Lila Black 01 - Willkommen in Otopia

Titel: Lila Black 01 - Willkommen in Otopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson

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hindurchschmeckten.
    Dar zog sie jäh zurück und machte die Tür zu. Sie hörte Schließbolzen in die dafür vorgesehenen Öffnungen gleiten, hörte dann Dars Atem, der vom Laufen noch schnell ging, ruhiger werden. In dem Schutzraum war es stockdunkel. Sie musste auf Wärmebildsicht umstellen. Dar stand gleich neben ihr und nahm seine Köcher ab.
    Sie erzählte ihm, was sie gesehen hatte, selbst ganz außer Atem. »Was war das?«
    »Saaqaa«, sagte Dar. Er legte die Köcher in eine Nische bei der Tür und seinen Bogen gleich daneben. »Nachträuber. Sie waren einst die Hunde der Dunkelelfen, sind aber in den letzten Jahrhunderten verwildert. Jetzt lassen sie sich nicht mehr zähmen. Sie fressen Fleisch, aber auch bestimmte Sorten magischer Energie. Vor allem die Andalun- Sorte. Elfen als solche stehen in der Nahrungskette von Alfheim nicht ganz oben. Ich habe Ihnen doch gesagt, es gibt Stunden der Gefahr. Dies ist eine solche. Die ersten beiden Stunden des Sichelmonds. Danach werden die Saaqaa immer noch da sein, aber ihre Kraft ist bis zum Monduntergang vermindert. Dann wächst sie wieder, und wir müssen uns bis zum Morgengrauen verstecken. Die Saaqaa sind, genau wie ihre einstigen Herren, Nachtwesen.«
    »Und diese Tür wird sie aufhalten?« Sie dachte, wenn die Tür die Saaqaa aufhielt, dann würden die Saaqaa vielleicht ihre elfischen Verfolger aufhalten – es schien ihr schon fast eine vermessene Hoffnung.
    Er prüfte die Tür und lehnte sich kurz dagegen. »Jede Barriere aus Holz oder Erde oder einem natürlichen Material, das auf magische Weise mit den entsprechenden Elementarkräften aufgeladen ist. Diese Materialien können sie nicht passieren, aber durch andere Substanzen schneiden sie sich einfach hindurch. Durch Metall natürlich nicht. Sie sind nicht materiell im engeren Sinn.«
    Hindurchschneiden! Das klang gar nicht gut. »Gibt es sonst noch etwas, was ich wissen müsste?«
    »Vieles.« Sie hörte irgendeine Partie seines Körpers über die Wand streichen. Sie konnte ihn an der Wärme, die er abstrahlte, deutlich erkennen, und er sah müde aus. Sein Körper war in sich zusammengesunken, und er hielt sich offensichtlich nur noch mit Mühe auf den Beinen. »Kommen Sie mit. Es gibt in diesem Kaninchenbau einen Raum, wo wir schlafen können. Und dort ist auch Wasser. Und hoffentlich etwas zu essen.«
    Der Stollen war kunstlos, aber stabil. Lila hatte den Eindruck, dass er hastig gegraben und später dann in Etappen befestigt worden war. Rohe Balken stützten die Decke, und die vergleichsweise üppigen Dimensionen des Eingangs schrumpften bald auf die Höhe und Breite eines durchschnittlichen Elfen, was zum Glück auch Lilas Maße waren. »Ist das hier eine Art Jagdhütte?«
    Dar schnaubte. »Wohl kaum. Kein Elf, der etwas auf sich hält, würde auch nur einen Fuß in so eine Jagdhütte setzen. Das hier ist ein Nachtunterschlupf, eine Notzuflucht, die die Lichtelfen für den Fall eingerichtet haben, dass sie je in der Wildnis von der Dunkelheit überrascht werden. Es gibt viele solcher Notquartiere hier in der Gegend, wegen der Saaqaa. Unsere Daga-Verfolger werden jetzt auch in einem sein, es sei denn, sie haben beschlossen, im Dunkeln weiterzuwandern und zu riskieren, von den Nachträubern angefallen zu werden. Sie sind zu dritt, und einer von ihnen ist vermutlich ein Nekromant, also gehen sie das Risiko vielleicht ein.«
    »Ich wusste nicht, dass Elfen sich mit den dunklen Künsten abgeben.«
    »Was sein muss, muss sein«, sagte Dar, und sein sonst so geschmeidiger Körper versteifte sich. Er drehte sich abrupt um und verschwand. An minimalen Temperaturunterschieden erkannte Lila, dass der Stollen in vier Höhlenkammern endete, und dass Dar eine davon betreten hatte. Als sie ihm folgte, bemerkte sie verdutzt, dass er zielstrebig auf eine von mehreren Wandnischen zuging, der einzigen, in der eine Laterne stand. Er entzündete die Laterne geschickt, wobei er die Augen mit der Hand abschirmte, und stellte sie dann wieder in die Nische. Lila sah jetzt nur blendendes Weiß und schaltete wieder auf Normalsicht um. Das Gleißen wurde zu einem sanften Lichtschein.
    »Sie können im Dunkeln sehen … Sie sind ein Dunkelelf«, sagte sie, ganz aufgeregt, weil sie das erkannt hatte.
    »Gut beobachtet.« Er sah sie ruhig an, und seine Augen hatten genau die Farbe des Nachthimmels.
    »Aber Sie kommen auch bei Tageslicht zurecht«, wandte Lila ein, weil sie dachte, ein Nachtwesen müsse bei Tag stark gehandicapt