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Lied des Schicksals

Lied des Schicksals

Titel: Lied des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merice Briffa
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nicht konnte. Ein Schauder ergriff sie. Sie zog das Betttuch über Madames Gesicht. Dann ging sie leise hinaus, um Alistair zu sagen, dass das Ende gekommen war.
    Er kehrte mit ihr ins Schlafzimmer zurück und hob das Betttuch an, um die Aufgabe zu erfüllen, zu der Etty nicht in der Lage gewesen war. »Unsere liebe Madame. Jetzt hat sie ihren Frieden.«
    Dann legte er einen Arm um Etty. Sie schmiegte sich an ihn und drückte ihre Wange an seine. Merkwürdigerweise vergoss sie keine Tränen. Vielleicht weil sie alle schon so lange mit dem Tod von Madame gerechnet hatten.
    Â»Ich werde sie so sehr vermissen, Alistair. Sie ist mir sehr lieb geworden.«
    Â»Ich weiß, mein Schatz. Ich werde sie auch vermissen. Jetzt muss ich aber den Arzt holen gehen. Kann ich dich eine Weile allein lassen?«
    Â»Ja, ich komme schon zurecht. Ich muss Mama schreiben. Ich habe ihr versprechen müssen, ihr sofort Bescheid zu geben, damit sie zur Beerdigung kommen kann. Die Beisetzung müssen wir auch organisieren.«
    Â»Darum kümmern wir uns, wenn der Arzt den Totenschein ausgestellt hat.«
    Â»Den Totenschein ausstellen.« Wie gefühllos sich das anhörte, doch genau das würde der Arzt tun. Etty berührte sanft Madames Wange mit den Lippen, dann verließ sie hinter Alistair das Zimmer. Draußen nahmen sie sich noch einmal tröstend in die Arme, bevor Alistair davoneilte, um den Arzt zu holen.
    Ettys Eltern kamen beide zur Beisetzung nach Melbourne. Erst als ihre Mutter sie in die Arme nahm, fing Etty an zu weinen. Und als die Tränen einmal flossen, waren sie anscheinend nicht mehr zu stoppen. Furchtbare Schluchzer erschütterten ihren Körper. Sie wusste, dass ihre Mutter mit ihr weinte.
    Zum Begräbnis erschienen alle, die in Melbourne etwas mit der Oper zu tun hatten. Mr Boniface war auch da. Er hatte Tränen in den Augen und wurde von Alistair gestützt, der ihn über Madames Tod informiert hatte, sobald er den Arzt geholt hatte. Boney war zum Haus geeilt, um noch einmal das Gesicht der Frau zu sehen, die ihn sowohl amüsiert als auch fasziniert hatte.
    Â»Madame Marietta war die erstaunlichste Frau, die mir je begegnet ist. Sie hatte einen so scharfen und wissbegierigen Verstand wie ein Mann. Es hat mich immer wieder verblüfft, über wie viele Themen man sich mit ihr unterhalten konnte. Ich werde die liebenswürdige Dame sehr vermissen.«
    Wie es Madames Wunsch gewesen war, fand nur eine schlichte Trauerfeier am Grab statt, bei der ein Pfarrer die notwendigen Worte sprach.
    Â»Ich war nicht an Religion interessiert, solange ich am Leben war, und ich will die Religion auch nicht, wenn ich tot bin.«
    Diese oder ähnliche Worte hatte sie oft genug ausgesprochen, dass Alistair und Etty sich daran gebunden fühlten. Sie diskutierten lange mit dem ihnen unbekannten Pfarrer, der der Meinung war, dass es für die Seele der Dame besser wäre, wenn ein kompletter Gottesdienst mit Erlösungshymnen in der Kirche abgehalten würde. Als Etty schließlich erklärte, dass Madame dann vermutlich entrüstet aus dem Sarg steigen würde, erklärte sich der Mann unter missbilligendem Schnauben bereit, nur die notwendigen Worte am Grab zu sprechen.
    Erst als der Leichenschmaus vorbei war und alle Trauergäste Ettys Haus verlassen hatten, hatte sie Zeit, sich in aller Ruhe mit ihrer Mutter zusammenzusetzen. Diese nahm die linke Hand ihrer Tochter und hielt sie so, dass sie den Saphirring betrachten konnte.
    Â»Das ist ein sehr schöner Ring, mein Schatz. Ich glaube, den habe ich noch nie an dir gesehen.«
    Â»Das kannst du auch nicht, Mama. Ich hatte ihn abgenommen, als du Madame besucht hast.« Sie sah, dass ihre Mutter die Augenbrauen hochzog. Sie würde eine Erklärung von ihr verlangen.
    Â»Warum denn das? Ist das ein Verlobungsring?«
    Â»Alistair hat ihn mir geschenkt.«
    Â»Mein Schatz, du wirst ja ganz rot. Wie lange seid ihr denn schon verlobt? Warum hältst du etwas so Wichtiges vor deinen Eltern geheim?«
    Â»Weil wir nicht wirklich verliebt sind. Wir haben nur so getan, weil Benito Relia mir unangenehme Avancen gemacht hat.«
    Â»Ach so.« Einige Sekunden herrschte Schweigen. »Warum trägst du ihn dann immer noch wie einen Verlobungsring? Wollt ihr den Schein aufrechterhalten?«
    Â»Nein, Mama. Alistair wollte, dass ich den Ring behalte, und das ist der einzige Finger, an dem er passt. Müssen wir

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