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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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wieder da. Pass auf den Hund auf.« Und dann kam er wieder, sagte: »Alles klar«, und wir liefen weiter, um schließlich im West End in der Werkstatt von einer der großen Musikalienhandlungen zu landen, im Ivor Mairants oder im HMV. Er kannte jeden, der Instrumente bauen oder reparieren konnte. Mich setzte er auf ein Regalbrett. Leimbottiche standen herum, von der Decke hingen Instrumente, Männer in langen braunen Kitteln leimten Instrumente zusammen, andere probierten die fertigen aus. Da war immer Musik. Abgehetzte Männlein stürmten direkt aus dem Orchestergraben in den Laden und fragten: »Ist meine Geige schon fertig?« Und ich saß einfach da mit einer Tasse Tee und einem Keks, und der Leim in den Bottichen blubberte vor sich hin wie in einem Mini-Yellowstone-Park. Ich war fasziniert. Nie wurde mir langweilig. Geigen und Gitarren drehten ihre Runden auf dem Fließband, und die Männer reparierten und bauten und überholten Instrumente. Rückblickend sehe ich das Bild einer Alchemistenküche vor mir, wie in Disneys Zeichentrickfilm Der Zauberlehrling . So verliebte ich mich in Musikinstrumente.
    Gus führte mich ganz behutsam ans Musizieren heran. Er drückte mir nicht einfach irgendwas in die Hand und sagte: »Pass auf, so macht man das.« An Gitarrespielen war sowieso nicht zu denken. Eine Gitarre war zum Anschauen da, als Dekoration, nicht
um wirklich darauf zu spielen. Ich werde diese Gitarre nie vergessen, die bei jedem meiner Besuche auf dem Klavier stand. Wirklich jedes Mal, seit ich fünf Jahre alt war oder so. Das ist wohl der natürliche Lebensraum von dem Ding, dachte ich mir. Ich starrte die Gitarre an, Gus schwieg, und nach ein paar Jahren starrte ich sie immer noch an. »Hey«, sagte er plötzlich, »wenn du groß genug bist, darfst du’s mal versuchen.« Erst nach seinem Tod erfuhr ich, dass er die Gitarre nur zu meinen Besuchen rausgeholt und aufgestellt hatte. Er wollte mich ein bisschen ärgern. Wahrscheinlich war er auf mich aufmerksam geworden, als er mich singen hörte. Bei jedem Lied im Radio stimmten wir alle mit ein, es war die natürlichste Sache der Welt. Wir waren eine Bande geborener Sänger.
    Ich weiß nicht mehr genau, wann er die Gitarre zum ersten Mal vom Klavier nahm und meinte: »Also los.« Vielleicht war ich neun oder zehn, ich habe also ziemlich spät angefangen. Und zwar ganz klassisch, auf einer spanischen Konzertgitarre mit Darmsaiten, einer wunderschönen kleinen Lady. Ich hatte zwar nicht die geringste Ahnung, was ich damit anstellen sollte, aber dieser Geruch! Das hat sich bis heute nicht geändert. Wenn ich einen Gitarrenkoffer mit einer alten Holzgitarre öffne, möchte ich am liebsten reinkrabbeln und den Deckel über mir zuklappen.
    Gus war kein Überflieger auf der Gitarre, aber die Grundlagen waren ihm vertraut. Er brachte mir meine ersten Licks und Akkorde bei, er zeigte mir die wichtigsten Griffe, D, G und E. »Wenn du ›Malagueña‹ spielen kannst«, sagte er immer, »kannst du alles spielen.« Und als er dann irgendwann meinte: »Ich glaube, jetzt hast du den Dreh raus«, war ich ziemlich zufrieden mit mir.
    Meine sechs Tanten, in zufälliger Reihenfolge: Marje, Beatrice, Joanna, Elsie, Connie, Patti. Kaum zu glauben, aber fünf von ihnen leben tatsächlich noch, während ich diese Zeilen schreibe. Nur meine Lieblingstante Joanna ist in den Achtzigern gestorben.
An multipler Sklerose. Joanna war ein echter Kumpel. Sie war Schauspielerin, und sobald sie einen Raum betrat, mit ihrem schwarzen Haar, den Armreifen und dem starken Parfüm, hielt der Glamour Einzug. Gerade in der drögen Anfangszeit der Fünfziger fühlte man sich, als kämen die Ronettes zu Besuch. Sie trat im Highbury Theatre auf, in Stücken von Tschechow und Konsorten, und ist als Einzige unverheiratet geblieben. Aber sie hatte immer einen Freund. Natürlich interessierte sie sich für Musik, das lag in der Familie. Wir sangen oft zusammen. Egal, was gerade im Radio lief, einer sagte immer, versuchen wir’s doch mal. Ich kann mich noch ganz genau erinnern, wie Joanna und ich mal »When Will I Be Loved« von den Everly Brothers angestimmt haben.
     
    Der Umzug ins Ödland auf der anderen Seite der Gleise, in die Spielman Road in Temple Hill, war eine Katastrophe für mich. Zumindest im ersten Jahr, als ich neun oder zehn Jahre alt war, einem Jahr voller Angst und Gefahr. Ich war ein ziemlich mickriger Knirps - meine volle Körpergröße sollte ich erst mit circa fünfzehn erreichen. Ein

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