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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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ihm einen Brief.
    Ich weiß noch, wie ich auf dem Bett meines Hotelzimmers in Washington, D.C. saß. Es war Dezember 1981, mein Geburtstag stand vor der Tür, und ich konnte kaum glauben, dass ich tatsächlich seine Antwort in der Hand hielt. Unser Treffen konnte erst ein paar Monate später stattfinden, während der Europa-Tournee 1982, und wir hatten Redlands dafür auserkoren. Ich schrieb zurück:
    Freue mich wirklich darauf, deine hässliche Fresse nach
all den Jahren wiederzusehen! Bestimmt mache ich
mir immer noch in die Hose, wenn ich dich sehe. Alles
Liebe, dein Sohn Keith.
PS: Übrigens kann ich dir ein paar Enkelkinder mit-
bringen.
Bis bald
K
    Ich hatte Ronnie als gut gelaunten Puffer dabei, als Beistand und Freund, weil ich glaubte, der Situation allein nicht gewachsen zu sein. Ich schickte einen Wagen zu dem Pub in Bexley, der Bert abholen sollte. Gary Schultz war auch in Redlands und erinnert sich, dass ich sehr nervös war und dauernd auf die Uhr schaute - in zwei Stunden kommt er, in einer halben Stunde ist er da. Und dann rollte der Wagen an. Ein kleiner alter Mann stieg aus. Wir schauten uns an, und er sagte: »Hallo, Sohnemann.« Er hatte sich vollkommen verändert. Der Anblick war ein Schock. Er hatte Säbelbeine, und dasjenige mit der Kriegsverletzung zog er
etwas nach. Er sah aus wie ein alter Gauner, wie ein Pirat im Ruhestand. Was zwanzig Jahre ausmachen können! Ein weißer Lockenkopf und eine erstaunliche Kombination aus grauen Koteletten und dem Schnauzbart, den er auch früher schon getragen hatte.
    Das war doch nicht mein Dad . Ich hatte nicht erwartet, dass er noch so aussah wie zu der Zeit, als ich ihn verlassen hatte, ein stattlicher und kräftiger Bursche mittleren Alters. Aber das hier war ein vollkommen anderer Mensch. »Hallo, Sohnemann.« - »Dad.« Das bricht das Eis, das können Sie mir glauben. Gary Schultz berichtet, dass ich später zu ihm gesagt hätte: »Du hast wohl nicht gewusst, dass ich Popeyes Sohn bin, was?«
    Ich sagte: »Komm rein, Dad.« Und als er erst mal drin war, wurde ich ihn nicht mehr los. Er rauchte immer noch Pfeife, St. Bruno Flake , den gleichen dunklen Tabak, den er schon rauchte, als ich noch ein Kind war.
    Seltsam war, dass Bert sich als kapitaler Schluckspecht entpuppte. Als ich noch ein Kind war, hatte er abends höchstens mal ein Bier getrunken, oder wenn wir am Wochenende mit Freunden aus waren. Jetzt war er der härteste Zecher, den ich je getroffen hatte. Herrgott, Bert! In mehreren Pubs, vor allem in Bexley, ist noch heute so mancher Barhocker seinem Gedenken gewidmet. Sein Stoff war Rum. Dunkler Navy-Rum.
    Alles, was er je über die Schlagzeilen zu sagen hatte, die ich produziert hatte, war: »Scheinst ja ein ziemliches Arschloch gewesen zu sein, oder?« Wir konnten jetzt wie erwachsene Männer miteinander reden. Plötzlich hatte ich einen neuen Freund. Ich hatte wieder einen Dad. Eine Vaterfigur wurde er allerdings nicht mehr, dafür war es zu spät. Wir fanden heraus, dass wir uns wirklich mochten, und schmiedeten Pläne zusammen. Wir trafen uns regelmäßig und beschlossen, dass es für ihn an der Zeit war, sich die
Welt anzuschauen. Ich wollte, dass er mal die Sonnenseite der Welt sah. Vielleicht wollte ich auch ein bisschen vor ihm angeben. Und er verschlang den ganzen gottverdammten Planeten! Ohne jede Scheu saugte er alles auf. Wir fingen also an, uns all den Spaß zu gönnen, für den wir nie Zeit gehabt hatten. Bert Richards, der Weltreisende, der nie zuvor ein Flugzeug von innen gesehen hatte und außer in der Normandie noch nirgendwo gewesen war. Sein erster Flug ging nach Kopenhagen. Das war das einzige Mal, dass ich Bert ängstlich erlebt habe. Als die Motoren aufheulten, umklammerte er mit weißen Fingerknöcheln seine Pfeife, dass ich schon glaubte, sie würde auseinanderbrechen. Der erste Flugzeugstart ist für jeden haarig. Aber er stand das durch, und als wir in der Luft waren, entspannte er sich, begann mit der Stewardess rumzuflirten und war wieder ganz der Alte.
    Ehe ich’s mich versah, war er mit auf Tour, saß mit im Auto nach Bristol. Mein Freund, der Schriftsteller James Fox, und ich sitzen hinten, mein Bodyguard Svi Horowitz und Bert vorne. Svi fragt Bert: »Möchten Sie was zu trinken, Mr. Richards?« Und Bert sagt: »Gern, ein Light Ale wär nicht schlecht.« Ich kurble die Trennscheibe runter und sage: »Was? Am Sabbat, Dad?«, und kann mich angesichts der Ironie der Situation vor lauter Lachen kaum noch

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