Life - Richards, K: Life - Life
Sekunden später war Chrissy wieder da, mit dem schäbigsten, schwärzesten Terrier, den ich je gesehen hatte, umschwirrt von einem Schwarm Fliegen. Er hockte sich vor mich hin und fixierte mich. Ich starrte zurück. Er blieb ruhig. »Lasst ihn hier«, sagte ich. »Mal schauen, was ich tun kann.« Ein paar Minuten darauf erschien eine Abordnung der Crew im »Camp X-ray« (meinem Zimmer), lauter baumstarke Kerle mit Bärten und Tattoos. Sie hatten feuchte Augen und wollten mir danken. »Das ist echt ein unglaublicher
Köter, Keith.« »Danke, Mann. Der Kleine ist uns allen ans Herz gewachsen.« Ich hatte keine Ahnung, was ich mit dem Kerlchen anfangen sollte, aber wenigstens konnte die Show weitergehen. Er schien zu spüren, dass er gewonnen hatte, denn er leckte mir die Finger. Und da war es um mich geschehen. Patti bedachte mich mit einem Blick voller Liebe und Verzweiflung, ich zuckte die Schultern. Die Impfungen, Papiere, Visa und der ganze Rest waren dann ein Riesenaufwand, aber schließlich flog der Glückspilz mit uns in die Vereinigten Staaten. Heute lebt Raz als Zar von Connecticut in friedlicher Koexistenz mit Pumpkin, unserer Katze Toaster und den Bulldoggen.
Ich hatte auch mal einen Beo, einen Singvogel, aber das war weniger spaßig. Sobald ich Musik auflegte, fing das Vieh an zu kreischen - als hätte man eine uralte, zänkische Tante zur Untermiete. Das Scheißvieh hat nie für irgendwas Dankbarkeit gezeigt, und deshalb habe ich es weggeben, als einziges Tier überhaupt. Na ja, vielleicht war der Vogel auch einfach zu bekifft, denn in seiner Gegenwart wurde ausgiebig geraucht. Das Biest konnte nie den Schnabel halten - ein bisschen, als würde Mick in meinem Wohnzimmer im Käfig sitzen und rumkrächzen. Eingesperrte Vögel und ich, das ist sowieso keine Erfolgsgeschichte. Einmal habe ich aus Versehen Ronnies Sittich entsorgt; ich dachte, das wäre eine kaputte Spielzeuguhr. Das Viech hing in seinem Käfig ganz hinten im Haus und zeigte keinerlei Reaktionen - bis auf dieses immergleiche Krähen. Weg damit, dachte ich mir, und kapierte erst viel zu spät, dass ich einen schweren Fehler gemacht hatte. Aber Ronnie meinte nur: »Gott sei Dank.« Er hatte den Vogel gehasst. Ich glaube, eigentlich hat Ronnie gar nicht so viel für Tiere übrig, obwohl er sich ständig mit ihnen umgibt. Okay, er ist ein Pferdenarr, daheim in Irland hat er einen Stall mit vier oder fünf Hengstfohlen. Aber wenn du ihm vorschlägst, doch mal einen Ausritt zu
unternehmen, weigert er sich nach Strich und Faden! Nur aus der Ferne gefallen sie ihm, besonders wenn sein Favorit als Erster über die Ziellinie geht. Warum also tut er sich das alles an? Warum lebt er inmitten von Pferdeäpfeln und dreibeinigen Fohlen? Das ist so ein Zigeunerding, meint er dazu, von den Roma. Als Bobby und ich mal in Argentinien auf ein paar richtig schönen Quarter Horses reiten wollten, schleppten wir Ronnie mit. Klar, wenn man eine Weile nicht geritten ist, tut einem der Arsch weh, aber trotzdem … Wir streiften so durch die Pampa, während sich Ronnie verzweifelt an die Zügel klammerte. »Aber du hast doch selbst Pferde, Ronnie! Ich dachte, du magst Pferde!« Bobby und ich amüsierten uns köstlich. »Aus der Bahn, hier kommt Geronimo! Los, legen wir einen Zahn zu!«
Theo und Alex wuchsen in Connecticut auf. Sie gingen in die örtliche Highschool, ihr Leben verlief so normal wie möglich. Patti hat viele Verwandte in unmittelbarer Nähe, darunter meine angeheiratete Nichte Melena, die mit Joe Sorena verheiratet ist. In ihrer Garage haben wir Wein produziert, was am Ende darauf hinausläuft, dass man mit nackten Füßen in einem Bottich steht und auf den Trauben rumstampft und witzelt: »Das ist ein Spitzenjahrgang.« Es ist spaßig, ich hatte das schon ein oder zwei Mal in Frankreich gemacht. Es ist ein irgendwie angenehmes Gefühl, die zermanschten Trauben zwischen den Zehen zu spüren. Gelegentlich sind wir sogar in »normale« Ferien gefahren. Der voll ausgestattete und schlachtenerprobte Winnebago, der neben unserem jungfräulichen Tennisplatz steht, ist der Beweis. Die Hansen-Familie hat es sehr mit Familientreffen, und sie hat es auch sehr mit Camping und sucht sich dann ein so lächerliches Ziel wie Oklahoma aus. Ich habe das nur zwei- oder dreimal mitgemacht. Man fährt einfach raus aus New York und dann weiter bis nach Oklahoma. Auf einem von diesen Ausflügen konnten sie Gott dafür
danken, dass ich dabei war, sonst wären sie ertrunken
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