Light & Darkness
Wald und die Natur auf ihrer Zunge schmecken.
»Ich kann nicht einschlafen«, sagte sie in der Gewissheit, dass auch Dante noch wach war. Sie spürte seine unregelmäßigen Atemzüge, wenn sein Körper sich gegen ihren presste.
»Ich auch nicht.« Er lockerte seinen Griff.
»Erzähl mir etwas aus deiner Kindheit.« Light blickte zu ihm auf. Sie wünschte sich nur einen Funken Licht, damit sie den Ausdruck in seinem Gesicht erkennen könnte. Nur ein kurzer Moment, um seine Reaktion auf ihre Bitte zu sehen.
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist«, seufzte er. Behutsam streichelten seine Finger über ihren Rücken.
»Wieso nicht? Sag mir, wie du als kleiner Junge warst oder an wen ich dich erinnere. Ist es jemand aus deiner Kindheit?« Dante erstarrte. Seine Finger hielten in der Bewegung inne und Light spürte den Schauder, der ihn durchlief. Im nächsten Augenblick löste sich seine Starre und er rutschte von ihr weg. Eine schlagartige Kälte erfasste Light. Die Härchen in ihrem Nackten stellten sich auf und fast wünschte sie sich, Dante nicht gefragt zu haben.
»Du willst es wirklich wissen?«
»Natürlich will ich es wissen.« Ihre Stimme war ein Hauch in der Dunkelheit. Light sah seine Berührung nicht kommen, als sich Dantes Hand auf ihre legte. Automatisch verflochten sich ihre Finger ineinander. Der Moment der Wahrheit war gekommen und fast vergessen war die Sorge um Jude.
»Du …« Dante schluckte hart. »Du erinnerst mich an meine Mum. Du siehst ihr nicht ähnlich, aber eure Seelen ähneln sich wie in einer Spiegelung. Ich sehe: Freundlichkeit. Güte. Liebe. Aufopferung. Kraft und Mut. Jedes Mal wenn ich dich ansehe, sehe ich ihre Aura.« Unerwartet ließ er ihre Hand wieder los. Light sah das leichte Zittern in seinen Gliedern und konnte nicht glauben, was sie soeben gehört hatte. Sie wusste, sie sollte etwas sagen, aber brachte kein Wort hervor. Sekunden, die sich wie Minuten streckten, aalten sich in der Stille, bis sie es nicht mehr ertragen konnte. »Wieso hast du mir das nicht früher erzählt?«
»Wie?« In seiner Stimme war ein leichtes Zittern zu hören. »Wie? Wie hätte ich dir erklären können, dass du mich an die einzige Person erinnerst, die ich je geliebt habe?« Er richtete diese Fragen direkt an sie. Worte, die nicht ausgesprochen werden konnten, lagen Light auf der Zunge. Ihr Körper war taub, regungslos saß sie neben ihm und versuchte, das Gesagte zu begreifen.
»Das hört sich furchtbar an«, seufzte Dante.
»Nein, tut es nicht.« In der Dunkelheit tastete Light nach seiner Hand. Sie schob sich näher an ihn heran, bis sie seine Wärme auf ihrer Haut spüren konnte. Am liebsten hätte sie die Arme um ihn geschlungen, ihn geküsst und ihn nie wieder losgelassen. »Ich bin froh, dass du es mir endlich gesagt hast.«
»Großartig! Und was bring dir dieses Wissen?«
Light spürte seinem Atmen, wie er sanft ihr Ohr kitzelte. »Es hilft mir, dich zu verstehen.«
»Du willst mich verstehen?«, zischte er verbittert. Seine Hand schloss sich fest um die von Light. Zuerst war es nur ein zarter Druck, doch jetzt rieben ihre Knöchel aneinander, bis es schmerzte. Sie biss sich auf die Lippen, um nicht aufzuschreien und versuchte sich ihm zu entziehen. »Ich hasse dich dafür, dass du mich jeden Tag an sie erinnerst – genauso sehr, wie ich dich dafür liebe.«
Sprachlos starrte Light ihn an und der Schmerz war vergessen. »Was … was hast du gesagt?« Plötzlich hielt sie es in der Dunkelheit nicht länger aus, sie musste sein Gesicht sehen. Ungeschickt beugte sie sich über seinen Schoß, um das Licht einzuschalten. Die Helligkeit brannte in ihren Augen und sie musste mehrfach blinzeln, ehe sie Dante wirklich sehen konnte. Sein Gesicht war eine Maske der Verzweiflung und tiefe Schatten lagen unter seinen Augen. »Was hast du gesagt?«, wiederholte sie.
»Dass deine Aura mich an meine Mum erinnert.« Müde fuhr er sich mit der Hand durchs Haar.
»Das meinte ich nicht. Ich rede von dem Teil, in dem du mir sagst, dass du mich liebst.«
»So war das nicht gemeint.« Dante drapierte die Decke über seinen Beinen, als wollte er sich vor Light und seinen Gefühlen verstecken. »Wenn ich dich und deine Aura sehe, fühlt es sich so an wie früher, als ich noch ein Kind war. Kennst du dieses Gefühl? Dieses Gefühl absoluter Leichtigkeit, wenn du keine Sorgen, keine Ängste hast? Mit dir an meiner Seite erscheint alles so einfach. Bei dir kann ich Ich selbst sein, ohne dafür
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