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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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so kleiner Furz gerät ständig in die Defensive. Noch dazu war ich ein Jahr jünger als die anderen in meiner Klasse, weil ich am 18. Dezember Geburtstag habe. Das war wirklich Pech, denn in dem Alter ist ein Jahr ein Riesenunterschied. Eigentlich spielte ich gern Fußball, ich war ein guter Linksaußen. Ich war schnell, ich hatte ein Auge für den richtigen Pass. Aber ich war nun mal der kleinste Arsch auf dem Platz. Ein Tritt in die Hacken, eine robuste Grätsche von einem Typen, der ein Jahr älter war, und ich lag im Matsch. Bist du so klein und die anderen so groß, wirst du selbst zum Fußball. Du bist und bleibst ein kleiner Scheißer. »Hey, Little Richards!«, riefen sie immer. Außerdem nannten sie mich wegen meiner abstehenden Ohren »Affe«. Jeder hatte irgendeinen Namen weg.

    Der Weg von Temple Hill in die Schule auf der anderen Seite der Stadt führte direkt durch die Hölle. Bis ich elf war, fuhr ich mit dem Bus hin und ging zu Fuß zurück. Warum ich nicht auch zurückgefahren bin? Weil ich kein beschissenes Geld hatte! Das Geld für den Bus hatte ich auf den Kopf gehauen. Das für den Friseur übrigens auch. Das erledigte ich selbst vor dem Spiegel, schnipp, schnapp und fertig. Also musste ich laufen, einmal quer durch die Stadt, eine Dreiviertelstunde. Ich hatte genau zwei Wege zur Auswahl: Havelock Road oder Princes Road. Gehupft wie gesprungen. Außerdem wusste ich sowieso, dass dieser Kerl auf mich warten würde, sobald ich den Fuß vor die Schule setzte. Er schien jedes Mal zu ahnen, welchen Weg ich einschlagen würde. Wenn ich es mit einer neuen Route versuchte, nahm er mich eben in irgendeinem Hintergarten hoch. Den ganzen Tag, fünf Tage die Woche, zerbrach ich mir den Kopf, wie ich es ohne Abreibung nach Hause schaffen könnte. Und das ist wirklich hart. Manchmal kam ich ungeschoren davon, aber wenn ich im Klassenzimmer saß, brodelte es trotzdem in mir: Wie zum Teufel komme ich an dem Typen vorbei? Er war wirklich erbarmungslos, und ich konnte absolut nichts dagegen tun. Ich lebte in ständiger Angst, was meine Konzentration natürlich nicht gerade förderte.
    »Woher hast du das denn?«, fragte Doris, wenn ich mit einem blauen Auge nach Hause kam, und ich erwiderte: »Bin hingefallen.« Sonst hätte die Gute noch einen Riesenaufstand gemacht, von wegen »Wer war das?« und so weiter. Da sagte man lieber, man sei vom Rad gefallen.
    Ich brachte ein schlechtes Zeugnis nach dem anderen nach Hause. Bert schaute mich schief an und fragte: »Was ist da los?« Aber wie sollte man erklären, dass man sich in der Schule aus Angst vor dem Heimweg in die Hosen schiss? Völlig undenkbar. Man war ja kein Schlappschwanz. Damit musste man selbst klarkommen. Die
eigentliche Abreibung war sowieso nicht das Problem. Alles eine Sache der Erfahrung. Bald wusste ich, wie ich ernsthafte Verletzungen vermeiden und meine Deckung aufrechterhalten konnte. Und wie ich die Schläger davon überzeugte, dass sie es diesmal wirklich übertrieben hatten: »Aaaahhhhh!« - Scheiße, denken die sich da, jetzt haben wir echt was kaputt gemacht.
    Dann hatte ich die Erleuchtung. Wäre sie mir mal früher gekommen. Es gab da diesen wirklich netten Kerl, den Namen habe ich leider vergessen. War ein ziemlicher Trottel, oder anders ausgedrückt, kein Akademiker in spe. Aber er war groß und stark, und er wohnte nebenan. Außerdem machte er sich schreckliche Sorgen wegen seiner Hausaufgaben. »Hör mal«, meinte ich, »ich erledige deine blöden Hausaufgaben, wenn du mich dafür nach Hause begleitest. Ist ja kein großer Umweg.« Auf einmal hatte ich einen persönlichen Aufpasser, den ich mit ein bisschen Geschichte und Geografie bei Laune hielt. An unseren ersten Auftritt kann ich mich noch gut erinnern. Ein paar Typen lauern mir auf, alles wie immer, und dann erblicken sie … ihn. Und wir verpassen ihnen die Abreibung ihres Lebens. Zwei oder drei Wiederholungen und ein paar lehrreiche Platzwunden später hatten wir endgültig gewonnen.
    Erst auf meiner nächsten Schule, der Dartford Tech, renkten sich die Dinge wieder ein. Und zwar durch einen unfassbaren Glücksfall. Als meine Abschlussprüfungen nahten, war Mick schon an die Dartford Grammar School gewechselt. Jetzt gehörte er zu »denen mit den roten Schuluniformen, wow!« Ein Jahr später war ich dran. Ich versagte erbärmlich, aber nicht so erbärmlich, dass ich auf die Secondary Modern musste. Heute ist das alles anders, aber wer unter diesem archaischen System in der

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