Lied des Schicksals
fortreitest. Ich traue es Skink durchaus zu, dass er dir irgendwo an der StraÃe auflauert.«
Darcy beherzigte Ruans Warnung und war sehr wachsam, doch er erreichte Wellington ohne jeden Zwischenfall. Wenige Tage später kam er in Riverview an. Er ritt auf Midnight und führte Goonda am Zügel, froh, dass der Hengst und die Stute sich akzeptierten.
18
D as Jahr 1872 verging ohne bedeutsame Ereignisse auf Riverview, Langsdale und Narrabulla. Etty war in Europa, wo ihr Ruhm mit jedem Auftritt wuchs. Sie schrieb regelmäÃig ihrer Mutter, gelegentlich Louisa, Darcy jedoch nie.
Als Darcy nach seinem Besuch bei Etty in Melbourne nach Hause gekommen war, war er zunächst überrascht, doch sogleich erleichtert gewesen, dass Dalkira nicht länger für seine Mutter arbeitete. An ihrer Stelle war jetzt Yareas jüngere Schwester da. Er hatte seine Mutter, wie er hoffte, ganz beiläufig gefragt, was denn mit Dalkira passiert sei.
»Ich habe sie fortgeschickt. Ja, ich weiÃ, dass du mit ihr geschlafen hast. Nelson und ich haben keine Geheimnisse voreinander. Während du in Melbourne warst, ist deine Tante Anne mit ihrem Mann und ihrem ältesten Sohn Harry zu Besuch gekommen. Ich hab dir ja schon erzählt, wie sehr sich Anne darüber gefreut hat, dass Riverview wieder in Familienbesitz ist, obwohl wir gar keine Blutsverwandten sind. Dein Cousin Harry würde gerne hier arbeiten. Deshalb der Besuch. Er kommt im neuen Jahr wieder und wird dann hierbleiben.«
»Wie alt ist dieser Harry?«
»Er ist neunzehn, bereits ein Mann. Nelson glaubt, dass der Junge von seinem GroÃvater die Liebe zum Land geerbt hat. Er ist sehr froh, dass er zu uns kommt. Nelson braucht jemanden, der zuverlässig ist, wenn du die Stelle als Anwaltsgehilfe annimmst.«
»Ich verstehe. Aber was hat das alles mit Dalkira zu tun?«
»Anne hat vor Kurzem ihr Hausmädchen verloren und war beeindruckt von Dalkiras Fertigkeiten. Damit war für mich das Problem gelöst, was ich mit dem Mädchen machen soll. Ich verlasse mich darauf, mein Sohn, dass du dich von Yarea und Gilly fernhältst.«
Er schämte sich, dass seine Mutter wusste, dass er Dalkira benutzt hatte. Deshalb versicherte er ihr, sie brauche keine Angst zu haben, dass er den gleichen Fehler noch einmal machen werde. »Ein Mann ist ohnehin besser dran ohne eine Frau. Ich will jedenfalls keine in meinem Leben.«
»Höre ich da Verbitterung in deiner Stimme, Darcy? Wie war es eigentlich bei Etty? Du hast überhaupt noch nichts über deinen Besuch bei ihr erzählt.«
»Da gibt es nichts zu erzählen. Etty geht nach Italien. Ihr geht es einzig und allein um ihre Karriere.«
Drei Wochen später erhielt er den Brief, den Etty ihm nach seiner Abreise geschrieben hatte. Sie wollte also, dass er auf sie wartete. Dass er ihr ein Jahr gewährte, damit sie ihren Ehrgeiz befriedigen konnte. Er riss den Brief in Fetzen, bevor er ihn fortwarf. Wie hatte sie sich nur über die Leidenschaft hinwegsetzen können, die sie beide verzehrt hatte, um ihm zu erklären, dass sie vorhatte fortzugehen? Wenn er sie liebte, würde er bereit sein zu warten, schrieb sie. Ach ja! Wenn sie ihn liebte, hätte sie bereit sein sollen, in Australien zu bleiben.
Trotz seiner groÃen Verbitterung wünschte sich Darcy, dass das Jahr schnell vorbeigehen möge. Seine Gefühle schwankten zwischen Wut und Verlangen. Er wusste, er wäre der glücklichste Mann auf der Welt, wenn Etty zurückkäme und seine Frau würde. Doch seine Träume wurden immer wieder von nüchternen Ãberlegungen zerstört. Etty würde das Singen niemals aufgeben. Mittlerweile zweifelte er daran, ob sie je eine gemeinsame Zukunft haben würden. Er fürchtete die Nächte, in denen sein Verlangen nach Etty ihn quälte. Harte körperliche Arbeit, die dafür sorgte, dass er einschlief, sobald er sich ins Bett legte, erlöste ihn zeitweilig von diesen Qualen. Und er beschäftigte seinen Verstand, indem er immer wieder seine juristischen Bücher studierte.
Der Anwalt Ernest Williams, der langsam, aber stetig seine Kanzlei in Bendigo aufbaute, korrespondierte regelmäÃig mit Darcy, dem es Spaà machte, nach Lösungen für die juristischen Probleme zu suchen, die Williams ihm in seinen Briefen darlegte. Williams war sehr zufrieden mit ihm.
Sie haben einen guten juristischen Sachverstand, Winton. Ich
Weitere Kostenlose Bücher