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Lieder von Sternen und Schatten

Lieder von Sternen und Schatten

Titel: Lieder von Sternen und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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für Zeitausflüge verwendest. Ist das wahr, Keith?«
    Keith strich seinen Bart, wie immer, wenn er nervös oder nachdenklich war.
    »Ja«, sagte er.
    »Und das ist der einzige Gebrauch, der von diesem Chronin je gemacht worden ist?« sagte Winters. Seine Anhänger hatten sich in einer Art Phalanx hinter ihm aufgestellt.
    Ich stand auf. Ich fühlte mich nicht behaglich, vom Boden aus zu diskutieren.
    »Keith hat das Chronin als erster gefunden«, sagte ich. »Wir durchsuchten das Stadtkrankenhaus, nachdem das Militär damit fertig geworden war. Ein paar Drogen, das war alles, was es noch gab. Die meisten sind im Kommunevorrat, für den Fall, daß wir sie brauchen. Aber Keith wollte das Chronin. Wir haben es ihm gegeben, alle. Niemand sonst legte großen Wert darauf.«
    Winters nickte.
    »Das verstehe ich«, meinte er sehr verständig. »Ich kritisiere die Entscheidung nicht. Vielleicht ist euch aber nicht klar, daß es neben den Zeitausflügen noch andere Verwendungsmöglichkeiten für das Chronin gibt.«
    Er legte eine Pause ein.
    »Hört mich an und versucht, fair zu urteilen, das ist alles, was ich verlange«, sagte er und sah uns der Reihe nach an. »Chronin ist eine starke Droge; es ist ein wichtiges Hilfsmittel, und wir brauchen jetzt alle unsere Hilfsmittel. Und Zeitausflüge – gleichgültig, von wem – sind ein Mißbrauch der Droge. Nicht das, wofür sie vorgesehen war.«
    Das war ein Fehler von Winters. Vorträge über Drogenmißbrauch würden in der Kommune kaum groß ankommen. Ich konnte spüren, wie die Leute ringsum sich verkrampften.
    Rick, ein langer, magerer Typ mit Spitzbart, der jeden Abend zu den Konzerten kam, griff Winters vom Boden aus an.
    »Quatsch«, sagte er. »Chronin ist Zeitreise, Colonel. War für Zeitausflüge gedacht.«
    »Richtig«, pflichtete ein anderer bei. »Und wir haben es Keith gegeben. Ich will keine Zeitausflüge machen, aber er. Was soll daran nicht in Ordnung sein?«
    Winters entschärfte die Feindseligkeit schnell.
    »Nichts«, sagte er. » Wenn wir einen unbegrenzten Chroninvorrat hätten. Aber den haben wir nicht. Oder, Keith?«
    »Nein«, sagte Keith leise. »Ist nur noch ein Rest da.«
    Das Feuer spiegelte sich in Winters' Augen, als er Keith ansah. Das erschwerte es, seinen Ausdruck zu erkennen. Aber seine Stimme klang schwerfällig.
    »Keith, ich weiß, was dir diese Zeitausflüge bedeuten. Und ich will dir nicht weh tun, wirklich nicht. Aber wir brauchen das Chronin, wir alle.«
    »Wie?« das war ich. Ich wollte, daß Keith das Chronin aufgab, aber mich sollte der Teufel holen, bevor ich zuließ, daß man es ihm wegnahm. »Wie brauchen wir das Chronin?«
    »Chronin ist keine Zeitmaschine«, sagte Winters. »Es ist eine Gedächtnisdroge. Und es gibt Dinge, an die wir uns erinnern müssen.« Er schaute sich im Kreis um. »Ist hier jemand, er je in einem Krankenhaus gearbeitet hat? Ein Pfleger? Na gut. In einer Gruppe von dieser Größe könnte jemand sein. Und die Leute hätten etwas gesehen. Irgendwo in ihrem Gehirn wüßten sie Dinge, die wir wissen müssen. Ich wette, einige von euch haben in der Schule ein Praktikum gemacht. Ich wette, ihr habt eine Menge nützlicher Dinge gelernt. Aber wieviel habt ihr noch in Erinnerung? Mit Chronin könntet ihr euch an alles erinnern. Wir könnten jemanden dabeihaben, der einmal gelernt hat, Pfeile zu machen. Wir könnten einen Gerber haben. Wir könnten jemanden haben, der weiß, wie man einen Generator baut. Wir könnten einen Arzt haben!«
    Winters legte eine Pause ein und ließ das eindringen. Im Kreis bewegten sich die Leute unsicher und begannen zu murmeln.
    Schließlich fuhr Winters fort: »Wenn wir eine Bücherei fänden, würden wir die Bücher nicht verbrennen, um uns zu wärmen, gleichgültig, wie kalt es wird. Aber wir machen nichts anderes, wenn wir Keith seine Zeitausflüge erlauben. Wir sind eine Bibliothek – wir alle hier haben Bücher in unseren Köpfen. Und lesen können wir sie nur mit Chronin. Wir sollten es dazu verwenden, uns an die Dinge zu erinnern, die wir wissen müssen. Wir sollten es hüten wie einen Schatz, jede Erinnerungssitzung sorgfältig kalkulieren und sicherstellen – absolut sicherstellen –, daß wir kein Milligramm davon vergeuden.«
    Dann verstummte er. Ein langes, langes Schweigen folgte; für Keith ein endloses. Schließlich ergriff Rick wieder das Wort.
    »Daran habe ich nie gedacht«, meinte er widerstrebend. »Vielleicht hat es etwas für sich. Mein Vater war Arzt, wenn das

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