LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
gesamten Stapel in der Box und ließ Jeans und Socken folgen. Als der Behälter vollständig gefüllt war, drückte er den Deckel herunter, bis er mit einem Klick einrastete.
»Du wirst mir fehlen, Kumpel«, flüsterte er. Dann rollte er die Box in den Flur unter die Dachbodentreppe, holte einen weiteren Container aus der Garage, stellte ihn mitten ins Zimmer und kümmerte sich um den Inhalt des Kleiderschranks.
Er hörte erst auf zu packen, als das Zimmer bis auf eine Kommode, den Schreibtisch und das abgezogene Bett vollkommen leer war.
Als er nichts mehr fand, was er einpacken konnte, setzte er sich aufs Bett und atmete tief durch. Er starrte auf die schwache Blutspur, die der Vogel am Fenster hinterlassen hatte, und erneut stürzte das Grauen dieses Vormittags auf ihn ein. Er war so sehr damit beschäftigt gewesen, sich um Joshs Zimmer zu kümmern, dass er um ein Haar die Vögel vergessen hätte. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass er seit nahezu drei Stunden auf Hochtouren schuftete. Sein Hemd war völlig durchnässt. Als er sich mit der Hand über die Augen wischen wollte, begriff er, dass dies nicht allein vom Schweiß herrührte. Auch sein Gesicht fühlte sich tropfnass an.
Er hatte die ganze Zeit über geweint.
30
Das O’Flaherty’s war von Lachen, Musik und dem Klirren der Gläser erfüllt, die vom Tresen sowie dem runden Dutzend Holztische im Raum genommen und wieder abgestellt wurden. Am Samstagabend stand wie überall Feiern auf dem Programm und in der angesagtesten Kneipe der Stadt herrschte wie üblich Hochbetrieb.
Evans Rücken und Beine schmerzten vom vielen Bücken und Kistenschleppen an diesem Tag, ganz zu schweigen von dem unvorhergesehenen Zwischenfall mit den Möwen und dem anschließenden Staatsbegräbnis der Vogelleichen. Die Prozedur hatte ihn körperlich so sehr angestrengt wie sonst die Arbeit einer ganzen Woche.
Kurz nach der Mittagszeit war Sarah nach Hause gekommen, beladen mit Tüten aus dem Wal-Mart und dem Baumarkt. »Ich konnte dir zwar keine große Hilfe beim Verpacken sein«, erklärte sie, »aber dafür kann ich mich aufs Tapezieren stürzen. Du hattest keine speziellen Vorstellungen, oder?«
Als Evan die Achseln zuckte, lächelte sie. »Gut. Im Wal-Mart habe ich nämlich diese Tapezierrolle hier und hübsche Gardinen gefunden. Ich glaube, die passen perfekt, wenn wir uns für Pflaumenblau entscheiden …«
Mit diesen Worten begann sie, ihre Einkäufe vom dekorativen Wandteller bis hin zu allen möglichen Farbmustern auf der abgezogenen Matratze auszubreiten. Als ihre Errungenschaften endlich vollständig vor ihm lagen, fühlte Evan sich von der Aussicht auf das Streichen und Tapezieren, das ihm bevorstand, ausgelaugter als durch die ganze Arbeit des Vormittags.
Sarah hatte vor, später mit ihrer Freundin Melanie essen zu gehen, bot aber an, Evan vor dem Aufbruch noch etwas zu kochen. Er lehnte ab und meinte, er wolle Bill anrufen, um mit ihm etwas zu unternehmen. Erwartungsgemäß schlug Bill vor, sich in der Bar zu treffen. Um sechs gaben sich Evan und Sarah in der Garage einen Abschiedskuss, um in unterschiedliche Richtungen aufzubrechen. »Ich bin gegen zehn zu Hause«, versprach seine Frau, und er sagte dasselbe. Hätten Sie auch nur im Geringsten geahnt, was in dieser Nacht noch alles geschehen sollte, wäre ihre Verabschiedung wesentlich intensiver ausgefallen.
»Hey, Fischfreund!«, rief Bill ihm von einer Sitzecke ganz hinten im O’Flaherty’s entgegen. Obwohl das Lokal völlig überfüllt war, entdeckte Evan ihn sofort. Sein Freund trug ein ausgeblichenes, zerschlissenes Flanellhemd, für das jeder anständige Holzfäller sich in Grund und Boden geschämt hätte. Mit dem dichten, braunen Vollbart, den er sich im letzten Winter hatte stehen lassen, sah er selbst aus wie ein Waldarbeiter.
»Bewirbst du dich um einen Job bei einer Pearl-Jam-Coverband?«, stichelte Evan.
»Wegen meiner Klamotten?«, grinste Bill und ließ die Hand über seinen braun-grün karierten Ärmel gleiten und verdrehte die Augen pseudo-genießerisch. »Ich ziehe mich bloß ein bisschen stilvoll an, weißt du?«
»Na ja«, meinte Evan. »Für die etwas Unbedarfteren unter uns: Dieses Hemd dürfte bereits aus der Mode gewesen sein, als du es gekauft hast, und das ist schon verdammt lange her!«
Bill hob eine Hand, als wollte er seinen Freund auffordern, sich nicht um Kopf und Kragen zu reden.
»Du bist doch nur neidisch auf meine coolen Klamotten. Das weiß ich. Aber du kannst
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