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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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kannte ihre Adresse. Die Fahrt dahin war fast so wie immer, dachte sie. Sie könnten auf dem Weg dorthin sein, um einen langen Tag voller Training mit Pizza und einem Film ausklingen zu lassen. Sie tat so, als wäre es so, und ignorierte den pochenden Schmerz in ihrem Ohr und die grüne Dichte in ihrer Brust, als wären sie die Auswirkungen eines kleinen Unfalls.
    Der Eldorado, grünmetallic und glänzend, ließ so ziemlich jeden anderen PKW auf der Autobahn wie einen Zwerg wirken. Lila fühlte sich, als ritte sie auf einem Wal, als bewege sie sich in einer Welt mit einem anderen Größen- und Geschwindigkeitsmaßstab.
    Der Wagen bog in ihre Auffahrt ein, und ein markerschütternder Stoß folgte, als er auf die Bordsteinkante traf und darübersprang. Dann hielt er leise vor der Haupttür. Die Sprinkleranlage benetzte das Gras vor dem Appartementhaus, verstreute kleine Diamanten über das Grün. Lila erhob sich aus dem knarrenden Ledersitz und wandte sich Mal zu.
    »Ich muss nur ein paar Sachen holen. Dauert nicht lange.«
    »Soll ich hier warten?«, fragte er und meinte damit, ob sie ihn als Rückendeckung brauchte.
    »Nein, mir geht’s gut«, sagte sie und log ohne schlechtes Gewissen. »Bin gleich wieder da.«
    Er nickte, wie es von ihm erwartet wurde, und klopfte mit den Fingern auf dem Steuerrad den Takt zu dem Oldie, in dem Pink vom Zustand der Herzen anderer Leute sang: »They knew better, still you said forever …«
    Das Schloss zu Lilas Wohnkomplex öffnete sich mit einem beinahe lautlosen Klicken. Das Atrium im Innern war kühl und duftgeschwängert. Eine Feen-Nebellampe gab beruhigende Gerüche von sich. Sie ignorierte den wartenden Aufzug – zu dieser Zeit waren die meisten Leute bei der Arbeit, mit Ausnahme von Mary, der Hostess, die ebenfalls bei der Arbeit war, das jedoch meist zu Hause. Ein Stockwerk hoch, ein Blick auf den hinteren Garten, vorbei an der öffentlichen Terrasse mit dem gepflegten Grill und dem Innenhof mit Bedienung, den bunten Blumen, dem hervorragenden Ausblick über die untere Bucht. Mit Regierungsgehältern konnte man sich einiges leisten, zumindest, wenn man ein angesagter experimenteller Cyborg war, den man für den Verlust eines ganzen Menschenlebens entschädigen musste.
    Ihre Tür war die zweite auf der rechten Seite. Sie spürte nichts, als sie die Tür öffnete. Der einzige Hinweis darauf, dass etwas nicht stimmte, war die Art, wie sich die Luft anfühlte, während die Tür nach innen schwang. Als drücke sie ein wenig gegen Lila, weil sie bereits aus anderer Richtung in den Raum strömte. Die Pistolen in ihren Händen formten sich und wurden aktiviert. Sie waren etwas lauter als sonst – oder bildete sie sich das nur ein? Sie waren etwas langsamer.
    Über dem Geruch von gebackenem Kuchen, Zimt und Ozean lag ein Hauch von Zitrone. Wilde Magie, und ihr Träger, der Ärger machen wollte.
    Wenn du erlaubst …
    Tath ergoss sich so mühelos aus ihrer Haut, wie sich ein Geliebter aus warmen Laken rollt. Lila war nicht ganz wohl dabei, wie gut ihr seine Vertrautheit und seine Kraft taten, als er sie in seinen Ätherleib und seinen Glanz hüllte und sie darin zurücksank, die Eisenhand im grünen Handschuh verborgen. Aus irgendeinem Grund war ihr zum Heulen zumute.
    Taths Sinne waren viel besser geeignet. Sofort war er so entspannt wie ein Kämpfer, der wusste, dass es gleich losging. Er zog sich wieder zurück, nachdem er die Fakten aufgenommen hatte, und führte sie aus dem Innern, ihr vertrauter Puppenspieler in Momenten, in denen sie dank ihrer mangelnden ätherischen Begabung keine Hilfe war. Sie wollte ihn umarmen.
    Er ließ ihre Stimme laut sagen: »Zeig dich. Niemand ist an Spielereien interessiert, und ich habe dich bereits bemerkt.«
    Ihre Beine trugen sie ins Wohnzimmer.
    Eine dunkle Gestalt, die wie eine gewaltige, zusammengerollte Gestalt auf dem Perserteppich lag, streckte sich nun. Ihre Farbe wechselte bei der Bewegung wild: Rot- und Lila-, Blau- und Weißtöne. Auch die Form änderte sich. Als sie sich erhob, wies sie einen langen Schwanz, Hals und einen pferdeartigen Kopf mit einem Kamm auf und entfaltete Flügel; große Augen, lange Arme, nackter, sehr kräftiger Körper, der einen natürlichen Glanz besaß. Und während sie sich auf zwei Beine aufrichtete, wurde sie deutlich menschlicher, nahm die natürliche dämonische Form in sich auf und verwandelte sich in einen hübschen weißen Zwanzigjährigen mit schmaler Hüfte, silbernem Haar und blauen Augen. Er

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