Light & Darkness
dass sie ihnen nichts gesagt hatte und Wut auf das System, das zugelassen hatte, dass jemand wie Dante überhaupt vermittelt wurde. Doch dann folgte die Ruhe, sie überwanden den Schock und fanden neue Hoffnung durch Dante ihren Sohn zu finden.
Dante hatte versucht Crispin anzurufen, doch die Nummer, die vor wenigen Tagen auf den Weihnachtsmarkt noch funktioniert hatte, war inzwischen tot. Zwei Ermittler, speziell vom Delegiertenrat geschickt, hatten Dante zu seinem Vater befragt und mit einer Geduld, die Light von ihm nicht kannte, hatte er die Fragen beantwortet. Nur wusste er ebenso wenig wie alle anderen, wo sein Vater und die Censio sich im Moment aufhielten. Sie könnten im Haus nebenan sein oder etliche Meilen entfernt, in einem anderen Bundesstaat. »Du bist nicht wie er«, sagte Light entschlossen. »Wie oft hattest du die Möglichkeit ihn anzurufen oder zu fliehen? Und doch bist du bei mir geblieben und jetzt hilfst du dabei, meinen Bruder zu finden.«
Resignierend seufzte Dante. »Ich hasse es, nichts tun zu können. Hätte ich meinen Fragebogen damals anders ausgefüllt, wäre ich zu einer anderen Familie gekommen und ...«
»Und dann würde diese Familie sich nun Sorgen machen.« Light schob den Teller von sich. »Du bist, wer du bist, und daran kannst du nichts ändern. Crispin hat Jude entführt und alles, was du tun kannst ist die richtigen Entscheidungen zu treffen.«
»Richtige Entscheidungen?«, wiederholte Dante.
Light nickte. »Du hast versucht deinen Dad anzurufen, hast den Ermittlern auf ihre Fragen geantwortet und hast dich dafür entschieden, für mich da zu sein. Du hast dich richtig verhalten. Jude wäre dir dankbar dafür.«
»Denkst du das wirklich?«
»Natürlich, oder glaubst du, ich verschwende meine Zeit damit, dich zu belügen?«
Schneller als Light reagieren konnte überwand Dante die Distanz zwischen ihnen. Mit zwei Fingern umfasste er ihr Kinn und zwang sie dazu ihn anzusehen. Sie wollte vor ihm zurückzucken, doch sein Griff war zu fest. Hass spiegelte sich in seinen Augen und klang in seinen Worten: »Ich glaube es wird Zeit dich daran zu erinnern, wer ich wirklich bin«, knurrte Dante. »Ich war in den letzten Tagen sehr nachsichtig und habe mich gut benommen. Aber hinter all dem schönen Schein hast du vergessen, dass ich immer noch ein Mitglied der Censio bin.«
»Ein ehemaliges Mitglied«, ergänzte Light.
Plötzlich, als hätte er sich verbrannt, ließ er sie los. »Verdammt, Light.« Angewidert verzog er sein Gesicht, als wollte er ausspucken. »Ich habe Menschen getötet und das nicht, weil mich mein Vater dazu gezwungen hat!«
Light rieb sich die schmerzende Stelle an ihrem Kinn. »Du kannst sagen, was du willst, Dante, aber du bist nicht wie dein Vater. Wieso hast du Ethan gesagt, dass es nie wieder einen Anschlag auf die Zuglinie geben darf? Wieso hast du mich in der Gasse nicht verbluten lassen? Wieso gibst du dem Rat Informationen, die den Censio und deinem Vater schaden?« Sie war von ihrem Stuhl aufgestanden und erwiderte Dantes zornigen Blick. Er starrte sie an und sagte kein Wort, als versuchte er sie telepathisch davon zu überzeugen, was für ein schlechter Kerl er war.
Ungläubig schüttelte Light den Kopf und lachte trocken. »Weißt du was? Denk über dich, was du willst. Mir egal, ich geh schlafen.« Sie schob sich an ihm vorbei und stellte ihren Teller auf die Spüle. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es erst 18:47 Uhr war, aber dieses Gespräch hatte ihr die letzte Energie geraubt. Sie war es leid gegen die Trauer anzukämpfen.
In ihrem Zimmer angekommen versuchte Light nicht einmal in ihr Nachthemd zu schlüpfen. Sie zog ein Fotoalbum aus ihrem Schrank und ging hinüber zu Dante. Das Bett war frisch bezogen und jemand hatte das Fenster weit geöffnet. Light schloss es, zerwühlte die Laken und kuschelte sich tief in die Umarmung der Kissen.
Langsam blätterte sie das Fotoalbum durch. Darin waren Fotos von Jude, von seinem achten Geburtstag. Er stand mit einigen anderen Jungs um eine Torte, während Light im Hintergrund auf dem Arm ihrer Mum saß und weinte, weil Jude sie nicht mit dabei haben wollte. Auf anderen Bildern war Jude im weißen Kittel zu sehen. Er lag in einem Krankenhausbett. Schläuche hingen ihn aus den Armen und aus der Nase. Er hatte eine Glatze von der Chemotherapie und obwohl er jeden Grund gehabt hätte zu weinen, lächelte er in die Kamera, als wäre er der glücklichste Junge aller Zeiten, denn Kane saß an seiner
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