Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
Vom Netzwerk:
Gesicht war starr und hoch konzentriert, das Gesicht ihrer Alpträume. Was zum Teufel bedeutet dieser Gesichtsausdruck?
    Dieser Gesichtsausdruck bedeutet, dass Dar mit Höchstgeschwindigkeit nachdenkt. Und … Aber Tath vollendete seinen Satz nicht. Lila fühlte seine brennende Neugier, konnte aber die Ursache nicht ausmachen. Taths Präsenz, die so allgegenwärtig gewesen war, dass sie sie schon natürlich fand, konzentrierte sich jetzt an der winzigen Stelle ihres Solarplexus, die er einnahm, und er war schwer zu entziffern. Plötzlich war sie allein.
    Die Herrin von Aparastil erhob sich, und wie auf ein stummes Kommando verharrten die anderen ganz still auf ihren Plätzen, während sie vortrat, um Lila genauer zu inspizieren.
    Arië sagte nichts, aber das konnte die Übrigen nicht auf Dauer ruhig halten. Lila hörte eine Menge elfischer Worte, die ihre KI automatisch übersetzte, ehe sie diese Funktion abstellte: grässlich, abscheulich, Monstrum, Missgeburt, ekelhaft, pervers, hässlich, abstoßend … Das verstohlene Kichern und das hämische Lachen ließen sich nicht so leicht ausblenden.
    Lila hielt dem allem unbewegt stand, als ob Tath sie steuerte, und starrte in die Ferne, in die grünen Tiefen, wo die Fische jetzt plötzlich unter silbernem Alarmblinken davonstoben. An ihrer Stelle erschien ein riesiges, gehörntes, von Fangarmen umgebenes Gesicht mit gewaltigen goldenen Augen, deren Sternenpupillen sie einen Augenblick lang ansahen, ehe das Wesen sich abwandte und im Wasser und Seetang verschwand. Goldene und schwarze Schuppen in Diamantmustern schlängelten sich hinter dem Kopf her, endlos, wie es schien, und Lila sah bernsteinfarbene Flossen und mächtige, klauenbewehrte Füße: ein Wasserdrache. Weil die Elfen alle auf sie fixiert waren, bemerkte ihn niemand außer Tath, der auf den Anblick mit starker Erregung und Angst zu reagieren schien, aber rasch abgelenkt wurde.
    Aus der Nähe war Ariës Erscheinung geradezu überwältigend. Lila fühlte, wie Tath in dem Gefühl, seiner Herrin so nahe zu sein, regelrecht dahinschmolz. Lila schmolz auf andere Weise, ihre gesamte Aufmerksamkeit war darauf konzentriert, in ihrer Haut, ihren Muskeln, ihrer Atmung und ihren Energiemustern eine ruhige Homöostase aufrechtzuerhalten, sich nichts von der glühenden Wut anmerken zu lassen, die sie mit dem Drang erfüllte, ihre sämtlichen Waffensysteme zu aktivieren und Arië und ihr Gefolge im schlickigen Grund des Sees zu begraben. Und während sie sich mit aller Kraft beherrschte, fühlte sie Tath in ihrer Brust; ein ganz neues Gefühl ging von ihm aus, eins, das sie in solchen Zeiten nicht mal von Verbündeten erwartete oder erhoffte: Respekt.
    Sag ja nichts, Tath, gar nichts, dachte sie. Mach es nicht noch schwerer, als es schon ist.
    Er sagte nichts.
    »Kannst du uns zeigen, was dieses … Ding … vermag?«, fragte Arië.
    »Ja«, sagte Lila, ganz sie selbst, aber bemüht, wie Tath zu sprechen. »Aber ich rate Euch, ein Stück beiseitezutreten.« Mit Händen, die weder schwitzten noch zitterten, begann sie sich auszuziehen.
    Sie legte Taths Wehrgehänge und Gürtel, seinen Dolch und seinen Bogen ab. Arië nahm das alles entgegen und hielt es ehrerbietig. Lila zog Taths Wams und Hemd aus, enthüllte ihr dreckiges Unterhemd. Sie entfernte, was noch von Taths Stiefeln übrig war, löste die Schnürbänder seiner Hose und zog auch diese aus – wobei sie sich bemühte, nicht an die letzte Situation zu denken, in der sie das getan hatte, obwohl sie gern Ariës Gesicht gesehen hätte, wenn sie von ihrer Affäre mit Dar erfuhr. Sie stand in ihrem Armeeunterzeug da, nach Menschenschweiß stinkend, so nackt, wie sie nie wieder hatte sein wollen. Die Arm- und Beinprothesen, die Übergänge von Fleisch und Metall, diese unselige Paarung, das scharlachrote Mal, das Dars magischer Akt hinterlassen hatte … sie ließ Arië das alles gründlich betrachten und meinte, eine Regung von Mitleid im Gesicht der Elfenfürstin zu sehen. Sie hätte dieses Gesicht am liebsten geohrfeigt.
    »Welch schrecklicher chirurgischer Prozedur ist diese Person unterzogen worden?«, fragte Arië. »Es ist doch wohl unmöglich, dass sie sich absichtlich so hat zurichten lassen. Seht doch nur ihre Augen! Nichts als Metall. Was kann sie damit sehen außer der Kälte und Härte der Dinge?«
    Ich sehe dich, du Phrasen dreschendes Miststück, dachte Lila. Sie versetzte ihre gesamten Waffensysteme in Angriffsbereitschaft und sah mit tiefer Befriedigung,

Weitere Kostenlose Bücher