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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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Evan! Könntest du deine Augen mal für eine Minute von diesen Wachstitten losreißen?«
    »Entschuldige!« Er kam wieder zu sich. »Ich musste nur gerade an etwas denken.«
    »Daran, was du mit einer Wachspuppe in deinem Bett anstellen könntest, wenn das Licht aus ist?«
    »Hmmm? Nein, so eine habe ich ja schon. Zwei wären dann doch zu viel!« Er wich ihr aus und ging gleich weiter in den nächsten Raum, in dem abgesehen vom Clowngrinsen von Lucille Ball aus I Love Lucy Gott sei Dank keine weiteren Grausamkeiten lauerten.
    Den restlichen Teil des Museumsbesuchs brachten sie schnell hinter sich. Sarah hatte es eilig, nach Chinatown zu kommen, und Evan konnte es kaum erwarten, den Wachsfiguren den Rücken zu kehren. Aus unerfindlichen Gründen machte ihm die bildliche Darstellung der Sirene zu schaffen. In seinem Hinterkopf meldete sich eine nagende Stimme zu Wort, die in einer Tour fragte: »Was denn, Evan, glaubst du tatsächlich, die Kleine, die du flachlegst, ist eine Harpyie aus der Mythologie?« Geistesabwesend schüttelte er den Kopf, bemüht, sich daran zu erinnern, wie es sich anfühlte, ihre Hände auf dem Rücken zu spüren. Nein, sie war keine Sirene, allerdings musste er zugeben … sie war wirklich ein bisschen komisch.
    »Wie viele Frauen, glaubst du, sitzen Nacht für Nacht splitternackt draußen an Gull’s Point und singen?«, hatte Bill ihn einmal gefragt. Evan zuckte bloß die Achseln und antwortete: »Eine reicht doch vollkommen!«
    »Ja, eine, die dich ins Wasser lockt, kurz bevor sie dich auffrisst«, gab Bill spöttisch zur Antwort. »Das reicht wirklich vollkommen!«
    Als sie aus den abgedunkelten Räumen des Wachsfigurenkabinetts hinaus auf die Beach Street traten, war es, als befänden sie sich in einer völlig anderen Stadt. Der triste, graue Morgen war einem strahlend blauen Himmel gewichen, an dem sich die letzten weißen Wolkenfetzen wie verirrte Schafe verzogen.
    »Deshalb liebe ich diese Stadt so sehr.« Sarah lächelte und drehte sich auf dem Bürgersteig, die Hände zum Himmel erhoben, wieder und wieder im Kreis. »Sie ist ein Rätsel, ein einziges Geheimnis.«
    »Vier Jahreszeiten an einem Tag?«, lächelte Evan.
    »Ja. Und … Schokolade. So viel gute Schokolade. Wenn ich doch nur wüsste, wohin …«
    Lachend packte er sie an der Schulter und schob sie in entgegengesetzter Richtung die Promenade entlang. »Hier entlang, Gnädigste!« Minuten später trotteten sie den Hügel zum Ghirardelli Square hinauf. Wenig später erklommen sie eine weitere Anhöhe zur Columbus Avenue, an den verführerischen Straßencafés von North Beach vorbei und erreichten schließlich auf der anderen Seite des Hügels die ersten Ausläufer von Chinatown. Ganz gleich wie viele Köstlichkeiten man verspeiste, in San Francisco war man immer hungrig, weil man ständig … immerzu … durch die Gegend lief.
    Sarah und Evan waren den ganzen Nachmittag unterwegs und erstanden eine ganze Tasche voller Plunder, von Pralinen über kleine Holzbuddhas bis hin zu ein paar Büchern aus dem City Lights Bookstore, dem schon klassischen Beatnik-Treff in North Beach, den Ginsberg einst sein Zuhause genannt hatte. In Chinatown aßen sie zu Mittag und gingen anschließend wieder zurück Richtung Fisherman’s Wharf, um an der Mahagoni-Bar der San Francisco Brewing Company ein Bier zu trinken. Evan drohte, Klavier zu spielen, doch Sarah blieb diese Peinlichkeit erspart. Rettung nahte in Gestalt eines Niederländers, der sie in ein Gespräch über den Unterschied zwischen amerikanischen Kleinbrauereien und skandinavischen Bierfabriken verwickelte. Hopfen rückte in den Mittelpunkt der Diskussion, und Sarah wirkte zunehmend gelangweilt, während die beiden Männer sich immer angeregter unterhielten.
    Nachdem sie die Bar verließen, um zurück ins Stadtzentrum zu laufen, ging die Sonne unter und eine kühle, frische Brise kündigte das Herannahen der Nacht an. Schließlich warf Evan das Handtuch. »Okay, ich bin kein Held«, keuchte er. »Ich gebe es zu. Ich kann keinen Schritt mehr laufen. Ich schlage vor, wir nehmen ein Taxi, das uns zum Abendessen fährt.«
    Sarah lachte, widersprach jedoch nicht. »Du hast recht. Ich glaube, ich habe keine Schuhsohlen mehr.«
    Evan winkte ein Yellow Cab heran, und beide stöhnten sie erleichtert auf, als sie im Polster des Rücksitzes versanken. Evan nannte dem Fahrer die Adresse, auch wenn es nicht nötig gewesen wäre. Sie wollten zu einer der größten Touristenfallen der Stadt, und

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