Light & Darkness
gehen zu können.
»Wie war es mit Anna und Kathryn?«, fragte ihre Mum, als sie den letzten Teller mit Tomaten- und Gurkenscheiben auf den Tisch stellte. Ihr Dad reichte ihr ein Burgerbrötchen, ehe er den Korb an Jude weitergab. Jude war überraschend schweigsam und begann sofort damit, sein Brötchen zu belegen. Ob Kane ihm erzählt hatte, was am Abend zuvor geschehen war?
»Kathryn hat mir etwas über ihren Sohn Andrew erzählt.«
Ihre Mum wirkte überrascht. »Kathryn ist schon Mutter?«
»Sie ist 125. Vor Anna hat sie mit Andrew in der Kolonie gelebt«, berichtete Light und erzählte auch sonst alles, was sie an diesem Tag erlebt hatte. Immer wieder wanderte ihr Blick dabei zu Dante, der appetitlos an seinem Burger herumkaute. Noch kürzlich hatte er sie angetrieben, um das Essen nicht zu verpassen. Jetzt war sein Blick leer und jeder Bissen schien eine Qual zu sein.
Schließlich räusperte er sich und legte seinen halben Burger auf den Teller. »Ich würde gerne in mein Zimmer gehen. Ich fühle mich nicht besonders.« Seine Stimme klang rau und kratzig. Über seinem glasigen Blick rümpfte er die Stirn.
Ihre Mum seufzte, wie sie es immer tat, wenn eines ihrer Kinder krank war. »Möchtest du dir einen Tee mitnehmen? Oder vielleicht die Wärmedecke?« Sie war schon halb aufgestanden, doch Dante deutete ihr sitzenzubleiben. »Danke, aber alles, was ich brauche, ist etwas Ruhe. Vermutlich hab ich es im Fitnessstudio etwas übertrieben.« Er lächelte verzerrt und stampfte mit trägen Schritten die Treppe hinauf.
Nachdem der Tisch abgeräumt war und Light ihrer Mum dabei geholfen hatte die Küche sauberzumachen, kochte sie heißes Wasser und brühte einen Tee auf, den sie Dante mitbringen wollte.
»Ich bring Dante seinen Tee«, verkündete Light nach drei Minuten und lief langsam in ihr Zimmer. In der einen Hand hielt sie den Tee, mit der anderen umschloss sie fest das Geländer, um sich auffangen zu können, sollte sie stolpern.
Ihr Blick war starr auf den sich leicht hin und her wiegenden Tee gerichtet, so dass sie Kane nicht kommen sah. Erst wenige Zentimeter vor einen Zusammenstoß hob Light den Kopf – und erstarrte. Er sah noch genauso aus wie immer. Doch gab es einen Unterschied zwischen dem Kane von vor ein paar Tagen und dem Kane, der jetzt vor ihr stand … er lächelte nicht – dabei lächelte er sie immer an.
Light rechnete damit, dass er sich einfach an ihr vorbeischieben und so tun würde, als wäre sie eine Fata Morgana. Sie beide verharrten in der Bewegung und sahen einander an. Light bemerkte, dass nicht nur das Lächeln auf seinen Lippen verschwunden war, sondern auch das Lächeln in seinen Augen.
»Ich wollte heute Nachmittag mit dir reden«, sagte er tonlos. Seine Finger krallten sich in das Treppengeländer, ähnlich wie die von Light. »Du warst aber nicht da.«
»Ich war bei Anna und Kathryn.« Verlegen starrte Light in die Tasse, die so herrlich nach Kamille roch. »Ich bin froh, dass du mit mir reden wolltest. Ich fühle mich seit gestern wirklich furchtbar, wegen dem, was zwischen uns passiert ist.«
»Du bereust den Kuss«, presste Kane zwischen den Zähnen hervor.
Light wünschte, sie könnte einfach seine Hand in ihre nehmen, um ihn zu trösten. »Ich bereue den Kuss nicht.« Überrascht hob Kane den Kopf und ein Funke des alten Kanes blitze hinter seinen trüben Pupillen hervor. »Ich fühle mich schlecht wegen dem, was nach dem Kuss passiert ist. Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen.«
»Das weiß ich doch.« Kane ließ sich auf eine der Stufen sinken. »Es ist schmerzhaft etwas so sehr zu wollen und es doch nicht bekommen zu können.« Er lachte und dieses Lachen reflektierte all seinen Schmerz. »Ich habe mir oft vorgestellt dich zu küssen und davon geträumt, was du tun würdest, aber in keinem dieser Träume hast du mir gesagt, dass du mich liebst wie einen Bruder.«
Light setzte sich neben Kane. Die Tasse hielt sie mit beiden Händen in der Hoffnung ihr Zittern verbergen zu können. »Das ist das Schöne oder das Schlechte an Träumen, sie zeigen dir nicht die Realität, die dich erwartet. Ich wünschte mir wirklich, ich könnte dir deinen Traum erfüllen, aber es geht nicht. Noch nicht, vielleicht eines Tages.« Die Worte waren eine Lüge, aber das war Light in diesem Augenblick egal. Sie hätte alles gesagt, hätte alles getan, nur damit Kane sich besser fühlt.
»Eines Tages«, wiederholte Kane. Ungewollt nippte Light an dem Tee, der für Dante
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