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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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tust nur, was die meisten Leute täten. Die interessante Frage hier ist, warum Delaware es ebenfalls tut. Ich hatte nie viel Mitgefühl mit ihr. Sie hat die ätherische Sensibilität eines Schellfischs. Es liegt in ihrem Interesse, dass du erfolgreich bist. Stattdessen überstimmt sie Williams und Silly, den Elfen und jeden anderen weit und breit. Da muss man doch nachdenklich werden. Aber du wirst von all den Ablenkungen zu sehr auf Trab gehalten, und das passt ihr gut. Es gab keinen süßeren Augenblick für sie als den Moment, wo du dich mit Zally eingelassen hast und ihr so eine erstklassige Verbindung zu einem der mysteriösesten und seltsamsten Völker der sieben Welten verschafft hast. Wäre das nicht passiert, hätte sie eine ganze Abteilung ausschicken müssen, nur um ihn zu verfolgen.«
    Er nickte und streckte ihr ernst die braune Papiertüte hin.
    Sie nahm sie und starrte ihn dabei an. Ihr Geist verarbeitete langsam, was er gesagt hatte, als würde sie ein zerbrechliches Juwel ansehen und plötzlich bemerken, dass es viel komplizierter war, als sie gedacht hatte. So viele Facetten. »Sechs«, sagte sie automatisch. »Welten.«
    »Ja«, sagte er. »Ich dachte an die Samurai.«
    Sie schaute ihn einen Moment länger an und erkannte in seinem offenen, ausdruckslosen Blick, dass er sehr genau wusste, was er gesagt hatte, und dazu stand. Dann bemerkte sie, dass die Tüte kalt war. Sie öffnete sie, und darin lagen ein Topf mit Mint-Schoko-Crisp-Eiscreme und ein hölzerner Gnomlöffel. (Seht her, seht her, mit Feenbesteck schmeckt es noch besser, sehr!)
    »Sorge dich später deswegen«, schlug er vor, ließ den Wagen an und parkte gekonnt rückwärts aus. Ohne nach dem Weg zu fragen, fuhr er zu der Wohnung ihrer Schwester – den langen Weg, die Straße durch den Stadtpark entlang.
    Lila aß die Eiscreme und passte auf, dass sie ihren neuen Anzug nicht vollkleckerte. Als sie fertig war, warf sie den Löffel in das Gras neben der Straße, damit die Gnome ihn auflesen konnten, und zerknüllte die leere Packung und die Tüte in der Hand. Das Auto hielt an, sie waren da.
    Sie fummelte ihre Sonnenbrille hervor und setzte sie wieder auf, schob sie dicht vor ihre Augen. Ihre Hände zitterten nicht, aber sie fühlte sich, als müssten sie es. Mit einem Mal erinnerte sie sich daran, wie sie diese zum ersten Mal gesehen hatte. Sie waren so überzeugend, dass sie nicht einmal geahnt hatte, dass es nicht ihre waren, bis sie ein Glas Wasser nehmen wollte und es dabei zerbrach. Ihre Hand ballte sich zur Faust und öffnete sich nicht wieder, bis ein Doktor mit einer tragbaren Tastatur herbeieilte und etwas hinter ihr einstöpselte. Sie hatte gedacht, er schlösse es an eine Dose in der Wand an. Später fand sie heraus, dass er es an ihr Rückgrat angeschlossen hatte. Es hatte einige Monate gedauert, die Einstellungen richtig hinzubekommen.
    »Ich kann das nicht«, sagte sie, eher zu sich selbst. Ihre Schwester glaubte, dass Lila vor einem Jahr beruflich nach Alfheim gegangen war und nie zurückkehrte. Niemand hatte seitdem von ihr gehört oder sie gesehen. Die Gründe dafür hatten immer so gut gewirkt – stelle sicher, dass du besser wirst, dass du arbeitest, dass du dies und das … wollen ihnen keine Hoffnung machen, und dann … Lila, du kannst unsere beste Agentin sein … du hast keine Wahl, aber du kannst es sein.
    Und dann hatte sie nicht angerufen, denn was hätte sie auch sagen sollen? Es fühlte sich an, als gehörten sie zu einem gänzlich anderen Universum als dem, in welches sie geraten war. Sie durfte über nichts reden. Wie sollte sie es dann erklären? Und die Schuldgefühle waren übermächtig, erdrückend, denn natürlich hätte sie in dem Moment anrufen sollen, in dem sie wieder sprechen konnte, um ihnen mitzuteilen, dass sie lebte. Aber ihre Familie hätte sie genauso behandelt wie früher, obwohl sie ganz und gar nicht die Gleiche war, und ihre Nähe wäre ein ständiger Tadel: Du hast uns verlassen, und jetzt weigerst du dich, zu uns zurückzukehren.
    Die Lila, die sie kannten, gab es nicht mehr. Es war jetzt leichter, ohne sie zu leben. Sie hatte oft über ihr Sterben nachgedacht – dass es besser wäre. Jetzt musste sie sich nicht mehr um sie sorgen und wusste, dass sie auch nicht mehr an sie denken könnten. Sie waren tot, und mit ihnen war diese Ära tot. Und sie war frei.
    Wo ist Zal?
    »Soll ich mit hochkommen?«
    Sie schüttelte schweigend den Kopf und steckte das Papierknäuel in die

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