Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
Richtung Tür, ehe sie es sich anders überlegen konnte.
Sie war froh, draußen zu sein. Sie fädelte sich durch den Berufsverkehr und kam in der Dämmerung in Solomon’s Folly an, wo eine Menge Autos vor dem Haus parkten. Neben dem Doublesafe-Wachmann am Eingang stand ein riesiger, scharlachrothäutiger Dämon und rauchte. Lila identifizierte ihn sofort als Leibwächterkollegen, aufgrund seines strengen Anzugs und der Tatsache, dass er es sichtlich genoss, ein Weilchen im Wachdienst an der Tür relaxen zu können. Die menschlichen Securityleute erklärten ihr, diese ganze Gesellschaft sei vor zwei Stunden unangekündigt eingetroffen.
»Wir haben alle nach besten Kräften überprüft«, sagte der Doublesafe-Mann, und der Dämon bleckte die Zähne und knurrte, um zu signalisieren, dass das nicht ohne Konflikte abgelaufen war.
»Aber mir haben Sie nichts gesagt«, fauchte Lila.
»Die Chefin, Jolene, wollte es nicht. Irgendwas von wegen keine Presse.« Er war kein Incon-Agent, nur ein gewöhnlicher Doublesafe-Mann. Lila knirschte mit den Zähnen und musterte über die Schulter des menschlichen Wachmanns hinweg den bullengesichtigen Dämon. Der mimte das Schälen einer Banane und schnaubte verächtlich in Richtung des Menschen. Was das heißen sollte, war klar: alles Affen, die ihr da angeheuert habt.
Drinnen im Haus, im Erdgeschoss, wo die Spielzimmer und sonstigen Unterhaltungseinrichtungen lagen, fand Lila die meisten Bandmitglieder inmitten einer Entourage aus Menschen, Dämonen und Feen. Zwischen offenen Champagnerflaschen und halb leer gegessenen Tellern lümmelten alle auf Sitzmöbeln und auf dem Fußboden herum. Das Hauspersonal stakste vorsichtig zwischen ihnen hindurch und bediente sie. Lila, die noch immer ihren Rucksack und ihre Taschen schleppte, sah, wie Poppy aufstand und eilfertig auf sie zukam. Sofort wandten sich ihr Blicke und Gesichter zu, und mithilfe ihrer Hörfilter bekam sie alles mit, was über sie gesagt wurde.
»Wer ist das?«
»Was hat die denn an?«
»Was macht die hier? Ich dachte, die ganze Plebs hätten wir draußen gelassen?«
Lila ignorierte die Bemerkungen. Sie stellte ihre Taschen neben einem am Boden sitzenden Dämon und dessen Freunden ab. Der Dämon musterte sie interessiert und wollte gerade mit einem scharlachroten Zeigefinger ihre klobige Beinpanzerung berühren.
Lila sah auf ihn hinab und sagte mit einem steifen britischen Akzent: »Ich halte das für nicht sehr bekömmlich.« Sie ließ ihren Blick wieder durch den Raum wandern. Der Finger zog sich zurück.
»Uah-haa, Mann!«, sagte einer der Freunde des Dämons. »Hast du das gehört?« Was aus dem Mund eines Dämons eine Art anerkennende Äußerung war, aber Lila hörte es kaum. Sie suchte Zal. Als sie um eine Ecke bog, sah sie ihn und den Grund für diese Hofversammlung.
Er stand in offensichtlich vertrautem Gespräch mit einer Dämonin zusammen, die ein glitzerndes schwarzes Bodynet und sonst kaum etwas trug. Ihre karmesinrot-schwarze Haut glänzte und leuchtete wie eine frische Kastanie. Lila erkannte sie sofort, denn ihre sinnlichen Formen, flammenden Haarkaskaden und feinen Gesichtszüge prangten auf jeder Plakatwand an der Avenue und auf sämtlichen Zeitschriften am Kiosk. Es war Sorcha, die Queen of Pop, und deshalb war ihr der Dämon am Eingang so bekannt vorgekommen – er war auf den meisten Paparazzi-Fotos von Sorcha mit drauf und starrte einem wachsam entgegen.
Zals coole, elfische Gelassenheit und Sorchas vibrierende Energie waren der perfekte Kontrapunkt, und beide standen so eng beisammen, dass es keinen Zweifel an ihrem intimen Verhältnis geben konnte. Lila blieb abrupt stehen, aber Zal musste sie gehört haben, denn er hob den Kopf, der eben noch beinah Sorchas Stirn berührt hatte, und sah her. Lila war bewusst, dass sich hinter ihr etliche Hälse reckten, weil es im Raum auf einmal stiller wurde und Musik über den lauten Schlagzeugbeats zu hören war. Sie fragte sich, ob Zal sie auch hinausschicken würde, und bereitete sich innerlich schon auf eine Auseinandersetzung vor, als er plötzlich etwas Entschuldigendes zu Sorcha sagte und durch den freien Bannkreis, der sich um die beiden gebildet hatte, auf Lila zukam.
In ihrer schweren Kampfmontur war Lila größer als er, und ihr war wohl bewusst, dass sie ziemlich sonderbar aussehen musste. Zal grinste jetzt. In einer seltsam flüchtigen Geste berührte er ihren behandschuhten Handrücken mit den Fingerspitzen.
»War’s das, was Sie noch
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