Light & Darkness
bestimmt war. Das Zittern in ihren Händen ließ ein wenig nach, aber sie hatte weiterhin ein seltsames Gefühl im Magen, das sie sich nicht erklären konnte. Es war ein dauerhaftes Vibrieren, das ihr Inneres erschütterte. Zwischen Kane und ihr schien alles wieder in Ordnung zu sein, aber da war etwas, das sie daran hinderte, ihren alten Rhythmus wieder zu finden. Sie fühlte sich wie ein Metronom, das den Takt verloren hatte.
»Du solltest Dante besser seinen Tee bringen, bevor er kalt wird«, bemerkte Kane und stand auf.
Verdutzt sah Light ihn an. »Woher weißt du, dass der Tee für Dante ist?«
»Ich bin ihm vor ein paar Minuten begegnet. Er meinte es geht ihm nicht gut. Und du bist viel zu aufmerksam, um ihm keinen Tee oder Kekse zu bringen.« Kane grinste verschmitzt. »Wir sehen uns morgen. Ich bin mit Jude noch etwas Billard spielen. Ich denke nicht, dass du mit willst, oder?«
»Nein, ich möchte Dante nur ungern allein lassen.«
Kane nickte verständnisvoll und drückte ihr einen letzten flüchtigen Kuss auf den Scheitel, ehe er zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe nach unten rannte. Light blieb einen Augenblick auf der Treppe und versuchte das letzte Gefühl der Unruhe aus ihrem Körper zu vertreiben. Sie atmete tief ein und wieder aus, konnte aber das nervöse Kribbeln in ihrer Magengrube nicht abstellen. Was war nur los mit ihr? Sollte sie nicht erleichtert darüber sein, dass Kane ihr verziehen hatte?
Ihr Unbehagen wurde mit jedem Schritt schlimmer.
Light öffnete die Tür zu ihrem Zimmer. Ein sanftes Lächeln lag auf ihren Lippen. »Dante, ich habe dir –«, setzte sie an, doch das Klirren der zersprungenen Teetasse würgte sie ab. Splitter fielen zu Boden. Der Tee ergoss sich über das Parkett und saugte sich in den Teppich. Wie eine Lache aus Blut verlief die heiße Flüssigkeit zu Lights Füßen. Scharf zog sie die Luft ein, denn ein stechender Schmerz durchzog ihre Brust.
Reglos starrt sie Dante an.
Lässig, mit überschlagenen Beinen saß er an ihrem Schreibtisch, ein kleines braunes Buch auf seinem Schoß. »Wirklich eine amüsante Lektüre«, bemerkte er und hob ihr Tagebuch in die Luft, damit sie es sehen konnte. Das Grinsen auf seinem Gesicht war so gehässig, als stamme es vom Teufel selbst. »Ich bin gerade an der Stelle, an der du beschreibst, wie du Kane geküsst und dir für den Bruchteil einer Sekunde gewünscht hast, ich wäre es gewesen.« Er lachte kehlig auf. »Sehr gut gefällt mir auch diese eine Traumbeschreibung, in der ich einen weißen Anzug trage und aussehe wie ein Engel. Ehrlich Light, ein Engel? Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass ich ein Dämon bin. D-ä-m-o-n«, buchstabierte er. »Ein Dämon ist das genaue Gegenteil eines Engels, das solltest du eigentlich wissen.« Er seufzte selbstgefällig, legte das Tagebuch zur Seite und stand auf. »Aber weißt du, was die gute Nachricht ist? Als Dämon bin ich selbstverständlich gewillt, deine körperlichen Gelüste nach mir zu stillen.«
»Ich … ich habe keine körperlichen Gelüste«, stotterte Light. Sie war erstarrt und nichts an ihr regte sich, außer den Tränen, die ihr den Blick verschleierten.
»Bist du dir sicher? Vielleicht sollte ich dir die Stelle noch einmal vorlesen, in der du beschreibst, wie wunderbar mein Körper aussieht und wie angenehm es ist, meine warme Haut zu spüren, so anders, als die von Kane«, säuselte er und ging einen Schritt auf das Tagebuch zu. Als seine Finger den Ledereinband erneut berührten war es für Light wie ein weiterer Stich direkt durch ihr Herz. Sie presste ihre Lippen fest zusammen und spürte, wie das Gefühl der Demütigung ihr den Hals zuschnürte.
»Oh, du wirst doch wohl nicht anfangen zu weinen, Schätzchen, oder?« Dante baute sich direkt vor ihr auf und wedelte mit dem Tagebuch vor ihrer Nase. »Es war nicht sehr klug von dir das hier einfach so in der obersten Schublade liegenzulassen, obwohl du wusstest, dass Silvia mir davon erzählt hat.« Er schüttelte theatralisch den Kopf. »Ist es nicht furchtbar zu wissen, dass deine eigene Mutter daran schuld ist, dass ich nun weiß, wie scharf du auf mich bist, obwohl Kane dich über alles liebt? Was würde Anna wohl sagen, wenn ich ihr erzähle, dass du sie manchmal für oberflächlich hältst?«
Lights Lippen bebten. Wie konnte Dante ihr Vertrauen nur so ausnutzen? Das Metronom in ihrem Inneren hatte den Takt vollkommen verloren. Ihre Beine wurden weich und das Gefühl der Hilflosigkeit zwang sie
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