte, wurde in der Gesellschaft, der sie jetzt angehörte, kein so groÃer Wert auf Moral gelegt. Etty würde sich doch bestimmt nicht so sehr erniedrigen, dass sie sich einen Liebhaber nahm. Das sagte er sich jedenfalls, aber der Gedanke, dass sie es trotzdem tun könnte, tat ihm weh.
Als er an Louisa schrieb, um ihr von dem Brief zu erzählen, den er von Ernest Williams erhalten hatte, fragte er auch beiläufig, ob sie etwas Neues von Etty gehört hätte. Seit ihm der Gedanke gekommen war, dass Etty einen Liebhaber haben könnte, war er besessen davon, die Wahrheit zu erfahren, egal wie sie aussehen mochte. Aber er würde mindestens noch vier Wochen leiden müssen, bis er eine Antwort von Louisa erhielt.
Dalkira blieb weiterhin ein Stachel in seinem Fleisch, sodass er versuchte, so oft wie möglich vom Farmhaus entfernt zu arbeiten. Ihr Anblick verärgerte ihn, und er wollte sich
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