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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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in black
Finger twitching, got no time on hand
    Ich weiß noch, dass ich ein wenig verärgert war, weil Charlie sich für ein Haus entschieden hatte, das ewig weit weg war. Mir wäre lieber gewesen, er hätte gleich um die Ecke gewohnt, dann hätte ich ihn einfach schnell anrufen können. »Hey, ich hab eine Idee,
kommst du kurz rüber?« Aber Charlie wollte abgeschieden leben, im Departement Vaucluse, nördlich von Aix-en-Provence, etwa zweihundert Kilometer entfernt. Er war von Montag bis Freitag bei uns, obwohl ich ihn noch öfter hätte brauchen können. Und Mick verbrachte viel Zeit in Paris. Während der Aufnahmen für Exile hatte ich nur eine Sorge: dass unter den großen Entfernungen die Konzentration leiden könnte. Wenn ich sie schon alle hier unten versammelt hatte, dann wollte ich sie auch die ganze Zeit um mich haben. Wenn ich schon unsere Arbeit koordinieren musste, was ich vorher noch nie getan hatte, dann, verdammt noch mal, habe ich zu ihnen gesagt, tut, was ich sage. Immerhin stelle ich euch mein Haus zur Verfügung, dafür könnt ihr gefälligst auch in der Nähe wohnen. Aber für Charlie war das vollkommen ausgeschlossen. Dagegen sträubte sich seinkünstlerisches Temperament. Er hielt es einfach für uncool, im Sommer an der Côte d’Azur zu leben. Zu viel Society-Trubel und zu viel Blablabla. Im Grunde verstehe ich das auch vollkommen. Charlie ist eher der Typ, der die Küste im Winter bereist, wenn sie einsam und verlassen ist. Er hatte einen Ort gefunden, wo er leben wollte, und das war selbstredend keiner der Küstenorte wie Cannes, Nizza, Juan-les-Pins, Cap Ferrat oder Monte Carlo. Charlie graust es vor solchen Orten.
    Ein grandioses Beispiel für einen Song, der einfach zur Tür reingeflogen kam, war »Happy«. Wir nahmen ihn an einem einzigen Nachmittag auf, in nur vier Stunden. Klappe und fertig! Mittags war der Song noch gar nicht existent, um vier hatten wir ihn auf Band. Aber es war eigentlich keine Aufnahme der Rolling Stones. Der Bandname stand drauf, klar, aber im Grunde waren das nur Jimmy Miller am Schlagzeug und Bobby Keys am Baritonsaxofon. Ich habe dann die Overdubs hinzugefügt, Bass und Gitarre. Wir saßen rum und warteten darauf, dass die anderen für die eigentliche
nächtliche Aufnahmesession auftauchten. Ich hatte den Song gerade frisch geschrieben. Wir dachten, bevor wir nur rumsitzen, können wir auch versuchen, was draus zu machen, und legten los. Da die Technik stand, sagten wir uns: Okay, an die Arbeit, wir nehmen gleich auf, den letzten Schliff gibt’s dann später, wenn die Jungs da sind. Ich entschied mich, die Fünfsaitige als Slidegitarre zu spielen, und plötzlich machte es Klick. Einfach so. Als die Jungs dann eintrudelten, hatten wir den Song schon im Kasten. Wenn man eine Idee hat, dann muss man sie auch fliegen lassen.
    Well, I never kept a dollar past sunset
Always burned a hole in my pants
Never made a school mama happy
Never blew the second chance, oh no
I need a love to keep me happy.
    Der Song war einfach da, die Worte sprudelten nur so aus mir raus, genau in diesem Augenblick. Bei so einem Song muss man gleich zum Mikro sprinten und ihn rausrotzen. Irgendwas ergibt sich dann schon. Ich schrieb die Textzeilen von »Happy«, hatte aber keine Ahnung, woher sie kamen. »Never got a lift out of Learjet / When I can fly way back home.« Eine Alliteration und der Versuch, eine Geschichte zusamenzufügen. Ein dünner Handlungsstrang muss einfach da sein, andererseits hat man in vielen meiner Songs so seine Schwierigkeiten, den ausfindig zu machen. Anders bei »Happy«: Du bist pleite, und es ist Abend. Du willst raus, aber du hast keinen müden Cent in der Tasche. Du bist am Arsch, bevor es überhaupt losgeht. I need a love to keep me happy, denn die echte Liebe, die kostet nichts! Dafür muss man nichts bezahlen. I need a love to keep me happy , weil ich mein ganzes Scheißgeld schon ausgegeben habe und nichts mehr übrig ist, der
Abend bricht an und ich will die Sau rauslassen, aber nichts geht mehr. Deshalb: I need a love to keep me happy. Baby. Baby, won’t you keep me happy.
    Ich wäre froh gewesen, wenn mehr Songs so wie »Happy« entstanden wären: »Okay, so geht das.« Große Songs schreiben sich von selbst. Die Nase oder die Ohren weisen dir den Weg. Die Kunst ist, sich nicht zu sehr einzumischen. Schalte deinen Verstand aus, schalte alles aus, lass dich an die Hand nehmen, der Song zeigt dir schon, wo er hinwill. Du hast gar nichts zu

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