Life - Richards, K: Life - Life
Heroinkapseln drin, eine ziemlich fette Ration reines Heroin. Die Kapseln stammten von den Groupies in Adelaide, unseren Sheilas. Die Burschen vom Zoll hatten mich in null Komma nix gefilzt, von Kopf bis Fuß, die hatten mir sogar in den Arsch geschaut! Wenn sie das gefunden hätten, hätte ich nie wieder einreisen dürfen. Wie konnte ihnen das nur entgehen? So was passiert oft bei der Zollabfertigung. Wenn man wirklich glaubt, man ist sauber, dann ist man es auch. Und ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich nichts dabeihatte. Wir also sofort auf die Toilette, und plötzlich sieht die Welt wieder rosig aus.
Wir teilen uns eine Kapsel - wir schnupfen das Zeug, weil wir keine Nadeln haben. Das hält den Motor am Laufen, bis wir in Frisco landen, und dann können wir uns ans Telefon hängen. Wieder mal haarscharf davongekommen. Weit und breit keine aufheulende Sirene.
In jenen Jahren schienen Bobby und ich als Team die reinen Glückspilze zu sein, vor allem auf Flughäfen. Einmal gingen wir in New York durch die Sicherheitskontrolle. Bob kümmerte sich um das Gepäck. Eine von meinen Taschen musste als Reisegepäck aufgegeben werden und durfte auf keinen Fall durch die Handgepäckkontrolle. Darin hatte ich nämlich meinen Revolver, einen.38 Special, dazu fünfhundert Schuss Munition. Ich reiste in der Regel mit jeder Menge Knarren. Keine meiner Waffen waren legal. Als verurteilter Verbrecher durfte ich keine Schusswaffen besitzen. Im Frachtraum als Teil meines Reisegepäcks wäre alles okay gewesen. Aber Bobby brachte alles durcheinander, und als ich sah, wie sich das Band mit der Tasche auf die Schleuse zubewegte, brüllte ich: »BOB!« Alle drehten sich um und schauten mich an. Keiner achtete mehr auf den Bildschirm, und so glitt mein Revolver unbemerkt durch die Schleuse.
Ich flog direkt nach Jamaika zu Anita und den Kindern. In jenem Frühjahr 1973 lebten wir in Mammee Bay. Es herrschte eine zunehmend ruppige Atmosphäre. Anita litt unter Paranoia und wurde immer unberechenbarer. Außerdem hatte sie während meiner Abwesenheit immer mehr Leute in unser Haus gelassen, die ihre Gastfreundschaft als selbstverständlich betrachteten. Eine üble Kombination. Auch als ich wieder da war, ging es in unserem Haus ziemlich rau zu. Die Nachbarschaft war schockiert, und wir merkten es nicht mal. Ein Weißer in einem riesigen Haus, jede Nacht jede Menge Rastas, die Musik machten. Die Nachbarn hätten sicher
nichts gesagt, wenn die Rastas mal übers Wochenende dagewesen wären. Aber sie waren auch montags und dienstags da. Und schließlich jede gottverdammte Nacht. Und dann der Gestank, der aus dem Haus kam! Die Jungs ließen das Gras gleich pfundweise in Rauch aufgehen. Der Qualm hing noch eine Meile weit über den Bäumen. Das gefiel den Nachbarn überhaupt nicht. Später erfuhr ich, dass Anita ein paar Leute zutiefst verärgert hatte. Sie war mehrmals ermahnt worden und hatte dabei die Polizisten und jeden, der sich beschwert hatte, extrem unflätig angefahren. Sie nannten sie das böse Mädchen. Weil sie Italienisch sprach, hatte man ihr auch noch einen witzigeren Spitznamen verpasst: Mussolini. Anita kann ziemlich ausfallend werden. Ich muss es wissen, ich war mit ihr verheiratet (ohne sie geheiratet zu haben). Sie hatte ernsthafte Probleme.
Eines Tages flog ich nach England und war kaum in London gelandet, als ich erfuhr, dass in der Nacht zuvor Polizisten in Zivil das Haus in Jamaika durchsucht hatten. Schüsse waren gefallen. Anscheinend hatte ein gewisser Officer Brown abgedrückt, als Anita ein Pfund Gras in seine Richtung geworfen hatte. Nach langem Hin und Her nahmen sie Anita mit, steckten sie in Saint Ann’s Bay ins Gefängnis und ließen die Kinder im Haus. Marlon war knapp vier, Angela ein Jahr alt. Zumindest Marlon hatte das alles mitgekriegt. Eine gruselige Geschichte. Zunächst wollte ich mit der nächsten Maschine nach Jamaika zurückfliegen, ließ mich dann aber überzeugen, dass ich von London aus mehr Druck ausüben konnte. Wenn ich geflogen wäre, hätten sie mich wahrscheinlich ebenfalls verhaftet. Bevor die Behörden darüber nachdenken konnten, was sie eigentlich mit den Kindern anstellen sollten, hatten meine jamaikanischen Brüder und Schwestern die beiden schon abgeholt und nach Steer Town verfrachtet. Während Anita im Knast saß, lebten sie bei den Rastas und wurden
bestens von ihnen versorgt. Das war mir sehr wichtig. Sie sicher und beschützt zu wissen, sicherer als in irgendeinem
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