Liegen lernen
winkte mir zu.
So fing die Sache mit Gloria an. Sie verführte mich erst an unserem dritten gemeinsamen Abend. Es fing in ihrem Wagen an und ging in meiner Wohnung weiter. Sie blieb über Nacht und lud mich am nächsten Morgen zum Frühstück ein. Es war leicht mit ihr. Ich mußte fast nichts machen. Sie machte alles. Sie sagte, in welches Kino, in welche Kneipe, in welches Restaurant wir gingen, und fast immer bezahlte sie. Ich sagte, das sei mir peinlich, aber sie sagte, sie habe nun mal mehr Geld als ich, darüber solle ich mir mal keine Gedanken machen. »Oder kriegst du da Probleme mit deinem Mannsein? Na also.«
Gloria war Energie. Ich habe sie nie eine Treppe auf die übliche Art hinaufgehen sehen. Auch wenn sie nach einem langen Tag in der Redaktion zu mir kam, vibrierte sie noch. Dann beruhigte sie sich, und wir zogen uns aus und legten uns aufs Bett. Wir schliefen nicht jedesmal miteinander. Manchmal lagen wir den ganzen Abend nur nackt da, und Gloria schmiegte sich an mich, berührte mit ihren Brüsten meinen Rücken, massierte mich, leckte meinen Nacken und meine Achselhöhlen.
An den Wochenenden waren wir mit ihrem Sportwagen unterwegs, das Verdeck zurückgeklappt. Meistens ließ sie ihre Haare im Fahrtwind wehen, so daß sie nach zwei Stunden überhaupt nicht mehr zu bändigen waren. Manchmal setzte sie ein Kopftuch auf, aber die Dinger hielten nicht. Vier oder fünf Kopftücher landeten auf der Landstraße und blieben dort liegen, weil Gloria es für Zeitverschwendung hielt, anzuhalten und sie wieder einzusammeln. Das imponierte mir.
Gloria war wie ein gut gemeinter Stromstoß. Sie fackelte nicht lange, wenn es darum ging, was wir am Abend oder am Wochenende machen sollten. Das gefiel mir. Sie war erwachsen. Und sie war witzig. Einmal saßen wir am Frühstückstisch, und sie sagte, früher habe sie mal darüber nachgedacht, Kunstgeschichte zu studieren. Den Gedanken habe sie aber wieder verworfen, weil sie lieber richtig arbeiten wollte. Außerdem habe sie nicht gewußt, worauf sie sich hätte spezialisieren sollen. Ich sagte: »Spezialisiere dich doch auf mich!« Und sie zog eine Grimasse und sagte: »Entartete Kunst?« Wir mußten beide lachen. Ich mochte das Gefühl, daß sie mir nicht unterlegen war, so wie Gisela. Es war noch nicht klar, ob sie soviel wußte wie Britta, aber Gloria wußte schon eine ganze Menge.
Nach vier Wochen zeigte sie mir endlich ihre Wohnung. Sie wohnte in einem ziemlich schicken Vorort.
Sie hatte eine Einliegerwohnung in einem großen Haus, das an einem Hang lag und hinten ein Stockwerk mehr hatte als vorne. Als sie die Tür öffnete, standen wir erst mal in einer Diele mit einer Garderobe, an der Sachen hingen. Gleich rechts aber war eine Treppe, die nach oben führte, mit schonenden Kappen auf den Stufen. Die Treppe endete direkt an einer Tür. Gloria schloß auf und ließ mich zuerst hineingehen. Ich stand in einem großen, völlig leeren Flur. An der Wand links von mir hing ein großer, antiker Spiegel, mit Jugendstil-Intarsien im dunklen Rahmen. Von dem mit Parkett ausgelegten Flur gingen vier Türen ab. Die eine war geöffnet und führte in eine kleine Einbauküche aus gebürstetem Stahl. Auf die daneben ging Gloria zu und öffnete sie. Dahinter lag ein riesiges Wohnzimmer, das auf eine große Balkonterrasse hinausging. In dem Wohnzimmer stand ein Ledersofa, und ihm gegenüber ein großer Fernseher auf dem Boden und daneben ein Videorecorder. An der freien Wand neben der Tür stand hüfthoch ein selbstgebautes Regal voller Taschenbücher: Gloria hatte einfach Holzbretter auf Ziegelsteine gelegt. Die Wände waren weiß und leer.
Das andere große Zimmer war das Schlafzimmer, mit einem schwarzen französischen Bett, schwarzem Laken und knallroter Bettwäsche. Da waren zwei Kopfkissen und zwei Decken. Dem Bett gegenüber stand ein großer schwarzer Kleiderschrank mit Spiegeltüren. Auf dem Boden neben dem Bett lag – aufgeschlagen, mit den Seiten nach unten – ein billiger Liebesroman.
Dann war da noch das Badezimmer, weiß gekachelt, mit Wanne, Dusche und zwei Waschbecken. Etwa in Kopfhöhe unterbrach ein schmaler Steifen schwarzer Kacheln das saubere Weiß. Über den Waschbecken hingen zwei Spiegelschränke. Auf der Fensterbank neben dem Klo standen Pflanzen, und auf dem Boden eine kleine Schale mit duftenden Trockenblumen, die einen süßlichen, aber nicht unangenehmen Geruch verbreiteten.
Dann hielt sie mir einen Schlüssel vor die Nase und sagte,
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