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LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)

Titel: LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Everson
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mich zu beißen«, warf Evan mit einem süffisanten Grinsen ein.
    Bill blätterte zu seinem letzten Lesezeichen. »›Als Lebensraum wählt sich die Sirene in der Regel abgelegene Felsklippen am Meer. Tagsüber kann sie hier nach Herzenslust Zwiesprache mit Vögeln und Fischen halten, nachts hingegen lauert sie, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden, unvorsichtigen Seeleuten auf, die auf dem Wasser vorbeifahren. Die frische Seeluft trägt dazu bei, das Fleisch ihrer Opfer zu konservieren, sodass sie länger davon zehren kann. Aufgrund ihres einsiedlerischen Wesens dehnt die Sirene die Verführung eines Mannes häufig über viele Tage oder Wochen aus, ehe sie ihn schließlich umbringt.
    Auf diese Weise erfährt sie aus Unterhaltungen von den Geschehnissen in der Welt um sich herum und lindert damit ihre zwangsläufige Einsamkeit, da sie in völliger Abgeschiedenheit lebt. Ist ihr Hunger allerdings zu groß geworden, übernimmt ihr Instinkt das Kommando, und eines Nachts wird der umworbene Mann überrascht feststellen, wie sie ihre scharfen, absolut tödlichen Zähne in ihm vergräbt. Ein allerletztes Mal wird sie ihn in den Schlaf singen und dann in der Nacht ohne jegliches Bedauern sein Blut trinken. Ganz gleich, wie viel Zuneigung und Sorge aus ihren Tränen und Worten sprechen mag, letzten Endes ist die Sirene ein Geschöpf ohne jegliche Gefühlsregung, das frei von Reue tötet.‹«
    »Die zeichnen ja ein ziemlich übles Bild von dem alten Mädchen«, bemerkte Evan und leerte sein Glas mit einem letzten Schluck. »Trotzdem verstehe ich immer noch nicht, was das mit mir zu tun haben soll. Die alten Griechen glaubten an eine Menge komischer Erscheinungen. Alles, was du mir bis hierhin erzählt hast, ist, dass sie an eine Frau glaubten, die am Meer lebte und Männer fraß, nachdem sie diese mit einem hübschen Liedchen in ihre Arme gelockt hat. Manchmal sah sie aus wie ein Vogel, dann wieder wie ein Fisch und manchmal wie keins von beidem. Und anscheinend gibt es nur drei von ihnen, weil sie oft als Schwesterntrio dargestellt werden. Willst du mir ernsthaft verkaufen, eines dieser antiken Weltwunder wäre den weiten Weg übers Meer bis zur kalifornischen Küste geschwommen, um ausgerechnet unser Provinzkaff heimzusuchen? Aus welchem Grund?«
    Bill lächelte. »Komm schon, Evan – bring deinen müden Gehirnschmalz mal ein bisschen auf Touren. Du glaubst doch nicht wirklich, dass diese drei Schwestern so lange überlebt haben? Selbst Göttinnen bekommen Kinder und werden alt, manchmal sterben sie sogar. Es existieren spätere Mythen, die von Kindern und Kindeskindern der Sirenen berichten.
    Die Sirenen breiteten sich von ihrer einstigen Heimat im Tyrrhenischen Meer bis an die Küsten von Capri und Capo Peloro aus, um dort zu singen. Aus dem 17. Jahrhundert sind Aufzeichnungen über eine Sirene erhalten, die Schiffe auf die Felsen von Dalkey Island in der Nähe von Dublin lockte, wo sie an den Klippen zerschellten. Nimmt man eine detaillierte Seekarte der europäischen und asiatischen Küstenlinien aus dem 18. Jahrhundert zur Hand, findet man eine große Anzahl markierter Stellen, vor denen Kapitäne eindringlich gewarnt wurden. Dort sollten sie ihre Schiffe vom Ufer fernhalten, damit der Gesang der Steine sie nicht in den Tod lockte.«
    »Komisch, dass sie mir in meinem Atlas noch nie aufgefallen sind«, versetzte Evan sarkastisch.
    »Natürlich nicht«, erwiderte Bill. »Frag irgendeinen Durchschnittstrottel von der Straße, ob er an UFOs und Aliens glaubt, und er wird vermutlich zustimmen und dir erzählen, dass seine Mutter oder seine Schwester letztes Jahr ein grünes Männchen gesehen hat. Frag ihn nach einer Sirene, und er wird annehmen, du meinst das Geräusch von einem Feuerwehrauto. Meiner Meinung nach beweist das lediglich, dass die Bevölkerung Amerikas eine Herde dummer Schafe ist, die jeder Modeerscheinung hinterherläuft. Sirenen waren in den letzten paar Jahrhunderten eben nicht gerade der letzte Schrei.«
    Evan zuckte die Achseln. »Lassen wir das Geschrei mal beiseite. Du hast mir immer noch keinen triftigen Grund geliefert, warum ich glauben soll, dass ausgerechnet in Delilah eine Sirene haust – ganz gleich, ob ich mit ihr geschlafen habe oder nicht.«
    »Okay«, nickte Bill. »Dann denk mal über Folgendes nach. Du weißt so gut wie jeder andere auch, dass Delilah seine Anfänge als kleine Hafenstadt nahm. Na ja, sagen wir vielleicht besser als nicht ganz astreiner Umschlagplatz, weil wir uns

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