Light & Darkness
von dir verurteilt zu werden und ich liebe dieses Gefühl der Unbeschwertheit.«
»Du liebst also dieses Gefühl – nicht mich«, presste Light die Worte hervor. Es war eine Feststellung, keine Frage. Wie konnte sie nur so naiv sein zu glauben, er hätte Gefühle für sie? Alles, was Dante wollte war es ehrlich zu sein, denn Ehrlichkeit war seine Form der Dankbarkeit. Aber gerade diese Aufrichtigkeit versetzte Light einen Stich direkt durch ihr Herz. Manchmal war es eben doch besser zu lügen.
»Ich glaube, ich möchte wieder schlafen«, sagte Light, das Zittern in ihrer Stimme war deutlich zu hören. Sie zog die Decke bis zu ihrem Kinn und presste die Augen fest gegen den weichen Stoff. Wortlos löschte Dante das Licht. Ohne dass ihre Körper sich berührten lagen sie nebeneinander, gefangen in der Dunkelheit.
Eine Tür wurde zugeschlagen, eine andere aufgerissen. Schritte trampelten über den Boden und durchbrachen die frühmorgendliche Stille im Hause Adam. Unsanft erwachte Light aus ihrem Schlaf, der zu ihrer Überraschung das erste Mal seit Tagen albtraumfrei war. Sie blinzelte die Müdigkeit aus ihren Augen und gähnte herzhaft. Dantes Hand lag auf ihrer Hüfte, als wolle er sagen: »Du bist nicht alleine.«
Sie wollte ihren Platz nicht aufgeben, doch leider verspürte sie ein Bedürfnis, dem sie alleine nachgehen musste. Gerade, als sie Dantes Hand von ihrem Körper schieben wollte, flog die Tür zu seinem Zimmer auf. Eine weibliche Silhouette stand zwischen den Türpfosten.
»Light!«, krächzte ihrer Mum sichtlich irritiert. »Was tust du hier?«
»Ich schlafe«, antwortete Light und rieb sich demonstrativ über die vom Licht geblendeten Augen. »Gibt es etwas Neues von Jude?«
Ein verwirrter Ausdruck lag auf dem Gesicht ihrer Mum, als hätte sie für einen Moment vergessen, wer sie war und weswegen sie hier war. »Jude«, sagte sie seinen Namen wie aus einer Erinnerung heraus und ein sanftes Lächeln vertrieb die Verwirrtheit. »Jude. Sie haben ihn gefunden. Er ist im Krankenhaus und wartet auf dich.«
»Wirklich?« Eine Freudenträne löste sich aus Lights Augenwinkel.
Ihre Mum nickte und breitete ihre Arme aus, um ihre Tochter zu umarmen. Light sprang auf und rannte zu ihrer Mum, die in den letzten zwei Tagen sichtlich an Gewicht verloren hatte. »Alles wird wieder gut«, schluchzte ihre Mum in ihr Ohr. »Wir sollten uns besser auf den Weg machen, das Taxi wartet.«
Light nickte eifrig und wandte sich zu Dante. Er saß aufrecht im Bett und beobachtete sie. Seine Haare standen in alle Richtungen ab und ein kleiner, feuchter Fleck war auf seiner Brust zu sehen, als hätte jemand im Schlaf auf ihn gesabbert. Ungläubig weiteten sich Lights Augen, als ihr bewusst wurde, was ihre Mum gesehen hatte. Mit vor Scham geröteten Wangen sah Light zu ihr. Sie stand noch immer im Türrahmen, die Arme vor der Brust verschränkt, die Situation taxierend. Mit einem barschen Unterton wies sie die beiden an: »Beeilt euch.«
»Ich geh zuerst«, blaffte Light und rannte ins Badezimmer. Schneller als jemals zuvor in ihrem Leben riss sie sich die Kleider von Leib, zog sich um und vollführte ihr morgendliches Ritual.
Sie wusste nicht wie, aber als sie die Treppe nach unten hechtete, mehrere Stufen auf einmal nehmend, wartete Dante bereits auf sie. Wie er dort auf sie wartete, erinnerte sich Light an ihr Gespräch von letzter Nacht. Wie er gesagt hatte, er würde sie lieben – oder auch nicht. »Guten Morgen«, begrüßte er sie. Beschämt und auch wütend schob sie sich an ihm vorbei und knurrte ein: »Morgen.«
Im Taxi nahm Light mit ihrer Mum auf der Rückbank platz, während Dante sich nach vorne setzte. Der Fahrer war ein alter Mann mit schütterem grauem Haar. »Zurück zum Krankenhaus?«, fragte er und startete den Motor.
»Zum Krankenhaus«, bestätigte ihre Mum. Sie legte den Arm um Light und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Bitter dachte Light daran, wie sie vor wenigen Stunden gehofft hatte, Dante würde sie auf diese Weise berühren. Doch vermutlich hatte sie sich die Vertrautheit nur eingebildet. Mit einem tiefen Seufzen vertrieb sie diesen Gedanken. Nur für ein paar Stunden sollte sie nicht an sich und Dante denken, sondern an ihren Bruder. »Wo war Jude? Was ist mit ihm passiert?«
»Wir haben heute Nacht eine Nachricht von den Entführern erhalten mit einer Lösegeldforderung«, begann ihre Mum zu erklären. »Wir lagen alle falsch. Es waren nicht die Censio, die Jude entführt haben. Es waren
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