Lila Black 02 - Unter Strom
noch all ihre Waffen, und die meisten von ihnen waren durchgeladen und entsichert. Sie nahm so viel Ersatzmunition mit, wie sie in ihren Kosmetikbeutel bekam, ließ dafür vertrocknete Mascara und Lidschatten zurück, die sie gekauft, aber nie benutzt hatte – wer wollte schon die Aufmerksamkeit auf Augen lenken, die hinter unzerstörbaren Gläsern verborgen waren?
Die Pastellfarben erzählten von streitbaren Assistenten, Freunden und einem ebensolchen Zuhause … sie warf sie in den Mülleimer. Sie nahm etwas Feuchtigkeitscreme, einen Lippenstift und ein Puderdöschen und versuchte sie auf den flachen Magazinen mit Explosivgeschossen und Vollmantel-Granatenpatronen, dem Tarnnetz und den bunten Phiolen mit dem pharmazeutischen Nachschub zu arrangieren. Sie bedeckten das Ganze nicht annähernd.
Sie zog einen Sarong in Orange und Pink aus einer Schublade und legte ihn stattdessen darüber. Höschen und BHs an die Seiten. Schuhe, die sie tragen könnte, da ihre Stiefel in Wirklichkeit ohnehin größtenteils ihre Füße ausmachten … sie waren drei Nummern größer als die, die sie früher trug, aber sie waren trotzdem recht schick.
Sie zog die von Teazle maßgeschneiderte Kleidung an, die Schuhe dazu, dann nahm sie noch eine goldene Kette aus der Kommode und fügte sie hinzu. Die wenigen Anhänger daran waren allesamt Geschenke ihrer Familie. Das alte Stück schuf eine Vertrautheit, die sie überraschte. Für einen Moment fand Lila sich sogar echt.
Sie schaute sich im Spiegel an. Der lange Rock und die Jacke waren zum einen sehr konservativ, gleichzeitig aber wegen des hohen Kragens und der feinen Nähte trügerisch sexy. Der tiefe Ausschnitt machte es noch schlimmer. Ihr BH guckte in der Mitte heraus und war zu schlicht, die Kette war mädchenhaft und zu klein und zu verspielt für so eine Jacke. Ihre Sommersprossen stachen heraus, und die magischen Flecken im Gesicht, am Hals und im Haar strahlten im Halbdunkel hellrot. Ihre versilberten Augen … sie legte rasch etwas Grundierung und Abdeckstift auf, setzte eine Sonnenbrille auf. Besser.
Sie wollte schon aus Gewohnheit pfeifen, aber dann fiel ihr ein, dass Okie nicht mehr da war. Das Verfallsdatum einer ungeöffneten Schachtel mit Hundeleckerchen war abgelaufen, aber ein paar seiner Haare waren noch da, beige und weiß. Sie las sie auf und verteilte sie auf ihrem Ärmel, dann nahm sie ihren Rucksack und ging ins Schlafzimmer, wo Teazle stand, all ihre Kleider auf dem Arm. Er spielte mit dem Spiegel herum, sah hinein und verwandelte sich.
»Du musst dringend zum Friseur«, sagte er, ohne den Blick von sich zu nehmen. Er streckte die Zunge heraus – dick, spitz und blau –, betrachtete seine Zähne und seufzte dann.
»Ich will nicht, dass mir eine ganze Schar überallhin nachrennt«, sagte sie ärgerlich. »Leg die Sachen hin und verschwinde.«
»Schar?«, fragte der Dämon und schaute auf ihr Ohr. »Ein Kobold ist keine Schar. Gibt es noch mehr?«
Er hielt die Kleidung weiter fest und ging durch die Küchentür. Dann hörte sie, wie ihre gesamte Ausstattung den Müllschacht hinabglitt. Sie wünschte sich, es würde ihr etwas ausmachen, aber sie wusste, dass es den Kampf nicht wert war. In dieser Wohnung fühlte sich nichts nach ihr an. Ohne auf ihn zu warten, ging sie hinaus und hinunter zum Auto.
Malachi drehte sich um, als der Rucksack auf der Rückbank landete, und musterte sie über die Sonnenbrille hinweg. »Siehst gut aus.«
»Spar dir das«, sagte Lila. »Fahr.«
Ein großes weißes Objekt landete auf der Motorhaube. Malachi und Lila zuckten vor Teazles plötzlichem Auftauchen in seiner Dämonenform zurück.
»Ein Groupie?«, fragte Malachi, doch sein Lächeln war grimmig, und er war offensichtlich wütend, umklammerte das Lenkrad und den Schalthebel. Ein Schweißtropfen erschien auf seiner Stirn.
»Runter!« Lila stand auf und schlug über die Windschutzscheibe hinweg mit der Hand nach der großen, dünnen Kreatur. Sie traf ihn nicht.
Teazle sprang mit krötenhafter Schnelligkeit beiseite und verwandelte sich im Sprung. Als er landete, hatte ihn sein gespenstischer Kleiderservice einmal mehr ausgestattet. Er lächelte und erwies Malachi die Ehre eines machohaften Blicks unter Männern.
Lila setzte sich langsam wieder und starrte vor sich hin. Dennoch war es unzweifelhaft, dass sie Teazle meinte, als sie sagte: »Ich habe keine Zeit für diesen Scheiß. Wenn du mir helfen willst, dann schütze den Rest meiner Familie vor dem, was da zur
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