Lila Black 01 - Willkommen in Otopia
die Arbeit.«
»Hey? Ich arbeite rund um die Uhr.« Lila blickte in den Ganzkörperspiegel an der Wand und sah eine lebensgroße Action-Figur: überdimensionierte Roboterbeine, schlanke silberne Arme, so glänzend wie Stilettklingen, ein vergleichsweise winziger menschlicher Torso in bauchfreiem Top und Weste, silberne Augen, deren harter Blick ihren Zügen fast alle Wärme nahm, und eine Mähne von rotem Haar, die dies überkompensierte – zu sexy, zu sehr Westküste, eine Puppe in Militärkleidung. »Ich habe mir für diesen Job eine neue Frisur machen lassen. Hollywood pur, sehen Sie?« Ihr Haar war voller Staub, wirr trotz des teuren Schnitts.
»Sie müssten mal wieder zum Friseur«, sagte Dr. Williams trocken. Sie zupfte an Lilas Weste. »Sie wissen, was ich sagen will.«
»Und Sie wissen, dass ich finde, es kann warten, bis dieser Job erledigt ist. Ja, ich bin immer noch eine junge Frau, obwohl ich keine eigenen Arme und Beine mehr habe, und ich glaube nicht, dass ich meinen Körper weniger akzeptiere als diese Mädels in Glory Beach, die immer nur fasten und Pillen nehmen und sich operieren lassen, damit sie wie Feen und Glimms aussehen und ihr Foto in die Pornopops kommt. Also?«
»Reden Sie, oder ich lasse Sie von dem Fall abziehen«, erklärte Dr. Williams. »Ihr Fürsprecher dort hinten am Flur ist der Meinung, dass es da etwas gibt, was Sie ihm nicht sagen, und er hat angedeutet, dass es sexueller Natur sei, weshalb er versteht, dass Sie es nicht mit ihm besprechen wollen. Aber er meint, Sie sollten es mit jemandem besprechen, und angesichts Ihres fragilen Status, Lila – nicht als Projekt und nicht als Agentin, sondern als Sie selbst, Mädchen –, finde ich, er hat vollkommen recht.«
Lila konnte sich nicht vorstellen, wie Sarasilien irgendwelche Andeutungen über ihre Sexualität machte. Sie wollte es sich nicht vorstellen. »Mein Privatleben geht Sie nichts an.« Lila starrte wütend in das freundlich-amüsierte Gesicht der Psychiaterin und hörte sich laut lachen. Es klang ein bisschen hysterisch.
»Das höre ich dauernd«, bekannte Dr. Williams und tätschelte Lilas Knie. »Jetzt legen Sie mal den Rest dieser ganzen Hardware an, und erzählen Sie mir, was los ist.«
Lila erzählte ihr von dem Spiel. »Ich weiß nicht, ob es … so was ist, wie Sie gesagt haben.«
»Ach, kommen Sie, Lila! Können Sie nicht mal das Wort aussprechen?«
Lila ließ den Kopf hängen und rutschte ein Stück zurück. Der Untersuchungstisch knackte bedrohlich, und sie musste aufstehen, bevor er unter ihrem Gewicht zusammenbrach. Aussprechen, dass das Spiel mit Sicherheit auf etwas Sexuellem beruhte? Diese Peinlichkeit würde sie nicht ertragen. Das würde sie auf eine Stufe mit diesen Fan-Mädelchen stellen, und über solchen Teenagerkram hatte sie doch hinaus zu sein. »Nein, ich glaube nicht.«
Die Ärztin schüttelte den Kopf und sagte achselzuckend: »Okay, das war wenigstens einigermaßen ehrlich. Ich gebe Ihnen grünes Licht, es sei denn, Sie wollen lieber nicht weitermachen. Soll ich Sie für diesen Einsatz untauglich schreiben?«
Lila setzte sich aufrecht hin und überlegte. Schon bei dem bloßen Gedanken überkamen sie zwei widerstreitende Gefühle. Das eine war tiefe Erleichterung, ja, der sehnliche Wunsch, von dem Job abgezogen zu werden. Das andere war Wut, weil ihr unterstellt wurde, sie könnte nicht weitermachen wollen. Ihre Selbstzweifel waren groß, und dass Dr. Williams ihr einen bequemen Ausweg anbot, brachte sie ihr erst richtig zu Bewusstsein. »Nein, ich schaffe es schon.«
»Sie glauben doch nicht, dass Sie die Einzige sind, die diesen Job übernehmen kann? Nur weil Ihre Konstruktion die NSB den Preis einer halben Armee gekostet hat, brauchen Sie noch lange nicht alles für diesen Laden zu tun.«
»Nein. Es ist eher … dass ich es tun muss. Für mich. Und für mein weiteres Leben.« Lila wollte hinter dem stehen, was sie da sagte, aber da war ein Klumpen von Widerstand in ihrem Magen.
»Okay.« Dr. Williams erhob sich. »Sie haben die Zauberworte der Autonomie und Eigenverantwortung ausgesprochen, also können Sie gehen. Aber ich will, dass Sie mit unserem Programm genauso gewissenhaft weitermachen wie mit dem leichteren physischen Kram, verstanden?« Sie sah auf die schwere Tasche mit der Munition. »Wenn ich merke, dass Sie mich da auch nur im Geringsten beschwindeln, sind Sie für sechs Monate wieder hier in der Reha.«
»Ich rufe Sie an«, sagte Lila und verdrückte sich in
Weitere Kostenlose Bücher